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Die Unschuld der Rose

Die Unschuld der Rose

Titel: Die Unschuld der Rose
Autoren: Sarah Morgan
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abservieren.
    Warum, fragte er sich, hatte Grace Thacker nicht diesen Weg gewählt?
    Er unterdrückte seine ursprüngliche Absicht, sie mit seinen Informationen zu konfrontieren und das Meeting so schnell wie möglich zu beenden.
    Dadurch hätte er es ihr viel zu leicht gemacht. Zunächst hätte sie protestiert, getobt und alles abgestritten, bis sie einsehen musste, wie viel er wirklich wusste. Dann hätte sie Tränen eingesetzt und ihm Sex angeboten, um ihn von einer Anzeige abzuhalten. Auf jeden Fall würde sie ohne ihren Kredit nach London zurückfliegen. Ende der Geschichte.
    Aber er wollte nicht, dass die Geschichte endete.
    Sie sollte leiden. Sie sollte dieselben Sorgen und Unsicherheiten erfahren, in die sie andere gestürzt hatte.
    „Warum glauben Sie, ich könne nachts nicht schlafen?“ Ihre blauen Augen wirkten nun größer, ihre Nervosität war deutlich spürbar. „Meinen Sie, dass ich vor Sorge kein Auge zumachen kann. Weil ich nicht weiß, wie ich meine Schulden bezahlen soll, wenn Sie Ihr Geld sofort zurückverlangen?“
    Nein, das hatte er nicht gemeint. Trotzdem entschied er, sie vorerst in diesem Glauben zu lassen. „Machen Sie sich denn Sorgen?“
    „Natürlich.“ Sie versuchte es mit einem kleinen Lächeln, das unter seinem finsteren Blick in sich zusammenfiel. „Viele Menschen sind von mir abhängig. Aber man muss das aus seinem Kopf streichen, sonst wird man noch verrückt, oder?“
    Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und suchte nach Rissen in ihrer Fassade. Einem Zeichen dafür, dass sie eine menschliche Seite hatte. Irgendeinem Anzeichen von Reue. Doch da war nichts. Rafael entdeckte nur einen Ausdruck von Vorsicht, der darauf hindeutete, dass sie sein Verhalten für unvernünftig hielt. „Sie denken also nicht an andere Menschen?“
    „Nun, es ist schwer, das nicht zu tun, wenn man für ihr Einkommen verantwortlich ist. Dennoch weiß ich, dass man sich nicht von Gefühlen leiten lassen darf. Sonst müssen am Ende alle darunter leiden.“
    Wieder regten sich die quälenden Erinnerungen in ihm. Dieses Mal konnte er sie nicht zurückhalten.
    Er war acht Jahre alt gewesen. Acht Jahre alt und völlig allein. Hungrig. Verängstigt. Verloren in der Dunkelheit. Umgeben von bedrohlichen und fremden Geräuschen, die alle Gefahr bedeuteten.
    Kalter Schweiß brach ihm aus. Hastig stand Rafael auf und ging zu der Fensterfront hinüber, um die Schatten der Vergangenheit abzuschütteln.
    Als er sich wieder zu seiner Besucherin umwandte, zeigte seine Miene keinerlei Emotionen mehr. „Würden Sie sich als rücksichtslos beschreiben?“
    Sie lächelte. „Nein, das bin ich nicht. Und ich denke, das ist auch keine Voraussetzung, um in der Geschäftswelt Erfolg zu haben.“
    „Was ist denn mit hinterlistig und manipulierend?“, fragte Rafael in neutralem Tonfall. „Halten Sie diese Qualitäten für ausschlaggebend für unternehmerisches Vorwärtskommen?“
    „Ich verstehe nicht, wohin dieses Gespräch führen soll.“
    „Nein?“ In diesem Moment erkannte er, wie er weiter vorgehen wollte. Er würde ihr die Konsequenzen ihres Handelns persönlich zeigen. Sein Blick ruhte auf dem schicken Kostüm und den sexy Schuhen mit den hohen dünnen Absätzen. Oh ja, sie wird leiden .
    „Haben Sie einen Koffer gepackt, Miss Thacker?“
    „Warum?“
    „Ich möchte, dass Sie noch ein paar Tage bleiben … als mein Gast.“ Eilig schob er die Vorstellung beiseite, wie Miss Thacker sich nackt auf seinem weichen Gästebett rekelte. Nein, stattdessen sollte sie auf Stöckelschuhen, die für kurze Shoppingtrips gedacht waren, durch den Dschungel stolpern. „Es gibt ein paar Dinge, die ich Ihnen gerne zeigen würde.“
    Zum Beispiel Schlangen, Spinnen und mehr wilde Natur, als sie sich vorstellen konnte.
    Wieder warf sie ihm einen vorsichtigen Blick zu, nur dieses Mal noch wachsamer. „Eben haben Sie noch gesagt, ich hätte nur zehn Minuten. Warum laden Sie mich jetzt zum Bleiben ein?“
    „Entschlossenheit hat mich schon immer beeindruckt, Miss Thacker“, sagte er gedehnt und unterdrückte die Ironie in seiner Stimme. „Sie haben sich die zusätzliche Zeit wirklich verdient.“
    In ihren Augen flackerte Hoffnung auf. „Sie räumen mir mehr Zeit ein?“
    „Vorausgesetzt, Sie sind damit einverstanden, dass ich Ih nen die Magie des Regenwalds zeigen darf.“ Sein sanfter Tonfall schien keinerlei Alarmglocken bei ihr läuten zu lassen, denn sie schenkte Rafael ein warmes vertrauensvolles
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