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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie
Autoren: Eoin Colfer
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nehmen?«
    »Sehr gut. Und weiter?«
    »Die Reihe zu unserer Linken beherbergt Finanzunternehmen. Dort sind Aufkleber von privaten Sicherheitsdiensten an den Fenstern, und ein Profi wird jede Konfrontation vermeiden, für die er nicht bezahlt wird.«
    Butler nickte. Das stimmte.
    »Und so komme ich zu dem logischen Schluss, dass Ihr Scharfschütze sich für das vierstöckige Gebäude hinter uns entscheiden würde. Es ist ein Wohnhaus, also leicht zu betreten, vom Dach aus hat er - oder sie - eine direkte Schusslinie, und die Sicherheitsvorkehrungen dürften minimal beziehungsweise nicht vorhanden sein.«
    Butler schnaubte. Wahrscheinlich lag Artemis mit seinen Überlegungen richtig. Aber beim Personenschutz war wahrscheinlich nicht annähernd so effektiv wie eine kugelsichere Weste. »Da haben Sie vermutlich recht«, gab Butler zu. »Aber nur, wenn der Scharfschütze genauso clever ist wie Sie.«
    »Der Punkt geht an Sie«, räumte Artemis ein.
    »Außerdem könnten Sie mir garantiert für jedes Gebäude ein überzeugendes Argument liefern. Sie haben dieses nur ausgewählt, damit ich Ihnen nicht vor der Nase stehe, was mich zu der Annahme führt, dass der geheimnisvolle Besucher vor der Casa Milá erscheinen wird.«
    Artemis lächelte. »Gut kombiniert, alter Freund.«
    Die Casa Milá war ein Wohnhaus vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, entworfen von dem spanischen Jugendstil-Architekten Antonio Gaudí. Die Fassade bestand aus gewölbten Wänden und Balkonen mit verschlungenen schmiedeeisernen Verzierungen. Auf dem Gehweg vor dem Haus drängte sich eine Schar von Touristen, die für die nachmittägliche Besichtigung des spektakulären Hauses anstanden.
    »Werden wir unseren Besucher unter all diesen Leuten überhaupt erkennen? Sind Sie sicher, dass er nicht schon hier ist? Und uns beobachtet?«
    Artemis lächelte, und seine Augen funkelten. »Glauben Sie mir, er ist nicht hier. Wenn er es wäre, gäbe es ein ziemliches Geschrei.«
    Butlers Miene verdüsterte sich. Wenn er doch nur ein einziges Mal sämtliche Fakten erfahren würde, bevor sie ins Flugzeug stiegen. Aber das würde er bei Artemis wohl nicht mehr erleben. Für den genialen jungen Iren war die kunstvolle Präsentation der Lösung des Rätsels stets der wichtigste Teil seiner ausgefuchsten Pläne. »Verraten Sie mir doch wenigstens, ob unser Kontaktmann bewaffnet ist.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Artemis. »Und selbst wenn, er wird kaum eine Sekunde bei uns sein.«
    »Eine Sekunde? Beamt er sich mal eben aus dem All herunter, oder was?«
    »Nicht aus dem All, Butler«, sagte Artemis mit Blick auf seine Uhr. »Aus der Zeit.« Der Junge seufzte. »Aber der richtige Moment ist bereits vorbei. Es sieht so aus, als hätte ich uns vergebens hierhergeführt. Unser Besucher ist nicht erschienen. Nun, es bestand ohnehin nur eine geringe Chance. Offenbar war niemand am anderen Ende des Tunnels.«
    Butler hatte keine Ahnung, von welchem Tunnel Artemis sprach, er war nur erleichtert, dass sie endlich diesen ungesicherten Ort verlassen konnten. Je eher sie zum Flughafen von Barcelona kamen, desto besser.
    Der Leibwächter zog ein Handy aus seiner Tasche und drückte auf eine Kurzwahltaste. Die Person am anderen Ende nahm beim ersten Klingeln ab.
    »Maria«, sagte Butler. »Abfahrt, pronto .«
    »Sí« , kam die knappe Antwort. Maria arbeitete für einen exklusiven spanischen Chauffeurdienst. Sie war unglaublich hübsch und konnte mit ihrer Stirn einen Ytong-Stein zerschlagen.
    »War das Maria?«, fragte Artemis betont beiläufig.
    Doch Butler ließ sich nicht täuschen. Artemis Fowl stellte selten beiläufige Fragen. »Ja, das war Maria. Was auf der Hand liegt, da ich sie mit ihrem Namen angesprochen habe. Normalerweise fragen Sie so gut wie nie nach dem Fahrer, und jetzt gleich viermal innerhalb der letzten Viertelstunde. Wird Maria uns abholen? Wo Maria wohl gerade steckt? Was meinen Sie, wie alt Maria ist?«
    Artemis massierte sich die Schläfen. »Das liegt an dieser verdammten Pubertät, Butler. Jedes Mal, wenn ich ein hübsches Mädchen sehe, verschwende ich kostbare Gedanken an sie. Zum Beispiel das Mädchen da drüben in dem Restaurant. Während der letzten paar Minuten habe ich bestimmt ein Dutzend Mal zu ihr hinübergesehen.«
    Automatisch unterzog Butler das besagte Mädchen seinem Leibwächter-Check.
    Die Kleine war zwölf oder dreizehn, trug allem Anschein nach keine Waffe und hatte einen Wust blonder Ringellocken auf dem Kopf. Sie futterte sich
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