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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lewis Harris
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gern, Svetlana?«
    »Sie liest von uns dreien am meisten«, verkündete Mom stolz.
    »Ich lese echt gern«, tönte ich.
    »Natürlich tust du das«, sagte Lenora Bones. »Wie jeder intelligente Mensch. Aber meine müden Augen können mit meinem Lesehunger nicht mithalten! Ich kann einfach nicht mehr so lesen wie früher - dabei wünsche ich es mir noch immer sehr. Ich habe einen Vorschlag für dich, falls du Interesse hast und deine netten Eltern es erlauben.« Sie schlang die Knochenfinger
um Moms Hand. »In London hatte ich ein entzückendes Mädchen aus der Nachbarschaft als Vorleserin - für einen kleinen Lohn und bloß für ein paar Stunden pro Woche. Es wäre wirklich schön, wenn sich das hier auch einrichten ließe.« Sie warf die Hände in die Luft. »Jetzt bin ich enttarnt! Ich dachte, ich breche mit einem Teller Keksen bei euch ein und schau mal, ob ich dich nicht überreden kann!« Lenora Bones bekam bei diesem Geständnis große Augen und lächelte einen nach dem anderen am Tisch an.
    Was sagte sie da? Sie wollte mich dafür bezahlen, ihr etwas vorzulesen? Das hörte sich zu gut an, um wahr zu sein. Was würde sie mich lesen lassen? Bestimmt Bücher von Charles Dickens oder Emily Bronte.
    »Also ich hätte nichts dagegen«, sagte ich, sah von Mom zu Dad und zuckte grinsend die Achseln. Sollte ich sie fragen, wie viel sie mir zahlen will? Oder wäre das unhöflich? Vielleicht war es ja ein lächerlicher Betrag, fünfzig Cent pro Stunde oder so? Sie musste mindestens siebzig Jahre alt sein, vielleicht sogar achtzig. Alte Leute hatten seltsame Vorstellungen vom Geld. Wie Dads Mom, nach der ich benannt war. Sie war etwas verrückt und redete ständig davon, wie viel heutzutage alles kostet. Wer konnte schon wissen, was diese alte Frau dachte?

    »Ich denke, das wäre prima, Mrs Bones...«, begann Mom.
    »Lenora!«, erwiderte sie mit Nachdruck.
    »Lenora. Aber ich weiß nicht, ob Svetlana bezahlt werden muss.«
    Was? Ich trat unter dem Tisch nach Mom, verfehlte sie aber.
    »Wenn es nur um wenige Stunden in der Woche geht, macht sie das sicher gern aus Spaß an der Freude. Stimmt’s, mein Schatz?« Mom nickte mir lächelnd zu.
    War sie nicht mehr bei Trost? Die alte Lady wollte mich bezahlen! Vermutlich würde sie sich so auch besser fühlen.
    »Oh nein, ich muss ihr etwas für die Mühe zahlen«, beharrte Mrs Bones. »Ich würde mich so auch besser fühlen.« Die alte Frau zwinkerte und tätschelte mir den Handrücken.
    Dad räusperte sich. »Das wäre eine gute Sache, Svetlana, oder?« Immerhin blieb er inzwischen zuverlässig bei Svetlana.
    »Sicher...«
    »Fantastisch.« Lenora Bones kratzte einen letzten Löffel Suppe aus ihrem Teller und schluckte ihn schlürfend. »Ich freu mich schon darauf.«
    Wir verabredeten uns für Samstagnachmittag. Mrs Bones dankte Mom und Dad überschwänglich für das
Essen und erhob sich etwas unsicher. Als ihre Knieund Hüftgelenke wie splitterndes Holz knackten, klappte ihr die Kinnlade zu einem erschrockenen O herunter. »Autsch!«, witzelte sie und riss die Augen in gespielter Überraschung auf. »Ein ruhender Körper neigt dazu, in Ruhe zu bleiben - vor allem mein altes Klappergestell«, meinte sie augenzwinkernd.
    Nachdem Mom sie zur Tür gebracht hatte, kehrte sie an den Tisch zurück. »Dieses alte Mädchen hat eine Wahnsinnsausstrahlung.«
    »Mhm«, pflichtete Dad ihr bei.
    »Ich glaube, es wird dir einen Riesenspaß machen, ihr etwas vorzulesen«, sagte Mom zu mir. »Es ist prima, dass du das tust, und ich bin sehr stolz auf dich.« Sie beugte sich runter und drückte mich. »Sollen wir mal sehen, wie die Kekse mit Milch zum Nachtisch schmecken?«
    Das hörte sich gut an. Der Duft von frisch Gebackenem, der vom Teller der alten Frau aufstieg, erfüllte das Zimmer. Mom nestelte die Folie herunter und brachte einen Haufen kreisrunder roter Kekse zum Vorschein.
    »Nun seht euch das an«, sagte Dad und nahm sich einen. »Genau wie du sie magst, Steph-, Svetlana.«

Sechstes Kapitel

    Am Mittwoch fehlte Dwight Foote, doch tags darauf saß er wieder zur ersten Stunde im Unterricht. Sein linker Arm steckte vom Daumen bis zum Ellbogen in Gips und hing in einer Schlinge an der Hüfte.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    Sandy Cross drehte sich um und sah Foote wütend an. Ihre Lippen waren verzogen, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Rosa Plastikhalbkugeln baumelten an ihren Ohren. Hingen da etwa noch Beinchen dran? Waren das Marienkäfer?
    »Frag die da«, sagte

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