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Die Vermessung der Lust (German Edition)

Die Vermessung der Lust (German Edition)

Titel: Die Vermessung der Lust (German Edition)
Autoren: Catrin Alpach
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und Weiß zu bunter Unordnung zusammengetan hatten.
    Aber auch Amerika besaß irgendwann Schiffe und schickte sie aus, während es selbst auf die entzückendste Weise besiedelt wurde und die Entdecker immer tiefer in die tropische Wildnis vordrangen.
    Das alles war nicht wirklich, konnte es nicht sein. Dora träumte nur, mit einer Frau im Bett zu liegen, in Wahrheit schien sie von einem Mann mit zahllosen Penissen beschlafen zu werden und beschlief gnadenlos zurück, eroberte immer neue Territorien, harmonische rückwärtige Hügellandschaften, hohe Berge mit Gipfelspitzen, an denen man wie an märchenhaften Hexenhäusern knuspern konnte. Und irgendwann, ja irgendwann hörten sie auf sich zu erobern oder erobert zu werden, sie explodierten einfach gleichzeitig, wilde Inseln mit außer Kontrolle geratenen Vulkanen, unendlichen Strömen niemals erkaltender Lava. Und alles erbebte, beruhigte sich kaum noch.
    Dora zitterte. Sie spürte Simones vibrierenden Kopf auf ihrem Bauch, kämmte vorsichtig mit den fünf Fingern ihrer Rechten durch die Haare der anderen und hörte sich einen Satz sagen, den sie noch nie gesagt hatte. »Ich liebe dich.« Der schönste törichte Satz der Welt.

    *

    Simone lauschte dem Rumoren in Doras Bauch, dem chaotischen Brodeln der Magensäfte, als sie jenen Satz hörte, den sie zuvor nur in Filmen gehört und in Büchern gelesen hatte. »Ich liebe dich.« Der wichtigste überflüssige Satz der Welt. Sie füllte Doras Nabel mit einem langen Kuss, rutschte ein wenig nach unten und begann das süße kleine Kätzchen trocken zu lecken. Sofort wurde ein Stück weiter oben wollüstig geschnurrt und die Kammfinger in Simones Haar krallten sich in die Kopfhaut.
    Simone sah es als den größten Vorteil der Frauenliebe, dass sie nicht vom Wohlwollen eines simplen Schwellkörpers abhängig war. Solange das Feuer noch glimmte, brauchte man keinen Blasebalg, es genügte, leicht in die Glut zu pusten, um es erneut zu entfachen. Und sie verspürten beide unendliche Lust, noch einmal zu verbrennen.
    Frauen und Feuer gleich Hexen, Wesen mit einem guten Draht zur Hölle, die ja nichts anderes ist als der Himmel der Zukurzgekommenen. Mein Gott, in welch seltsamen Bildern und Vergleichen man denkt, wenn man überhaupt nicht denkt, dachte Simone, richtete sich auf, setzte sich auf Doras Bauch und rutschte langsam auf ihm hoch, bis eine neugierige Zunge das alte Entdeckerspielchen von neuem begann.
    Vulkane, die sich durch nichts beherrschen ließen, Lava, die über die Porenlandschaft züngelte und die erstarrte Vernunft verzehrte. Höllenschlunde, die sich schließlich aneinander rieben. Ja, Höllenschlunde, das war jetzt genau das richtige Wort. Und als sie erschöpft nebeneinander lagen, Stunden, Tage, Wochen, Jahre später, wiederholte Simone den Satz, den Dora gesagt hatte, und Dora antwortete »Ja«.

    Mist, durchfuhr es Dora, als sie am Morgen in der Küche stand. Ich hab vergessen, Auftaubrötchen zu kaufen.

Alles ist gut, oder?

    Sein Entschluss stand fest. Er würde BWL studieren. Oder noch besser: Mathematik, reine Logik. Psychologie war Teufelswerk, undurchschaubar, irrational, verstörend.
    Er hatte draußen vor dem Institut gewartet und tatsächlich war Madeleine Vulpius eine Viertelstunde später aus der Tür getreten, - die ihr von Schiffler galant aufgehalten wurde. Sie gingen beide zum Parkplatz, setzten sich in Schifflers großkotzigen Wagen, aber der blieb einfach stehen und fuhr nicht an. Lars schlich sich vorsichtig näher, duckte sich hinter einen Ford, spähte über die Motorhaube, sah die beiden hinter der Frontscheibe diskutieren, gestikulieren. Nein, sie stritten nicht, sie lachten einmal sogar. Das verstand er jetzt nicht. Wieso lachten die? Wieso saßen die überhaupt in diesem Wagen? Wieso fuhr er nicht los?
    Er schlich sich quer über den Parkplatz und setzte sich seinerseits in sein Auto, mit dem er heute Morgen – warum auch immer – zur Uni gefahren war, statt wie sonst üblich den Bus zu nehmen. Er wartete. Entweder stiege Madeleine Vulpius aus oder sie würden beide in Schifflers Benz wegfahren. Und Lars würde ihnen folgen.
    Sie fuhren nach einer Stunde weg, Richtung Stadt. Parkten den Benz unweit der Fußgängerzone, stiegen aus, immer noch diskutierend und gestikulierend, steuerten ein Café an, suchten sich dort einen diskreten Platz und diskutierten weiter. Lars stand davor und wartete erneut. Dumme Situation.
    Bereits in diesen länglichen Minuten des Wartens hatte Lars
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