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Die Uno

Die Uno

Titel: Die Uno
Autoren: Klaus Dieter Wolf
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Anspruch auf Beteiligung.
    Die partnerschaftliche Einbindung privater Akteure in die Aktivitäten des UN-Systems bestätigt und dementiert zugleich die Betrachtungsweise der UNO als ein horizontales Verhandlungssystem. Denn im Unterschied zu der mit diesem Rollenverständnis einhergehenden Beschreibung der UNO als einer internationalen Institution zur Verfügung der Staaten markiert die Öffnung gegenüber Gesellschaft und Wirtschaft auch den Übergang von
international governance
zu
global governance
im Rahmen der Vereinten Nationen. Strukturell findet dieser Übergang derzeit noch in einer sehr wildwüchsigen und unübersichtlichen Form statt. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass es noch keine, der bereits mehrfach zitierten Losung «Ein Land – eine Stimme» vergleichbare einfache Formel dafür gibt, wie Multi-Stakeholder-Institutionen zusammengesetzt sein sollten.
    Allerdings ist im Rahmen der UNO in Gestalt der ILO bereits ein traditionsreiches Modell dafür vorhanden, wie sich die Mitwirkung anerkannter «Anwälte» von gesellschaftlichen Betroffeneninteressen organisieren lassen könnte. Ähnlich, wie sich das innerstaatlich an korporatistischen Strukturen beobachten lässt, in denen gesellschaftliche Großverbände von der Regierung institutionell in die Formulierung und Umsetzung politischer Entscheidungen eingebunden werden, folgt auch die ILO einem Partizipationsmodell, das Regierungsvertreter und Verbändevertreter mit gleichen Rechten versieht. Dabei sind die aufdem Sektor Arbeitsbeziehungen als relevant betrachteten Stakeholder, die nationalen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen, nicht nur vollständig, sondern auch mit gleichem Entscheidungsrecht wie die Regierungen vertreten. Als ein generelles Modell zur Öffnung aller Organe und Organisationen der Vereinten Nationen gegenüber gesellschaftlichen Beteiligungsansprüchen setzt die ILO mit ihrem korporatistischen Konzept allerdings einen sehr hohen Organisationsgrad und eine ebenso hohe Verpflichtungsfähigkeit der jeweiligen Interessenorganisationen gegenüber ihren Mitgliedern voraus, die es bisher in den wenigsten Politikbereichen auf der internationalen Ebene gibt. Aber beispielsweise könnte man sich eine nach dem Muster der ILO öffentlich-privat zusammengesetzte internationale Umweltorganisation durchaus vorstellen.
3. Was wird aus der UNO?
    Welchen Weg wird die Reform des UN-Systems gehen? Lassen die kursierenden Reformüberlegungen so etwas wie eine integrierende institutionelle Leitidee und eine einheitliche Entwicklungsrichtung erkennen? Die meisten institutionellen Reformansätze können dem Ziel einer Stärkung der operativen und der regulativen Effizienz und Effektivität der Problemlösungskapazitäten der UNO zugeordnet werden und stellen jedenfalls keine Schritte zur Errichtung einer Weltregierung dar. Auch institutionelle Innovationen wie die internationalen Strafgerichtshöfe eignen sich bei näherem Hinsehen in geringerem Maß als vermutet als Belege für einen supranationalen Reformkurs. Angesichts der Diskussion um die Reform des Sicherheitsrats, die sich unverkennbar unter den Vorzeichen von Machtgewinn und Machtverlust abspielt, wäre es aber möglicherweise vorschnell, den «Sieg» im Wettbewerb der konkurrierenden Deutungsangebote dem Rollenverständnis der UNO als einem horizontalen Verhandlungssystem zuzuerkennen. Zwischen der Annan-Initiative zu einer partnerschaftlichen Einbindung auch der nichtstaatlichen Stakeholder und damit zur Positionierung der Vereinten Nationen als dem institutionellen Rückgrat von
global governance
aufder einen Seite und der noch ausstehenden Reaktion der Staatenwelt darauf auf der anderen Seite tut sich ein Spannungsverhältnis auf, dessen Ergebnis noch nicht abzusehen ist.
    Betrachtet man das System der Vereinten Nationen als das einzige zur Verfügung stehende universale und alle Politikbereiche umfassende institutionelle Angebot zur gemeinsamen politischen Bearbeitung grenzüberschreitender Probleme im Weltmaßstab, dann erscheint die Einbindung privater Akteure als die einzig sachgerechte Antwort auf immer enger begrenzte staatliche Handlungsmöglichkeiten und damit zugleich als die zukunftsträchtigste aller Überlebensstrategien für die Vereinten Nationen. Mit einer Demokratisierung der UNO darf aber eine sich allein auf Effektivitätsüberlegungen gründende Öffnung nicht verwechselt werden. Von ihr würden nur diejenigen wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Gruppen
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