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Die unterirdische Sonne

Die unterirdische Sonne

Titel: Die unterirdische Sonne
Autoren: Friedrich Ani
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nicht. Ich hasse das Dorf.
    Ich wollt da nicht hin, Linus auch nicht. Wir wollten in der Stadt bleiben, wo unsere Freunde waren, in Berg am Laim, in der Gegend. Aber unsre Mutter meinte, jetzt wär der Umzug noch möglich, weil ich in die Grundschule komm und mein Bruder in die höhere Schule, das passt. Uns hat niemand gefragt. Mein Vater war in Berlin auf der Baustelle. Das war schon immer so, dass er lieber in Berlin gearbeitet hat als in der Nähe von uns. Wahrscheinlich, weil er in Berlin geboren ist, in Ostberlin, sagt er immer, das ist ihm wichtig. Als er mal in München zu tun hatte, lernte er meine Mutter kennen, und die beiden haben sich verliebt und geheiratet. Nach Berlin umziehen wollte meine Mutter nicht, wegen ihrer Eltern, sagt sie, die leben auf dem Land und haben ihr Uhren- und Schmuckgeschäft. Und als die krank wurden, mussten wir umziehen. Wir sind wegen der Großeltern da rausgezogen. Gefragt hat uns niemand.
    Das ist so voll blöde da.
    Am Nachmittag kommt der Linus von der Schule aus der Kreisstadt. Er und mein Vater haben irgendwelche Probleme miteinander. Jedes Mal, wenn sie sich sehen, zoffen sie sich. Auch an dem Freitag. Beim Abendessen. Weiß nicht mehr, worum’s ging. Hab nicht hingehört, ich hör nie –
    – Filmriss wieder. Geht schon wieder. Das werd ich auch noch hinkriegen, dass uns nichts mehr stört –
    – Linus und mein Alter: Da sind sie, sie gehen gemeinsam in die Kneipe. Interessiert mich nicht. Ich bleib daheim in meinem Zimmer und spiel Computer. Meine Mutter will, dass ich weniger spiel und mehr lern, jetzt, wo ich auf dem Gymnasium bin und besser sein soll als mein Bruder. Bin sowieso besser als der Versager. Sie sind alle Versager. Wenn sie keine wären, wär ich nicht hier. Falsch! Das gehört nicht zum Film. Wegschmeißen –
    – Ich bin so blöde. Mein Alter und Linus gehen in den »Hirschen«. Da sitzen der Hofmann Benedikt und der alte Gruber. Sagt der Gruber zu meinem Alten: Mein Beileid. Sagt mein Alter: Was für Beileid? Sagt der Gruber: Sie schauen aus, als würden Sie von einer Beerdigung kommen. Sagt der Linus: Sauf weiter, Gruber. Sagt der Benedikt: Pass bloß auf. Sagt der Linus: Auf was? Sagt der Benedikt: Auf deine Zähne. Sagt der Linus: Ich schlag mich nicht mit Kindern. So war er schon immer, erst mal jeden provozieren. Der Hofmann Benedikt wiegt mindestens hundert Kilo und schaut aus wie ein Monster, er ist gelernter Schmied, glaub ich, die Bauern bringen ihre Pferde zu dem. Wenn der zuhaut und dich trifft, kannst du deinen Kopf vergessen, der haut dich platt wie ein Schnitzel. In der Nacht bin ich aufgewacht, als sie nach Hause gekommen sind und in der Küche Lärm gemacht haben.
    Am nächsten Morgen hör ich, wie mein Alter meine Mutter um Geld anschnorrt, zweitausend Euro will er von ihr haben.
    Sie: Hab ich nicht.
    Er: Euer Safe ist doch voll.
    Sie: Nein.
    Er: Ich brauch das Geld für ein neues Auto.
    Ich hab dann mein Müsli gegessen, und sie haben weiter diskutiert. Irgendwann fängt meine Mutter an zu heulen. Das ist mir so peinlich, dass ich raus in den Garten geh und mich vor den Zaun stelle und den Kühen zuschau, wie sie auf der Wiese rumstehen und scheißen. Was noch Blöderes fällt mir nicht ein. Und dann kommt Boss angelaufen und fletscht die Zähne.
    Boss ist der Schäferhund vom Riemer-Bauern, aber ich wette, dass in dem Hund nicht bloß ein Schäferhund steckt, sondern ein Monster und ein außerirdisches Wesen, das die Menschheit ausrotten will. Er ist so schwarz wie die Klamotten von meinem Alten, und wenn er bellt, klingt’s, als wär da noch ein zweiter Köter in ihm drin, der nicht rausdarf.
    Ich hass den Boss, er mich auch. Wir schauen uns an, und er bellt wie blöde, und ich geh einfach weg. Wenn ich eine Pistole hätt, würd ich ihn erschießen. Linus lacht mich aus, weil er denkt, ich hab Angst. Ich hab keine Angst vor dem Hund, ich möcht ihn nur killen. Aber vorher hetz ich ihn noch auf Linus, den Feigling.
    Den brauchen wir jetzt nicht.
    Nach dem Gespräch mit meiner Mutter fährt mein Alter mit seinem Schrottopel durch die Gegend. Meine Großeltern will er nicht besuchen, obwohl meine Mutter ihn darum gebeten hat. Kann ich verstehen, dass er da nicht hinwill. Mein Opa liegt den ganzen Tag im Bett, meine Mutter sagt, er ist ein Pflegefall, und meine Oma redet Sachen, die man nicht versteht. Deswegen macht meine Mutter das Geschäft allein und hat noch die Frau Lutz angestellt.
    Mein Alter fährt also durch die
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