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Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gemacht haben,
wenn er wußte, daß du es nicht lesen kannst!«
»Vielleicht ... ist er nicht mehr dazu gekommen, mir
alles zu erzählen«, meinte Mike. »Er und meine Mutter kamen bei einem Unfall ums Leben, als ich -«
»Das weiß ich«, unterbrach ihn Winterfeld ungeduldig. »Er hat diese Papiere ein Jahr vor seinem Tod
hinterlegt. Jemand, der so umsichtig ist, wird dann
kaum vergessen, dem, für den sie bestimmt sind, die
Schlüssel auszuhändigen, oder?«
Winterfelds Worte klangen so logisch, daß Mike nicht
mehr widersprach. Er fühlte sich hilflos. Er hatte die
Wahrheit gesagt, aber er wußte auch, daß Winterfeld
ihm gar nicht glauben konnte, so wie die Dinge lagen.
Plötzlich fiel ihm etwas ein. »An dem Tag, als Sie
Paul abholten, sind meine Sachen durchsucht worden«, sagte er. »Das geschah in Ihrem Auftrag, nicht
wahr?«
»Ja«, gab Winterfeld ungerührt zu. »Aber nun etwas
anderes.« Er beugte sich vor, grub eine Karte aus dem
Papierstapel auf dem Tisch aus und hielt sie Mike
hin. »Ich nehme an, das hier sagt dir auch nichts?«
blaffte er.
Mike nahm die Karte zögernd entgegen und studierte
sie aufmerksam. Er erkannte, daß es sich um eine
Seekarte handelte, die ein Stück einer Küstenlinie
und eine Anzahl kleiner Inseln zeigte, aber damit hörte es auch schon auf. Das einzig Auffällige daran war
vielleicht das Material, auf dem sie gezeichnet war.
Anstelle von Papier hatte der Zeichner dünnes, beinahe durchsichtiges Pergament verwendet, das unter
den Fingern knisterte und so brüchig war, daß Mike
fast befürchtete, es würde unter
seiner Berührung
einfach zerkrümeln. Sehr behutsam legte er die Karte
auf den Tisch zurück und schüttelte den Kopf.
    Winterfeld beherrschte sich jetzt nur noch mühsam.
So zornig, als wolle er ein Loch hineinbohren, stieß er
mit dem Zeigefinger auf die Karte herab. »Das hier ist
Kuba, und diese Linie hier stellt die südamerikanische Ostküste dar. Sagt dir das vielleicht etwas?«
»Nein«, antwortete Mike. »Wirklich nicht.«
Mike begriff tatsächlich nicht, was all diese Papiere
und Karten zu bedeuten hatten. Er wußte zwar, daß
sein Vater zweimal im Leben zur See gefahren war,
aber doch nur als Passagier auf einem Schiff, um von
Indien nach England zu gelangen und zurück. Was
sollte er mit all diesen Seekarten und geheimnisvollen
Formeln?
»Du machst es mir wirklich nicht leicht, Michael«,
sagte Winterfeld wütend. »Bei den Papieren war ein
Brief deines Vaters an dich, der besagte, daß du diese
Karte entschlüsseln kannst. Also sollte deine Vernunft
dir sagen, daß es vollkommen sinnlos ist, mich zu belügen. Früher oder später finde ich doch heraus, was
diese Karten bedeuten. Einen Unterschied macht es
nur für dich und deine Freunde. Mir ist es ziemlich
gleich, ob ich euch irgendwo in England wieder an
Land setze oder auf einer einsamen Insel in der Karibik.«
»Die anderen?« Mike erschrak. »Sie haben die anderen auch entführt?«
»Mir blieb keine andere Wahl«, sagte Winterfeld ruhig, »nachdem sich der Kapitän des Schleppers so ungeschickt anstellte, mußte alles auch offiziell nach
einem Unfall aussehen. Nur du solltest von den anderen abgesondert und aufgenommen werden. Aber so
... unglückseligerweise hat einer deiner Kameraden
den Taucher gesehen.«
»Und was haben Sie mit uns vor?« fragte Mike.
»Nichts«, antwortete Winterfeld. »Ihr bleibt für eine
    Weile meine Gäste, das ist alles. Wenige Monate, vielleicht sogar nur noch Wochen.«
»Aber ich weiß doch nichts!« protestierte Mike.
Winterfeld schüttelte den Kopf und begann die Papiere zusammenzusortieren.
die Wahrheit«, sagte er
weißt du wirklich nichts. Aber ich bin sicher, daß du
herausfinden kannst, was das alles bedeutet. Nun, du
wirst Zeit genug haben, darüber nachzudenken. Ich
werde dich hierbehalten, bis ich
diese
Karten entschlüsselt habe - egal, ob allein oder mit deiner Hilfe.«
»Ich würde es nicht einmal tun, wenn ich es könnte«,
sagte Mike zornig.
»Das glaube ich dir sogar«, antwortete Winterfeld.
»Und ich verstehe es. Aber wenn dir dein
eigenes
Schicksal schon gleich ist, dann denk doch wenigstens
an deine Freunde.«
Mike spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoß. »Sie
sind ein -«
Winterfeld hob befehlend die Hand. »Bitte, Michael!
Es nutzt keinem von uns, wenn du mich beleidigst.
Geh jetzt zurück zu deinen Freunden. Ihr könnt ja gemeinsam darüber nachdenken, ob ihr unbedingt Lust
habt, mich und dieses Schiff in die Karibik zu begleiten oder
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