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Die verbannte Braut (German Edition)

Die verbannte Braut (German Edition)

Titel: Die verbannte Braut (German Edition)
Autoren: Cathy McAllister
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Hände zitterten, als sie mir den Umhang abnahm. Zwar neigte die gute Molly ein wenig dazu, schnell hysterisch zu werden, dennoch ließ ihre offensichtliche Panik ein flaues Gefühl in meinen Eingeweiden aufkommen. Erst der Stalljunge, jetzt das Dienstmädchen. Was für ein Mensch musste mein Onkel sein, dass er schon bei seiner Ankunft so einen Wirbel auslöste?
    "So ein
was
? – Was wolltest du sagen Molly?", hakte ich nach.
    "Oh nichts, Herrin", wehrte Molly rasch ab. "Er wartet im Arbeitszimmer Eures seligen Vaters auf Euch. Ihr solltet euch 'eilen. Er ist ein wenig – ungeduldig. – Ach aber Euer Haar! Was habt Ihr nur mit der schönen Frisur gemacht. Rasch, ich richte es schnell wieder!"
    Ich wollte erst abwinken, entschied mich dann doch anders. Ihr merkwürdiges Gehabe beunruhigte mich wirklich. Es klang nicht gerade so, als wäre mein Onkel ein Mensch, mit dem man gut auskam. Zum Glück würde ich ja schon in einem halben Jahr unabhängig sein, beruhigte ich mich selbst. Bis dahin musste ich halt gute Miene zum bösen Spiel machen. Ich ließ mir von Molly das Haar wieder ordnen und machte mich auf den Weg zu meinem Onkel, um ihn nicht noch länger warten zu lassen. Ich fühlte mich, als marschierte ich zu meiner eigenen Hinrichtung.
    *
    Als ich vor dem Arbeitszimmer meines Vaters stand, klopfte mein Herz aufgeregt. Es regte mich innerlich auf, dass sich ein für mich immerhin fast fremder Mann darin breitgemacht hatte. Das Zimmer barg so viele Erinnerungen für mich. Gute und auch Schlechte. Als kleines Mädchen hatte ich im Arbeitszimmer mit den kleinen Holzfiguren gespielt, die mein Vater als junger Mann geschnitzt hatte. Wenn ich Vater verärgert hatte, war das Arbeitszimmer der Raum gewesen, indem ich meine Standpauke zu hören bekam. Mein Vater war zwar sehr streng gewesen, aber ich hatte ihn dennoch über alle Maßen geliebt. Im Gegensatz zu meiner Mutter hatte ich niemals Angst vor ihm gehabt, nur Respekt. Jeder hatte Respekt vor William Graham gehabt. Nun stand ich hier und wusste nicht, was ich tun sollte. Anklopfen? – Einfach wie selbstverständlich reingehen? – Immerhin gehörte das Haus mir. Ich entschied mich für einen Kompromiss, klopfte kurz und energisch an, öffnete sogleich die Tür und marschierte hinein, ehe ich es mir anders überlegen konnte.
    *
    Onkel James saß an dem riesigen Schreibtisch aus poliertem Nussbaum, an dem zuvor nur mein Vater gesessen hatte, einen Stapel Briefe und Unterlagen vor sich. Zu meinem Ärger bemerkte ich, dass mein Onkel eine Karaffe vom Lieblingsbrandy meines Vaters und ein halb volles Glas neben sich stehen hatte. Offenbar fühlte er sich schon ganz als der Herr des Hauses. Bei meinem Eintreten sah er auf und musterte mich aus kleinen, scharfen Augen. Sie waren grün, wie die einer Katze. Es fehlte jedoch jegliche Wärme in ihnen. Ich verspürte sofort ein Unbehagen, das mir in alle Glieder kroch, und begann förmlich zu schrumpfen. James Atkins war groß, wahrscheinlich noch größer als mein Vater gewesen war, soweit ich das von der, hinter dem Schreibtisch sitzenden, Gestalt beurteilen konnte. Er war äußerst kräftig gebaut mit großen Händen, einem leicht feisten, stark geröteten Gesicht und wulstigen Lippen. Onkel James hatte das ungesunde Aussehen eines Lebemannes, der keine Ausschweifungen ausließ. Sein kurzes, rotbraunes Haar war schon sehr licht, er würde sicher bald eine Glatze bekommen.
    "Guten Tag, Onkel!", begrüßte ich ihn zaghaft.
    Dieser Mann hatte etwas wirklich Einschüchterndes an sich. Eine brutale Ausstrahlung gepaart mit physischer Kraft ging von ihm aus.
    "Elizabeth! – Wie schön, dass du dich letztendlich doch noch dazu entschließen konntest, mich zu begrüßen", sagte er sarkastisch. "Ein Glück, das deine armen Eltern nicht mehr miterleben müssen, wie ungehörig du dich benimmst."
    Ich lief hochrot an, ob dieses Tadels. Wie konnte er so etwas Gefühlloses zu mir sagen, wo meine lieben Eltern gerade erst begraben worden waren. Ich fühlte Tränen in mir aufsteigen und meine Unterlippe begann, zu beben.
    "Verzeihung Onkel. Ich ... ich dachte nicht, dass Ihr bereits so frühzeitig ...", stammelte ich und stockte, als ich unter seinem eisigen Blick einige weitere Zentimeter zusammenschrumpfte.
    Die restlichen Worte blieben mir im Halse stecken, als Onkel James donnernd mit der Faust auf den Tisch schlug und mit zorngerötetem Gesicht aufsprang. Bedrohlich lehnte er sich über den Schreibtisch und blitzte mich aus
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