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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
Autoren: V Panov
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Wörter«, tadelte Swetlomir und schüttelte unzufrieden den Kopf. Er dachte gar nicht daran zuzugeben, dass er Mühe hatte, dem Gedankengang seines jungen Gesprächspartners zu folgen.
    »Ganz meine Meinung«, wiederholte Swjatopolk beinahe Silbe für Silbe. »Ein so bescheidener Empfang entspricht gar nicht dem Stil unserer Königin.«
    Der junge Baron sah sich um. Die geladenen Gäste wirkten verloren in dem riesigen Saal, der eigentlich für große Gesellschaften gedacht war. Gewöhnlich ging es hier hektisch und laut zu, auf dem Mosaikboden drängten sich prunkvoll herausgeputztes Gefolge, blasierte Vicomtes und vor Eitelkeit platzende Damen, es wurden hochnäsige Blicke getauscht und schwülstige Reden geschwungen. Heute gab es nichts von alledem, nur die führenden Köpfe des Herrscherhauses Lud, acht Barone und acht Priesterinnen, zerstreuten sich im Saal, und es wurde wenig gesprochen.

    Missmutig betrachtete Swjatopolk die bis zum Hals geschlossenen Kleider der Priesterinnen und versank in Gedanken an vergangene Festivitäten. Empfänge der Königin waren immer ein besonderes Ereignis! Die Damen überboten sich gegenseitig mit ihren prachtvollen Garderoben, die Barone schlürften mit wichtiger Miene Rotwein und schielten verstohlen zu den jungen Feen hinüber, denen die gestrengen Zauberinnen des Grünen Hofs das Tragen von freizügigen Gewändern noch erlaubten. Man war sich darüber einig, dass Wseslawa, selbst als sie Priesterin wurde, im Grunde ihres Herzens eine ungestüme, zwanglose Fee geblieben sei, was ihr gestrenge Geister als Schwäche auslegten, andere hingegen für einen unschätzbaren Vorteil hielten. Die Feen standen bei den Empfängen immer im Mittelpunkt des Interesses, zumindest bei der männlichen Hofjugend: Vicomtes und Woiwoden scharten sich um sie, ja sogar die temperamentvollen Ritter des Herrscherhauses Tschud. Lautes Gelächter schallte aus dieser jugendlichen Gesellschaft, bissige Sinnsprüche und anzügliche Scherze machten die Runde, und zuletzt blieb es nicht aus, dass sich Leutnants des Hauses Tschud mit Vicomtes des Hauses Lud zum Duell verabredeten. Rechter Hand, bei den Malachitsäulen, versammelten sich gewöhnlich die Vertreter des Dunklen Hofs: die bedächtigen Schatyren in ihren langen, dunkelblauen Gewändern – passionierte Cognac-Trinker mit dunklem Teint und schwarzen Augen; die scharfzüngigen Erli – ein Ärztegeschlecht mit chronischem Hang zur Völlerei; und zuletzt die groß gewachsenen, schwarzäugigen Nawen, denen das pompöse Gepränge
eines solchen Anlasses im Grunde fremd war. Niemand wusste so genau, ob die Nawen den Empfängen der Königin überhaupt etwas abgewinnen konnten. Jedenfalls kamen sie immer pünktlich, und noch nie hatten sie die Ehre des Grünen Hofs verletzt, indem sie eine Einladung ausschlugen. Sie hielten sich eben etwas abseits des Trubels. Nur Santiago bewegte sich wie ein Fisch im Wasser in der illustren Gesellschaft, erging sich in Komplimenten und verkostete teure Sammlerweine. Er war schon ein ziemlich untypischer Naw, dieser Santiago …
    Swetlomirs rauer Bass riss Swjatopolk aus seinen Gedanken.
    »Ich habe gehört, dass Wseslawa aus ganz bestimmten Gründen auf eine offizielle Einberufung des Großen Königsrats verzichtet hat«, raunte er Swjatopolk zu. Er hatte inzwischen ein weiteres Glas Champagner geleert und rote Bäckchen bekommen. »Deshalb haben wir alle persönliche Einladungen zu dieser ›Audienz‹ bekommen. Was denkst du darüber, mein Sohn?«
    »Offenbar verheimlicht sie etwas.«
    »Königin Wseslawa verheimlicht immer irgendetwas, doch diesmal ist die Geheimniskrämerei ausnahmsweise ein Segen«, kommentierte die Priesterin Jaroslawa, die gerade an den beiden Baronen vorbeistolzierte.
    Der abschätzige Tonfall, mit dem sie ihre Bemerkung angebracht hatte, ließ keinen Zweifel daran, was sie von der Gebieterin des Herrscherhauses Lud hielt. Die Männer verbeugten sich nachträglich vor der davoneilenden, groß gewachsenen Priesterin und steckten danach die Köpfe zusammen.

    »Sie weiß Bescheid«, mutmaßte Swjatopolk.
    »Die Priesterinnen wissen immer Bescheid – sind ja auch etwas Besseres als wir Barone«, seufzte Swetlomir. »Sie behandeln uns wie den letzten Dreck, beim Barte des Schlafenden. In meiner Domäne traue ich mich nicht einmal mehr zu niesen, ohne vorher diese … Priesterin um Erlaubnis zu fragen. Die Göre bildet sich ein, sie könnte mich belehren, beim Barte des Schlafenden. Dabei bin ich es
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