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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie
Autoren: Eoin Colfer
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Ort des Geschehens zurück. Wieder reagierten das Mädchen und ihre beiden Begleiter vollkommen anders: Sie liefen sogar auf die Stelle zu, wo der Dämon erschienen war. Der Mann mit den Krücken bewegte sich dabei erstaunlich flink für jemanden, der angeblich eine Beinverletzung hatte.
    Butler beachtete das Chaos um ihn herum nicht. Er konzentrierte sich auf seine rechte Hand - beziehungsweise auf die Stelle, wo seine rechte Hand eine Sekunde zuvor noch gewesen war. Denn unmittelbar bevor Artemis in eine andere Dimension entschwunden war, hatte Butler ihn an der Schulter gefasst, und nun hatte etwas wie ein Verschwindevirus sich seiner Hand bemächtigt.
    Butler rechnete fest damit, dass auch sein Arm verschwinden würde, doch das tat er nicht. Nur die Hand. Sie kribbelte ein wenig, als wenn sie eingeschlafen wäre, aber er spürte sie noch, und er spürte auch die knochige Schulter seines jungen Schützlings unter den Fingern.
    »Nichts da«, knurrte Butler und verstärkte den Griff seiner unsichtbaren Hand. »Ich habe Ihretwegen viel zu viel mitgemacht, um Sie jetzt einfach so verschwinden zu lassen.«
    Der Leibwächter langte quer durch die Jahrzehnte und zerrte seinen jungen Schützling aus der Vergangenheit zurück in die Gegenwart.
    Artemis machte es ihm nicht leicht. Butler schien es, als schleife er einen Felsbrocken durch ein Meer aus Schlamm, doch so schnell gab er nicht auf. Er stemmte die Füße in den Boden und zog mit voller Kraft. Da flutschte Artemis aus dem zwanzigsten Jahrhundert heraus und landete bäuchlings im einundzwanzigsten.
    »Ich bin wieder da«, sagte der irische Junge, als wäre er nur eben spazieren gewesen. »Wie überraschend.«
    Butler half seinem Prinzipal auf und musterte ihn kurz. »Alles noch dran, nichts gebrochen. Und jetzt, Artemis, sagen Sie mir, was ist siebenundzwanzig mal achtzehn Komma fünf?«
    Artemis rückte sein Jackett zurecht. »Aha, verstehe. Sie überprüfen meine geistigen Fähigkeiten. Sehr gut. Es wäre in der Tat denkbar, dass eine Zeitreise das Gehirn beeinträchtigt.«
    »Beantworten Sie einfach meine Frage!«, beharrte Butler.
    »Vierhundertneunundneunzig Komma fünf, wenn Sie's unbedingt wissen wollen.«
    »Da Sie es sagen, wird's wohl stimmen.« Der riesige Leibwächter lauschte. »Sirenen. Wir müssen von hier verschwinden, Artemis, bevor ich gezwungen bin, einen internationalen Zwischenfall zu verursachen.«
    Er dirigierte Artemis zur anderen Straßenseite, zu dem einzigen Auto, das dort noch stand. Maria sah ein wenig blass aus, aber immerhin hatte sie ihre Kunden nicht im Stich gelassen.
    »Gut gemacht«, sagte Butler und riss den hinteren Wagenschlag auf. »Zum Flughafen. Vermeiden Sie die Autobahn, solange es geht.«
    Butler und Artemis hatten noch nicht den Gurt angelegt, da schoss Maria schon mit quietschenden Reifen los, ohne die Ampeln zu beachten. Das blonde Mädchen und die beiden Männer blieben hinter ihnen auf dem Gehweg zurück.
    Maria warf einen Blick in den Rückspiegel und fragte Artemis: »Was war denn das?«
    »Keine Fragen«, sagte Butler barsch. »Konzentrieren Sie sich aufs Fahren.« Er selbst verkniff sich aus Erfahrung jede weitere Bemerkung. Artemis würde ihm alles über das merkwürdige Wesen und den Funken sprühenden Spalt erzählen, wenn er den Zeitpunkt für gekommen hielt.
    Artemis saß schweigend da, während die Limousine über Las Ramblas in das Gassengewirr der Altstadt Barcelonas einbog.
    »Wie bin ich wieder hierhergekommen?«, murmelte er nach einer Weile nachdenklich. »Warum sind wir nicht dort? Oder vielmehr dann ? Was hat uns in dieser Zeit festgehalten?« Er musterte Butler. »Haben Sie etwas aus Silber bei sich?«
    Butler räusperte sich verlegen. »Wie Sie wissen, trage ich normalerweise keinen Schmuck, aber da wäre dies hier.« Er zog die Manschette hoch. Darunter kam ein Lederarmband mit einem Silbernugget in der Mitte zum Vorschein. »Juliet hat es mir geschickt. Aus Mexiko. Offenbar soll es böse Geister abhalten. Ich musste ihr versprechen, dass ich es umlege.«
    Artemis lächelte breit. »Also war es Juliet. Sie hat uns im Jetzt verankert.« Er tippte auf den Silbernugget an Butlers Handgelenk. »Sie sollten Ihre Schwester anrufen. Juliet hat uns das Leben gerettet.«
    Als Artemis das Armband seines Leibwächters berührte, stutzte er. Er sah auf seine Finger. Es waren seine Finger, kein Zweifel, aber irgendetwas war anders. Er brauchte einen Moment, bis er begriff, was geschehen
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