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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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äußerte sich Chivers unverblümt über Angeborenes und Anerzogenes, über Natur und Erziehung im Zusammenhang mit weiblicher Lust. Über einen langen Zeitraum hinweg stellte sie jedoch noch keinerlei Behauptungen auf. Ihre wissenschaftlichen Absichten waren aggressiv, denn sie bestritt die gesellschaftliche Prägung und konzentrierte sich ganz auf das Biologische. Doch sie ließ die Vorsicht einer Wissenschaftlerin walten, die Zurückhaltung einer Empirikerin; es widerstrebte ihr, mehr zu behaupten, als die erhobenen Daten belegten.
    Terri Fisher dagegen nannte die Zwänge deutlicher beim Namen. »Ein sexuelles Wesen zu sein«, sagte sie, »jemand, dem Sexualität gestattet wird, diese Freiheit gewährt die Gesellschaft Männern viel bereitwilliger als Frauen.« Ihr Lügendetektor lieferte den unbestreitbaren Beweis dafür.
    Rebecca war eine zweiundvierzigjährige Grundschullehrerin für Musik und hatte drei Kinder. Eines Nachmittags entdeckte sie auf dem Computer, den sie und ihr Ehemann gemeinsam nutzten, das Foto einer Frau – ganz offensichtlich seine Geliebte. Diese Erkenntnis war in jeder Hinsicht niederschmetternd. Der Altersunterschied zwischen ihnen beiden stach Rebecca sofort ins Auge. Ein besonders heimtückisches Detail waren die Brüste der Frau, die auf dem Foto gut zu sehen waren und nach Rebeccas Ansicht ihren eigenen – durch das Stillen der Kinder, wie sie fand, extrem erschlafften – weit überlegen waren. Dazu kam noch das sich unverzüglich einstellende Gefühl, dass ihr Mann das Foto absichtlich hinterlassen hatte, damit sie es finden und die Affäre auffliegen sollte. Und zwar, weil ihm selbst der Mut fehlte, seine Ehe zu beenden und mit dieser Frau zusammenzuziehen, die ihm vom Bildschirm aus eine alberne Kusshand zuwarf. Das gewisse Chaos, das die Entdeckung nach sich ziehen würde, sollte anscheinend verschleiern, dass er diese Flucht schon länger im Sinn gehabt hatte.
    Gemäß dem Rat ihrer Therapeutin versuchte Rebecca nicht, ihren Mann zum Bleiben zu überreden. Das überließ sie gemeinsamen Freunden. Außerdem besorgte sie ihrem Mann ein Buch, das die Suche nach spiritueller Erfüllung anstatt der Jagd nach neuer Liebe empfahl. Trotzdem war sie innerhalb weniger Wochen alleinerziehend und fand sich häufig vor dem Computer wieder, wo sie sich mit dem Bild der halb nackten Frau verglich, das sie sich an ihre eigene E-Mail-Adresse weitergeleitet hatte.
    Rebecca, die zu den Frauen gehört, mit denen ich sehr viel besprochen und die ich schonungslos ausgefragt habe, neigte dazu, sich selbst herabzusetzen. Und zwar in jeder Hinsicht – von ihrem Körperbau bis zu ihrer Karriere. Wie kam es, dass sie Flöten- und Klarinettenlehrerin von Viert klässlern geworden, aber niemals selbst aufgetreten war, außer in den Pausen der Vorspielauftritte ihrer Schüler? Und wie, fragte sie sich außerdem, hatte sie es geschafft, sich ausgerechnet in Portland, Oregon, der Hipster-Metropole Amerikas, als spießige Lehrerin wiederzufinden?
    Außer ihrem Hang zur Selbstabwertung besaß Rebecca allerdings auch die Qualitäten eines Stehaufmännchens. So kam es, dass die neunundzwanzigjährige Geliebte auf dem Bildschirm zunehmend von der Startseite einer Internet-Dating-Agentur verdrängt wurde.
    Nacheinander traf Rebecca sich mit einigen Kandidaten. Und irgendwann war auch ein Mann darunter, den sie attraktiv und liebenswürdig fand. Noch bevor sie mit ihm schlief, gestand sie ihm beim Abendessen in einem Thai-Lokal etwas, wozu sie bei ihrem Ehemann 14 Jahre benötigt hatte: Sie wollte es zu dritt mit einer Frau machen. Die Widersprüche der Studienergebnisse von Chivers und Fisher kümmerten sie nicht. Warum sie so lange gewartet hatte, bis sie ihrem Mann diesen Wunsch verriet, wusste sie selbst nicht zu sagen. Ja, es hatte sicher mit Schüchternheit zu tun, aber sie vermutete, dass es eher an der Vorahnung lag, die sich als zutreffend herausstellen sollte: Ihr Mann zeigte keinerlei Interesse an ihrem Wunsch. Wahrscheinlich, so dachte sie, hätte eine andere Frau in ihrem Bett sein mangelndes Interesse an ihr, Rebecca, unübersehbar gemacht.
    Jedenfalls gefiel ihrem neuen Freund der Vorschlag mit dem Dreier. Die beiden kamen jedoch zunächst nicht mehr auf die Idee zurück, begannen miteinander zu schlafen und griffen das Thema erst ein paar Monate später wie der auf.
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