Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
Vielfalt von widerstandsfähigen Pflanzen. Und Yann, einer der Jäger aus dem Clan, an dem sie einen Narren gefressen hatte, aus Gründen, die niemand von uns nachvollziehen konnte.
    Ich verstehe, dass sie sich hier unten wie eingekerkert fühlt, aber für den Vorwurf, der aus ihrem Schweigen und ihrem Märtyrerblick spricht, habe ich kein Verständnis.
    Vor zwei Tagen hat Dantorian sie gezeichnet. Eine Studie in vier Bildern: Tomma sitzend, liegend, kauernd, an der Wand lehnend und demonstrativ leidend. Ein winziges bisschen überzeichnet, aber keine Karikatur. Trotzdem konnte Tycho kaum aufhören zu lachen, obwohl ihm dabei seine Schusswunde immer noch wehtut. »Brillant, Dan. Besser als jeder Spiegel.«
    Er hielt Tomma das Blatt unter die Nase, aber sie würdigte es keines Blickes. Schloss nur die Augen und lehnte in einer kraftlosen Geste den Kopf gegen die Wand.
    Jetzt sitzt Dantorian an einer anderen Zeichnung. Quirin hat ihn mit Papier versorgt und ihm den Aufbau der Sphäre Vienna 2 beschrieben. Während er auf sein Frühstück wartet, arbeitet er an den Details des Mauerrings, auf dem die Sentinel Patrouille gehen. Das Bild ist so realistisch, dass ich glaube, die Wärme zu spüren, die von den Kuppeln ausgeht.
    Dantorian zeichnet die Sphäre für Aureljo, der mehr denn je plant, sich dort einzuschleichen, um herauszufinden, wieso man uns für Verräter hält. Und wenn ihm das nicht gelingt, will er für Aufruhr sorgen, indem er den Menschen von Vienna 2 erzählt, was mit uns passieren sollte. Dass unsere eigenen Leute versucht haben, uns zu erschlagen. Mit dornenbesetzten Keulen.
    Seiner Überzeugung nach sind wir verleumdet worden und er denkt, sobald wir wissen, wer dahintersteckt, werden sich die Dinge wieder einrenken. Meine Gegenargumente stoßen bei ihm auf taube Ohren und ich verstehe sogar, weshalb das so ist. Aureljos Ausbildung war mit meiner nicht zu vergleichen. Während ich immer angewiesen wurde, skeptisch zu sein und genau zu beobachten, wurde er zu einem Anführer herangezogen, der aus innerer Überzeugung alles für möglich hält. Der seine Ziele verfolgt und seine Umgebung dafür begeistert.
    Bei Dantorian ist ihm das gelungen. Die beiden arbeiten fast jede wache Minute an ihrem Plan, Vienna 2 zu infiltrieren, und Quirin unterstützt sie dabei. Sie kommen gut voran, zu meinem großen Unbehagen.
    »Wie war es?« Aureljos Mund ist in meinem Haar, sein Arm liegt um meine Schultern. »So, wie du es erwartet hast?«
    Ich weiß nicht sofort, wovon er spricht, meine Konzentration lässt zu wünschen übrig. Aber natürlich meint er das Ritual. Kleine Kinder, spitze Dornen.
    »Es war … eigenartig. Weniger brutal, als ich es mir vorgestellt hatte, und gleichzeitig gnadenloser.« Das tränenüberströmte Gesicht des Jungen steht mir wieder vor Augen und Sandor, der mit gutem Beispiel vorangeht. »Sie sind einfach anders als wir. Die Natur ist ein großer Teil ihres Lebens und sie machen ihre Kinder schon früh mit ihrer schmerzhaften Seite bekannt.«
    Ich fühle, dass er nickt. »Das ist eine schöne Interpretation. Mir ist es wichtig, dass wir ihren Gebräuchen später einmal mit Respekt begegnen und nur sehr sachte Einfluss nehmen. Wurde eins der Kinder verletzt?«
    »Kratzer hatten sie danach alle, aber es gab keine schlimmen Wunden, soweit ich sehen konnte.«
    »Gut.« Er lächelt mich an, drückt mich fester. »Es wird gar nicht so schwierig sein, die Clans und die Sphärenbewohner zu vereinen. Die Gemeinsamkeiten sind größer als die Unterschiede, auch das ist eine Botschaft, die ich nach Vienna 2 bringen werde.«
    Ich unterdrücke den Seufzer, der in mir aufsteigen will, und nehme wortlos das Stück Blech entgegen, das mir als Teller dient und auf das Tycho meine Portion Apfel gelegt hat. Der Duft ist paradiesisch.
    »Ich habe keinen Appetit«, murmelt Tomma. Es wirkt, als spräche sie mit der Lampe, deren Kurbel sie gerade wieder dreht.
    Tycho zuckt die Schultern. »Selbst schuld. Ich habe nichts gegen eine zweite Portion, ich wachse noch.«
    »Nein.« Da haben wir Aureljos Anführerstimme, ausgiebig geschult von Morus, einem seiner Mentoren. »Du musst essen, Tomma. Wir haben hier keine medizinischen Möglichkeiten, um dich entsprechend zu behandeln, wenn du richtig krank wirst. Erkältet bist du ja bereits.« Er nimmt Tycho den Teller aus der Hand und stellt ihn vor Tomma auf den Boden. »Bitte. Iss.«
    Sie ziert sich noch ein bisschen und verzieht das Gesicht, dann greift sie zu,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher