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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie
Autoren: Eoin Colfer
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blauen Klecks des Wichtels irgendwo vor sich zu sehen. Stattdessen rollte ein zehn Tonnen schwerer, gelber Multimixer auf sie zu. Offensichtlich hatte Doodah Day aufgehört, sich zu verhalten wie geplant. »D'Arvit!« , fluchte Holly und sprang zur Seite. Der Rotor an der Vorderseite des Multimixers fraß sich durch das Pflaster des Platzes und spuckte es hinten als perfekte, passgenaue Würfel wieder aus.
    Holly duckte sich und griff unwillkürlich nach dem Neutrino-Blaster, den sie bis vor Kurzem an der Hüfte getragen hatte. Doch da war nur noch Luft.
    Knurrend und fauchend wie ein mechanisches Steinzeitungeheuer wendete der Multimixer für die nächste Bahn. Mächtige Kolben stampften, und die rotierenden Messer frästen sich wie eine Sense durch alles, was ihnen in den Weg kam. Bauschutt verschwand im Bauch der Maschine und wurde von glühenden Platten zusammengestampft.
    Erinnert mich irgendwie an Mulch , dachte Holly. Komisch, was einem so durch den Kopf geht, wenn man in Lebensgefahr ist.
    Sie wich vor dem Mixer zurück. Er war zwar riesig, aber auch langsam und schwerfällig. Hollys Blick wanderte zur Fahrerkabine, und da saß Doodah Day. Seine Hände flogen routiniert über die Knöpfe und Hebel und steuerten das metallene Ungetüm direkt auf Holly zu.
    Um sie herum war Panik ausgebrochen. Passanten schrien, Alarmsirenen heulten. Doch darum konnte Holly sich jetzt nicht kümmern. Die oberste Priorität lautete: am Leben bleiben. So beängstigend, wie diese Situation für das normale Publikum auch sein mochte, Holly verfügte über eine ZUP-Ausbildung und jahrelange Erfahrung. Sie war schon deutlich beweglicheren Gegnern entkommen als diesem Multimixer.
    Doch das sollte sich bald als Irrtum herausstellen. Der Multimixer als Ganzes war zwar langsam, aber einige seiner Fahrzeugteile waren unglaublich schnell. Die Auffangplatten zum Beispiel: zwei gut drei Meter hohe Wände aus Stahl, die zu beiden Seiten neben dem Rotor ausgefahren werden konnten, um Schutt aufzufangen, der eventuell zwischen den rotierenden Schneidblättern wegsprang.
    Doodah Day, dem das Bedienen der verschiedensten Fahrzeuge förmlich in die Wiege gelegt worden war, hatte seine Chance erkannt und genutzt. Mit ausgeschalteter Sicherung betätigte er die Platten, die sofort von vier Druckluftpumpen rechts und links neben Holly in die Wand gejagt wurden und sich fünfzehn Zentimeter tief in den Stein gruben.
    Holly sank das Herz in die Stiefel. Wie an die Wand genagelt, starrte sie den rotierenden, scharfen Messern entgegen, die vor ihr den Boden aufrissen.
    Flügel wären jetzt nicht schlecht , dachte Holly, doch nur ihr ZUP-Overall hätte über Flügel verfügt, und sie hatte das Recht verwirkt, ihn zu tragen.
    Die Platten schlossen den Wirbel ein, den die Schneidblätter erzeugten, sodass sich alles in ihrem Einzugsbereich darauf zubewegte. Die Vibration war unglaublich. Holly spürte förmlich ihre Zähne im Zahnfleisch beben. Sie sah nicht nur doppelt, sondern zehnfach. Auf sämtlichen Wahrnehmungskanälen war der Empfang gestört. Und direkt vor ihren Füßen fraßen sich die Messer gierig durch das Pflaster. Holly versuchte, auf die linke Auffangplatte zu klettern, doch die war gut geschmiert und bot ihr keinen Halt. Mit der anderen hatte sie ebenso wenig Glück. Der einzige Fluchtweg lag vor ihr, aber dort warteten die tödlichen Messer.
    Holly brüllte Doodah etwas zu, und vielleicht formte ihr Mund sogar richtige Worte. Doch sicher war sie nicht, bei dem Lärm und den Erschütterungen. Die sirrenden Messer kamen immer näher. Mit jeder Drehung rissen sie weitere Stücke aus dem Boden. Nicht mehr viel, dann würde der Multimixer sie verschlingen, sie zerschreddern, durch die Eingeweide der Maschine pressen und schließlich als Pflasterstein wieder ausspucken. Holly Short wäre buchstäblich ein Teil dieser Stadt.
    Es gab nichts, was sie tun konnte. Absolut gar nichts. Mulch war zu weit weg, um ihr zu helfen, und es war unwahrscheinlich, dass irgendein Passant versuchen würde, den durchgedrehten Multimixer zu stoppen, selbst wenn er wüsste, dass sie zwischen den Auffangplatten festsaß.
    Während die Messer unaufhaltsam näher kamen, warf Holly einen flehenden Blick zu dem computergenerierten Himmel. Wie schön wäre es gewesen, an der Oberfläche sterben zu dürfen. Die Wärme der echten Sonne auf der Stirn zu spüren. Ja, das wäre wirklich schön gewesen.
    Da stoppten die Schneidblätter. Aus dem Bauch des Mixers entlud sich eine
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