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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen
Autoren: Ursula Poznanski
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Sentinel die Schlinge zugezogen hat – fühlt sich heiß an und pocht im Takt meines Herzschlags.
    Über vier Etagen verfügt der Tiefspeicher – hier wurden in unterirdischen Hallen früher all die Bücher gelagert, die in den oberen Teilen der Bibliothek keinen Platz mehr hatten. Quirin hat mir letztens einen Platz im zweiten Untergeschoss zugewiesen. Meine Aufgabe ist fast beleidigend einfach: Ich soll unbeschädigte Bücher von beschädigten trennen. Dass ich die noch lesbaren anschließend thematisch ordne, ist mein persönliches Vergnügen. Auf diese Weise erhasche ich Blicke auf den Inhalt, auf Worte, die ich nicht kenne, auf Leben, die mir fremd sind. Außerdem habe ich noch ein ganz persönliches Projekt, über das ich bisher mit keinem gesprochen habe. Ich hoffe, auf etwas ganz Konkretes zu stoßen. Auf ein Buch mit rotem Umschlag und einer Abbildung des Sphärenwappens. Drei rote Kreise auf grauem Grund, die Farben von Asche und Feuer.
    Es trägt den Titel Jordans Chronik und muss etwas mit dem zu tun haben, was uns zugestoßen ist. Der Mann, der unseren Tod angekündigt hat, erwähnte das Buch im gleichen Atemzug, und eine der letzten Nachrichten, die Fleming auf seinen Salvator erhielt, hatte damit zu tun.
    Fleming. Ich schiebe den Gedanken an ihn fort, wieder einmal. Wenn ich es nicht tue, verliere ich mich nur in einer endlosen Spirale von Vermutungen und Rückschlüssen, die niemand bestätigen oder widerlegen kann. Er war einer von uns und war es doch nicht, er hat uns verraten, aber am Ende wollte er uns schützen und das dürfte ihn das Leben gekostet haben.
    Zwei Nächte ist es her, da habe ich von ihm geträumt. Er stand vor mir, gut einen Kopf größer als ich, trotzdem hatte ich ihn an seiner Jacke gepackt und ihm eine Frage nach der anderen ins Gesicht geschrien: Warum sollten wir sterben, worin besteht die angebliche Verschwörung, wie konnte er glauben, dass wir daran beteiligt sind?
    In meinem Traum gab Fleming mir Antworten, er redete ganz ruhig, wie es seine Art war, aber in einer Sprache, die ich nicht verstand und die keiner der fünfzehn, die ich gelernt habe, ähnelte. In meiner Wut begann ich ihn zu schütteln und Aureljo weckte mich, weil er dachte, ich hätte einen Albtraum.
    Die Korridore zwischen den hohen Buchregalen scheinen endlos. Gestern habe ich begonnen, mich durch den zweiten von links zu arbeiten, weil das pure Chaos, das dort herrscht, mich fasziniert. Alles durcheinandergeworfen. Auf dem Boden Bücherhaufen, die Regale fast leer. Es sieht so aus, als hätte dort jemand einen unkontrollierbaren Wutanfall ausgelebt. Ein solches Szenario wäre in den Sphären unmöglich gewesen, schon aus Platzmangel. Dort war Ordnung oberstes Prinzip, alles wurde sortiert, katalogisiert, nummeriert.
    Nummern und Zahlen tragen auch die Bücher hier unten; Quirin hat mir erklärt, dass diese Signaturen den Platz bezeichnen, an dem man das jeweilige Werk finden soll. Sollte . Nichts davon hat mehr Gültigkeit.
    »Ich gehe dann, ja?« Fiore hat zwei Energiesparlaternen eingeschaltet, ihr bläuliches Licht erwacht flackernd zum Leben. Ich kenne das Modell, wir haben es in den Sphären verwendet. Wenn ich die zwei Lampen in vernünftigem Abstand voneinander aufstelle, kann ich ungefähr fünf Regalmeter beleuchten.
    »In drei Stunden bringt jemand das Essen in den großen Saal. Wenn es vertretbar ist, dass du dazukommst, wird Bojan dich holen, wenn nicht, bringt er dir etwas.«
    »Danke.« Ich nehme die erste Laterne und tauche damit tiefer in meinen Korridor ein, bis ich die Stelle finde, an der ich gestern Schluss gemacht habe.
    Wenn es vertretbar ist . Das bedeutet, wenn nicht gerade jemand von den Dornen da ist, um sich Rat zu holen oder um sich verarzten zu lassen. Die Gefahr, dass einer von uns hier gesehen wird, ist eine ständig über unseren Köpfen schwebende Bedrohung. Falls das passiert, müssen wir fort, noch am gleichen Tag, ohne einen Ort, wohin wir gehen können. Im Clan sprechen die Dinge sich schnell herum, wenn einer etwas weiß, wissen es bald alle, und dann würden es in Kürze auch die Sentinel erfahren, die nach uns suchen. Dazu müssten sie nur einen der Dornen fangen und ein wenig härter anpacken. Fürst Vilem will keine Sentinel-Trupps anlocken, und in Anbetracht der Blutbäder, die schon aus weit geringeren Gründen unter Clans und Stämmen angerichtet wurden, kann ihm das niemand verdenken.
    Dass wir immer noch hier sind, wissen nur Sandor, Vilem, Quirin und
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