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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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zumindest empfinden wir es so – Teil des Gefüges, das unsere Gesellschaft zusammenhält und dafür sorgt, dass nicht alles auseinanderfällt.
    Frauen gelten als die geradezu natürlichen Verbündeten, die Hüterinnen, ja Verfechterinnen dieser Norm, weil ihr Geschlecht angeblich rein biologisch eher zur Treue neigt. An dieses Märchen klammern wir uns. Und zwar mithilfe der sehr dürftig belegten Evolutionspsychologie à la »Männer sind anders, Frauen auch«, die unser Bewusstsein durchdringt und unsere Ängste dämpft. Unterdessen forschen Pharmaunternehmen an einem Medikament, einer Lustpille für Frauen, die die Monogamie rettet, indem sie die Unlust auf den vertrauten Partner nimmt.

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    Vagina versus Verstand
    Meredith Chivers führt die Begeisterung für das Sammeln von Daten auf ihren Vater, einen Oberst bei der kanadischen Luftwaffe, zurück. Nach seinem Studium der Anthropotechnik entwickelte er Cockpits für Kampfjets, beschäftigte sich mit den Reaktionszeiten auf Signale und der Optimierung von Kontrollsystemen. Er lehrte seine Tochter, Wissen durch Anschauung wertzuschätzen. Mithilfe eines Steins, den er vor ihren Augen zerschlug, erklärte er geologische Formationen; anhand von ausgegrabenen Regenwürmern veranschaulichte er die Belüftung des Bodens. Wenn das wöchentliche Fernsehprogramm der Zeitung beilag, strich Meredith sich darin alle Wissenschaftssendungen an. Für ihren Hamster baute sie aus Schuhkartons Labyrinthe und fand dabei heraus, was das optimale Lockmittel war. Erdnussbutter etwa roch zu intensiv, was das Haustier verwirrte, also verlegte sie sich auf Gemüse. In Experimenten erforschte sie, ob der nachtaktive Nager den Weg zum Futter nachts schneller fand als tagsüber.
    In der väterlichen Werkstatt im Keller bastelte sie unter seiner Aufsicht einen Kühlschrank mit winzigen Scharnieren aus Draht und einen Pferdestall zu dem von ihrem Vater gebauten Puppenhaus. Es faszinierte sie, wie etwas – ob Sache oder Lebewesen – zusammenpasste und funktionierte. Am College studierte sie Neurowissenschaft und konzentrierte sich vor allem auf Biophysik und Biochemie. Auf den Vorschlag einer Freundin hin, doch auch mal etwas Einfaches zu machen, schrieb sich Meredith Chivers für einen Kurs zum Thema Sexualität ein. An der Vorlesung nahmen 600 Studenten teil. Einmal zeigte der Professor Dias. Eine Vulva war zu sehen. Die Vertiefungen und Falten des weiblichen Genitals füllten in der Nahaufnahme die ganze Leinwand aus. Der Saal wurde von Ekel erfüllt, ein kollektives »Iiiiih!« war zu hören, und das kam, wie Chivers bemerkte, vor allem von den Studentinnen. Die Nahaufnahme eines Penis löste dagegen keinen Widerwillen, keine ablehnenden Laute bei irgendjemandem aus.
    Damals, an der Highschool, hatte Chivers für ein paar Klassenkameraden die anatomische Skizze einer Vulva angefertigt, damit die Jungs die Klitoris leichter finden konnten. Angesichts der vielstimmigen Ekelbezeugungen wunderte sie sich: So empfindet ihr also für euren eigenen Körper?
    Nach dieser Vorlesung meldete sie sich zu einem sexualwissenschaftlichen Seminar an. Dort hielt sie ein Referat über Orgasmusprobleme von Frauen. Dazu zeigte sie das Video einer über Sechzigjährigen, die von ihrem neuen Partner und dem damit verbundenen späten sexuellen Erwachen berichtete. Danach leitete sie eine angeregte Diskussion und verließ die Veranstaltung ausgesprochen ermutigt. Trotzdem konnte sie sich damals noch keinen Beruf vorstellen, bei dem es in der Hauptsache um Sex ging. Außer Sexualtherapie, die sie jedoch nicht interessierte. Sie blieb lieber bei der Neuropsychologie und führte schließlich im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit ein Experiment durch, das der jungen Wissenschaftlerin neues Beweismaterial lieferte: Sie konnte nachweisen, dass homosexuelle Männer bei einem Test mit dreidimensionalen Figuren im Durchschnitt genau wie die getesteten Frauen weniger gut abschnitten als heterosexuelle Männer.
    Dieses studentische Projekt war nicht sehr politisch. Doch es fiel in einen wissenschaftlichen Bereich, in dem erbittert debattiert wird, und zwar vor allem deshalb, weil einiges darauf hindeutet, dass es in der Intelligenz von Frauen und Männern Unterschiede gibt, die nicht gesellschaftlich, sondern genetisch bedingt sind. Chivers kümmerte sich allerdings weniger um den
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