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Die vergessenen Kinder: Herzensgeschichten (German Edition)

Die vergessenen Kinder: Herzensgeschichten (German Edition)

Titel: Die vergessenen Kinder: Herzensgeschichten (German Edition)
Autoren: Rita Bittner
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Türe zuzog. Die schwarze Katze musterte den Jungen tiefgründig aus ihren grün funkelnden Augen und stolzierte majestätisch davon.
    Zögernd betrat Sven die Stube. Es war behaglich warm, denn in einem Kamin brannte ein Feuer. Es duftete seltsam. Überall an der Decke waren Büschel mit getrockneten Pflanzen befestigt. Das roch interessant, fand Sven. Ein bisschen bitter, aber auch süß und sehr würzig, wie Maggi. Neugierig und staunend schaute sich der Junge um. Er konnte überhaupt keine Elektrogeräte erkennen. An der einen Seite war ein Gasherd. Auf ihm stand auf kleiner Flamme ein bunt geblümter Kochtopf, aus dem es leise blubberte. Neben dem Herd nahm eine lange Arbeitsplatte Raum ein. Sie verbarg sich unter allerlei Gefäßen und Arbeitsgeräten. Der wuchtige Spülstein, in dem sich Geschirr stapelte, thronte unter einem Fenster, aus dem man tagsüber den Waldrand beobachten konnte.
    Ein mächtiges Sofaungetüm beherrschte die gegenüberliegende Wand der Hütte. Darüber befand sich das Fenster, dessen Licht Sven angelockt hatte. Auf dem Sofa hatte sich die Katze zusammengerollt und gab vor, zu schlafen. Vor dem Ruhemöbel stand, umringt von drei passenden Stühlen, ein grober Küchentisch, auf dem eine Gaslaterne kaum hörbar zischte und angenehmes Licht verbreitete. Sven gefiel es hier. Es war ungewöhnlich, aber gemütlich. Behutsam legte er die Jacke mit der Elster auf dem Tisch ab.
    „Kannst du sie wieder heilen?“ Sven blickte voller Hoffnung und Vertrauen in die hellblauen Augen der Frau, die näher getreten war. Dann fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, sich vorzustellen und holte das schnell nach.
    „Na, dann lass mal schauen.“ Die Frau schlug vorsichtig die Jacke auseinander und betrachtete das Federtier. Beiläufig strich sie die grauen Strähnen zurück, die sich aus ihrem Haarknoten im Nacken gelöst hatten. Rücksichtsvoll untersuchte sie die Elster, die keinerlei Anzeichen von Unbehagen erkennen ließ, aber anfing, unruhig zu werden, als die Katze aufstand und neugierig mit einer eleganten Bewegung auf den Tisch sprang.
    „Nein, Mephisto. Die ist nicht für dich“, bemerkte Moni tadelnd zu dem Kater, der beleidigt vom Tisch hüpfte und durch eine Klappe in der Tür nach draußen verschwand. Sven, der die Luft angehalten hatte, atmete erleichtert aus.
    „Deinem kleinen Freund geht es schon wieder ganz gut.“ Heiter lächelte Moni den Jungen an. „Es ist nichts gebrochen, aber er hatte einen riesigen Schrecken und muss nur noch ein bisschen ausruhen. Wie hast Du ihn denn gefunden?“
    Sven schilderte ihr die ganze Geschichte. Anerkennend lobte Moni ihn für seine Umsicht. Darüber freute er sich, wenn er sich auch nicht als heldenhaft empfand. Seiner Ansicht nach musste man schon ein ziemliches Scheusal sein, wenn man den Vogel seinem Schicksal überlassen hätte. Sven wollte nicht unhöflich sein, aber er konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. Schließlich war es Nacht und er war ein paar Stunden unterwegs gewesen.
    Ohne viel Aufhebens machte Moni ein Lager für Sven auf dem Sofa zurecht. Dann bekam die Elster ein Nest aus Wolle in einem Körbchen, das Moni auf den Tisch stellte. Die Katzenklappe verriegelte sie von innen, falls Mephisto auf dumme Gedanken kommen sollte. Zu guter Letzt bereitete sie für Sven noch eine Trinkschokolade zu. Ob es an Monis Fürsorge lag, oder am Getränk – Sven fand, dass das der beste Kakao war, den er je getrunken hatte. Kaum war die Tasse leer, fiel Sven, mit einem Schokoladebärtchen auf der Oberlippe, in einen tiefen traumlosen Schlaf. Besorgt und ein bisschen traurig betrachtete Moni den Jungen und ging dann im Nebenzimmer zu Bett.
    Als Sven am nächsten Morgen aufwachte, war der Tisch schon zum Frühstück gedeckt und die Elster trippelte geschäftig zwischen den Sachen umher und beäugte alles neugierig. Moni war noch am Spülstein beschäftigt und schickte den Jungen hinaus.
    Der Knabe staunte nicht schlecht. Die Toilette befand sich in einem kleinen Häuschen und zum Waschen entdeckte er eine Schüssel, einen Krug mit Wasser und grobe Leintücher. Neben der Schale lagen eine nagelneue Zahnbürste und ein helles Pulver in einem Schälchen, anstelle von Zahnpasta. Sven fand das alles sehr gewöhnungsbedürftig, aber auch abenteuerlich und er fühlte sich ziemlich verwegen.
    So ein Frühstück wie bei Moni kannte Sven nicht. Es gab Milch, die ganz anders schmeckte, als die aus der Tüte. Das Brot hatte Moni selbst gebacken. Es war ganz
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