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Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Titel: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)
Autoren: John Boyne
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langen Reihe von Wolkenkratzern und den Hotels dazwischen zu blicken. Rechts erhob sich stolz die Harbour Bridge, die das nördliche Sydney mit dem historischen Viertel The Rocks verband. Dorthin schaute sie nun und beobachtete die Fahnen im Wind. Sie holte tief Luft, und einen Augenblick lang war sie fast mit dem Leben versöhnt.
    »Guten Morgen, Eleanor!«, rief da Mr Chappaqua, ein ehemaliger Zwanzig-Kilometer-Geher, der bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal den vierten Platz gemacht hatte. Er kam ihr jeden Tag um diese Zeit aus der Beulah Street entgegen, wo er immer seinen morgendlichen Gesundheitsspaziergang begann, und auch jetzt watschelte er wacker voran, wie eine Ente mit Baseball-Mütze, die Ellbogen eng an den Körper angelegt. »Guten Morgen, Captain W. E. Johns!«
    Doch dann wanderte sein Blick aufwärts, und als er Barnaby über Eleanor schweben sah, verschwand seine heitere Miene augenblicklich. Mr Chappaqua war in Sydney geboren und aufgewachsen. Er war sehr stolz auf seine Stadt, auf ihre Einwohner und ihre eleganten Traditionen. Vor ein paar Jahren hatte er sich sogar um einen Sitz im Parlament beworben – auch hier war er wieder auf dem undankbaren vierten Platz gelandet –, und er schrieb bis heute regelmäßig Leserbriefe an den Sydney Morning Herald , in denen er sich über alles beschwerte, was nicht seinen Ansprüchen entsprach, die ungewöhnlich hoch waren.
    »Ihr Junge schwebt, Mrs Brocket!« Er war so entsetzt, dass er die vertraute Anrede mit dem Vornamen nicht beibehalten konnte. »Er schwebt !«
    »Ach, tatsächlich?« Eleanor blickte nach oben, als wäre sie völlig überrascht.
    »Aber Sie wissen das doch! Sie haben ihn an der Leine! Ist das die Zukunft, die Sie anstreben, Mrs Brocket? Ist Sydney, die schönste Stadt der Welt, so tief gesunken?«
    Eleanor öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, aber ihr fiel kein Argument ein, mit dem sie das Verhalten ihres Sohnes rechtfertigen könnte. Mr Chappaqua konnte vor Empörung nur noch wie ein aufgescheuchter Wolf knurren und eilte dann schnurstracks nach Hause zu Mrs Chappaqua, die sofort eine Theorie aufstellte und sagte, wo es einen gab, der so etwas machte, da gab es mit Sicherheit noch andere, und bestimmt würde in kürzester Zeit ganz Sydney von solchen widerwärtigen Wesen überrannt werden.
    Eleanor fühlte sich durch diese Begegnung sehr gedemütigt, aber Barnaby war von den wunderschönen neuen Eindrücken so begeistert, dass ihn das nicht weiter kümmerte. Er schaute hinunter auf Captain W. E. Johns, der entzückt mit dem Schwanz wedelte, weil er die Freude seines Herrchens spürte. Barnaby blinzelte ins helle Morgenlicht, die Sonne wurde vom Wasser reflektiert und ließ unzählige kleine Regenbogen aus den Wellen aufblitzen. Er sah eine Fähre, die vom Circular Quay am Hafen in einem großen Bogen zur Neutral Bay schipperte, einem Außenbezirk im Norden, und da wünschte Barnaby sich sehnlichst, er könnte an Bord gehen, weil er wissen wollte, was es an den weiter entfernten Orten zu sehen gab, die er noch nie besucht hatte.
    »Ich wusste doch, dass das keine gute Idee ist«, zeterte Eleanor, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Jetzt sind wir das Stadtgespräch. Je schneller ich dich wieder ins Haus bringe, desto besser.«
    Aber auf dem Rückweg begegneten sie noch einem Nachbarn, das heißt, eigentlich zwei Nachbarn. Sie hießen Joe und Alice Moffat und waren irgendwelche hohen Tiere in der Computerindustrie. Die beiden unterhielten sich munter, während sie Hand in Hand die Straße entlangschlenderten, aber sobald sie Eleanor, Barnaby und Captain W. E. Johns sahen, verstummten sie vor Staunen und glotzten mit offenem Mund.
    »Das muss ich unbedingt fotografieren!«, rief Joe Moffat, holte sein Smartphone aus der Tasche und richtete es auf Barnaby. Joe war ein ungepflegter junger Mann, der immer einen Dreitagebart hatte und nur T-Shirts und kurze Hosen trug und dazu Flipflops an den Füßen, obwohl er angeblich mindestens eine Milliarde Dollar schwer war. »Hey, Mrs Brocket! Stehen Sie doch kurz mal still, bitte. Ich möchte gern ein Foto von Ihrem Jungen machen.«
    »Ich denke nicht dran, still zu stehen, Sie degenerierte Bestie!«, schrie Eleanor ihn an und rannte an ihm vorbei. Weil sie so schnell lief, stieß sie fast seine Frau um, und Barnaby schlug eine regelrechte Windböe entgegen, die so stark war, dass seine Haare nach hinten geweht wurden und
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