Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
Ladung halb verdauter Schuttbrocken über Holly. Steinsplitter ritzten ihr die Haut auf, doch sonst blieb sie unverletzt. Sie wischte sich den Dreck aus dem Gesicht und sah auf. In den Ohren summte es noch vom Dröhnen der Maschine, und der Staub, der wie Schnee auf Holly herabrieselte, trieb ihr die Tränen in die Augen.
    Doodah Day spähte von der Fahrerkabine auf sie herunter. Sein Gesicht war bleich, aber grimmig. »Lassen Sie mich in Ruhe!«, rief er. In Hollys malträtierten Ohren klang seine Stimme dünn und blechern. »Lassen Sie mich in Ruhe, hören Sie?«
    Dann kletterte er über die Leiter von der Maschine und verschwand, vielleicht geradewegs zu seinem Schlupfloch.
    Holly lehnte sich gegen eine der Platten und atmete erst mal tief durch. Winzige Magiefunken tanzten um die zahlreichen Schnittwunden und verschlossen sie. In den Ohren ploppte und fiepte es, während die Trommelfelle magisch neu justiert wurden. Innerhalb weniger Sekunden funktionierte Hollys Gehör wieder normal.
    Sie musste hier weg. Und zwar über den Rotor. An den Schneidblättern vorbei. Vorsichtig fuhr Holly mit dem Finger über eines der Messer. Ein Blutstropfen quoll aus einem kleinen Schnitt, wurde jedoch sofort von einem blauen Magiefunken wieder hineingesogen. Ein Ausrutscher, und die Klingen würden sie in tausend Stücke zerschneiden. Dann würde die gesamte unterirdische Magie nicht ausreichen, um sie wieder zusammenzuflicken. Aber einen anderen Weg gab es nicht, wenn sie nicht warten wollte, bis die Verkehrswacht der ZUP eintraf. Der angerichtete Schaden wäre übel genug, wenn sie noch die Haftpflichtversicherung der ZUP hätte, als Privatperson allerdings würde sie gleich für ein paar Monate hinter Gittern landen, während die Gerichte beratschlagten, was ihr zur Last gelegt werden konnte.
    Behutsam schob Holly die Finger zwischen die Messer und ergriff eine Querstrebe des Rotors. Eigentlich war es nichts anderes, als eine Leiter hinaufzuklettern. Eine verdammt scharfe, potenziell tödliche Leiter. Sie schob den Fuß auf eine der unteren Streben und begann ihre Klettertour. Mit einem Knarzen sackte der Rotor fünfzehn Zentimeter ab. Holly hielt sich fest. Das war sicherer, als loszulassen. Die Messer bebten Millimeter vor ihrem Körper.
    Schön langsam. Keine falsche Bewegung.
    Eine Strebe nach der anderen erklomm Holly den Rotor. Zweimal ritzte ihr ein Messer die Haut auf, aber die Schnitte waren nur oberflächlich und wurden sofort von den blauen Funken verschlossen. Nach einer kleinen Ewigkeit höchster Konzentration hievte Holly sich auf die Motorhaube, die schmutzig und heiß war, jedoch wenigstens nicht schärfer als die Zunge eines Zentauren.
    »Er ist da rübergelaufen«, sagte eine Stimme unter ihr.
    Holly blickte hinunter und sah einen dicken Gnom in der Uniform der Stadtwerke, der mit wütender Miene zur Crystal Street deutete.
    »Da rüber ist er gelaufen«, wiederholte der Gnom. »Der Wichtel, der mich aus meinem Mixer geworfen hat.«
    Verdutzt starrte Holly den korpulenten Beamten an. »Der kleine Wichtel hat Sie rausgeworfen?«
    Der Gnom errötete leicht. »Ich wollte gerade aussteigen, und da hat er mich geschubst.« Dann vergaß er plötzlich seine Verlegenheit. »He, sind Sie nicht diese Polly Soundso? Polly Little? Die Heldin von der ZUP?«
    Holly kletterte die Leiter hinunter. »Genau, die bin ich.« Sie sprang auf den Boden und rannte los. Ihre Stiefel knirschten auf dem aufgerissenen Pflaster.
    »Mulch«, sagte sie, »Doodah läuft in Ihre Richtung. Seien Sie vorsichtig. Der Kerl ist gefährlicher, als wir dachten.«
    Gefährlich? Vielleicht ja, vielleicht nein. Immerhin hatte er sie nicht getötet, obwohl er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Es sah so aus, als fehlte diesem Wichtel der Mumm für einen Mord.
    Doodah Days Nummer mit dem Multimixer hatte auf dem Marktplatz ein einziges Chaos ausgelöst. Wichtel von der Verkehrspolizei, auch »Knollos« genannt, strömten herbei, und Zivilisten eilten davon. Holly zählte mindestens sechs Magna-Bikes und zwei Streifenwagen der ZUP-Verkehrswacht. Sie ging mit gesenktem Kopf weiter, doch einer der Verkehrspolizisten sprang von seinem Bike und packte sie an der Schulter.
    »He, Frollein, haben Sie vielleicht gesehen, was passiert ist?«
    Frollein? Es juckte Holly in den Fingern, die Hand an ihrer Schulter zu packen und den Officer in den nächsten Recycler zu befördern. Aber jetzt war nicht der geeignete Moment für eine Szene - sie musste ihn von sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher