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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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erhöhte Herr, der Sohn Gottes. Die gesamte Erzählstruktur ist auf die Passion und das Osterereignis in Jerusalem hingerichtet. Jesus weiß, was ihn in Jerusalem erwartet. Dreimal kündigt er im Vorfeld sein Leiden an. Bezeichnend für diese Konzeption ist das Schwanken zwischen dem offenen Hervortreten der Gottessohnschaft und deren Verborgensein. Damit hängt auch das immer wiederkehrende Unverständnis der Jünger gegenüber Jesu Weissagungen und seiner Person zusammen. Sie können und wollen ihren Lehrer nicht verstehen. In diesem Verhalten sind die Jünger eine Negativfolie für das Verhalten der Menschen der Person und Botschaft Jesu gegenüber. Auf der anderen Seite führt Markus die Jünger als die von Jesus in die Nachfolge gerufenen und mit seiner Vollmacht ausgestatten Personen vor. Allgemein spielt der Unglaube bei Markus eine große Rolle. Eng damit verbunden ist die Wunderdichte. Weil die Menschen Jesus nicht glauben, fordern sie Zeichen des Himmels. Markus setzt die Wunder nicht zum Beweis der Göttlichkeit Jesu ein, sondern um die falsche Haltung der Menschen Jesus gegenüber aufzuzeigen. Das Hauptaugenmerk richtet Markus auf die Bewältigung der Gegenwart. Er ist weniger zukunftsorientiert wie die anderen Evangelisten. Von Bedeutung ist auch der ursprüngliche Schluss des Markusevangeliums (Kapitel 16, Vers 8), denn er endet äußerst abrupt. Die weiteren Verse, die die Erscheinung des Auferstandenen beinhalten, sind spätere Anfügungen.
Matthäus
    Bis Ende des 18. Jahrhunderts galt das „Evangelium nach Matthäus“ als das älteste. Dafür gab es zwei Gründe, die wohl miteinander verbunden waren. In der Reihenfolge des Kanons nahm Matthäus den ersten Platz ein. Der Kirchenvater Augustinus schloss aus dieser Voranstellung, dass Matthäus der älteste Evangelist sei. Genährt wurde diese Ansicht durch eine Aussage des Bischofs Papias zuBeginn des 2. Jahrhunderts, der sagte: „Matthäus hat nun in hebräischer Sprache die Worte zusammengestellt, ein jeder aber übersetzte sie wie es ihm möglich war.“
    Auch Clemens von Alexandrien überliefert die Meinung, dass Evangelien mit einer Genealogie, d. h. einem Stammbaum, zuerst entstanden seien und bezieht sich dabei auf eine von Priestern überlieferte Tradition. Nahezu zwei Jahrtausende hielt man an dieser Reihenfolge fest. Ein nicht unwesentlicher Grund dafür lag in der außerordentlichen Wertschätzung dieser Schrift innerhalb der Kirche. Das Matthäusevangelium war das Evangelium schlechthin. Kein anderes wurde so häufig benutzt.
    Ähnlich wie das Markusevangelium wurde Matthäus ursprünglich anonym überliefert. Die Überschrift „Evangelium nach Matthäus“ ist eine nachträgliche Einfügung. Aber bereits Anfang des 2. Jahrhunderts wird der Jünger Matthäus als Verfasser dieser Schrift genannt. Im Matthäusevangelium lässt sich zwar ein Interesse am Jünger Matthäus erkennen. Der bei Markus als Jünger berufene Zöllner mit Namen Levi, wird im Matthäusevangelium umbenannt. Er heißt nun Matthäus. Diese Umbenennung hatte ihren Grund aber eher darin, dass man den Jüngerkreis auf 12 Personen beschränken wollte. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass Matthäus Markus als Vorlage hatte, ist diese Zuschreibung höchst unwahrscheinlich, denn aus welchem Grund hätte ein Augenzeuge einen Nicht-Augenzeugen als Quelle verwenden sollen? Es wird sich auch zeigen, dass einiges der Konzeption und zeitlichen Gegebenheiten, die sich in dieser Schrift widerspiegeln, gegen die Verfasserschaft durch einen Augenzeugen spricht. Man vermutet, dass das Matthäusevangelium in den achtziger bzw. neunziger Jahren des 1. Jahrhunderts entstanden ist, setzt es doch Markus und die Zerstörung des Jerusalemer Tempels voraus. Geschrieben ist es im syrischen Raum, darauf verweisen geographische Vorstellungen im Text. Judäa und Galiläa werden jenseits des Jordans lokalisiert; von Syrien aus betrachtet stimmt dies auch. Ferner wird es 110 n. Chr. von Ignatius aus dem syrischen Antiochia bezeugt. Kontrovers wird die Frage diskutiert, für wen es verfasst wurde. Bestand die Gemeinde des Matthäus aus Judenchristen oder aus Heidenchristen? War er demgemäß Juden- oder Heidenchrist? Für beide Thesen sprechen gute Gründe. Für den heidenchristlichen Hintergrund lassensich die Kritik am Gesetz, der Heilsuniversalismus und die Distanz zur Synagoge anführen. Für den judenchristlichen Hintergrund die Sprache, der Aufbau, der häufige Rückgriff auf das Alte Testament
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