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Die Un-Heilige Schrift

Die Un-Heilige Schrift

Titel: Die Un-Heilige Schrift
Autoren: Helmuth Santler
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andere ist reine Erfindung: Der Franzose Pierre Plantard hatte in den 1950er-Jahren einen Verein namens Prieuré de Sion ins Leben gerufen und begonnen, systematisch „historische“ Dokumente (plus den dazu gehörigen Echtheitszertifikaten) zu fälschen, die immer wieder auf eine rätselhafte Geheimgesellschaft mit dem Vereinsnamen hindeutete. Das Ziel des wegen Betrugs und Unterschlagung rechtskräftig verurteilten Plantard bestand darin, seinen guten Namen wiederherzustellen – indem er sich selbst zur geheimen Nachkommenschaft der Merowinger und damit zum Angehörigen des Hochadels in einer Reihe mit etwa Otto von Habsburg erklärte. Er legte sich den Namensbestandteil „de Saint-Clair“ zu und ließ sich mit „Eure Majestät“ anreden.
Je dicker die Lüge, desto glaubwürdiger
    In der (berechtigten) Annahme, eine Lüge wäre umso glaubwürdiger, je dicker sie aufgetragen wurde, erstellte Plantard eine frei erfundene Liste der „Großmeister“ der die Blutlinie der Merowinger geheim haltenden Gesellschaft, in der u. a. Victor Hugo, Isaac Newton und Leonardo da Vinci auftauchen. Zum amtierenden „Großmeister“ machte sich Plantard selbstverständlich selbst.
    1989 flog der Schwindel auf: Einer der angeblichen „Großmeister“ war unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen und die Polizei verhörte Plantard als Verdächtigen; unter Eid sagte er aus, dass alles reine Erfindung sei – inklusive den in seinem Haus aufgefundenen „Dokumenten“, die ihn als den „wahren König von Frankreich“ auswiesen.
    Der Mythos hatte sich jedoch bereits verselbstständigt, nicht zuletzt durch die Publizität des Lincoln-Baigent-Leigh-Buches, die die sensationellen „Enthüllungen“ durch die Plantard-Dokumente nur allzu gerne glauben wollten und denen Baigent die letzte wichtige Zutat beigemengt hatte: Er hatte eine „historische“ Heiratsurkunde von Jesus und Maria Magdalena „entdeckt“, die nicht nur die Existenz der Blutlinie Jesu „belegte“, sondern auch zuordnete. Es handle sich – und damit schließt sich der Kreis – um eben jene sagenumwobenen Merowinger, denen auch Herr Plantard so nahe stand. Warum hätte man auch sonst ein ganzes Geschlecht verbergen sollen.
    Juristisches Eigentor
    So abstrus das Ganze auch ist – spannende Rätselrallyes in Kombination mit möglichst weltumspannenden Verschwörungstheorien sind im Moment einfach „angesagt“. Dan Brown hat die Sache am besten verpackt und wurde zum Multimillionär, der uns eine perfekt gemachte Illusion in der Form verkaufte, die heutzutage quasi-religiöse Verehrung genießt, als wissenschaftlich getarnt.
    Wie nahe Wissenschaft und Glaube einander in Wahrheit sind, wird klar, wenn man die Inbrunst betrachtet, mit der die Faktenfiktion von Dan Brown als Wahrheit verteidigt wird – und wie wenig wirkliche Fakten nützen, wenn sie nicht geglaubt werden wollen.
    Glücklicherweise liefern uns Baigent und Leigh selbst den überzeugendsten Beweis dafür, dass es sich bei all ihren Machwerken um reine Spekulation handelt: Sie hängten Dan Brown nämlich eine Plagiatsklage an.
    Plagiiert kann aber nur werden, was persönlich geschaffen worden ist; für die Darstellung eines historischen Sachverhalts gibt es keinerlei Copyright. Die Klage wurde übrigens abgewiesen – Dan Brown hat nicht einfach abgeschrieben, sondern nachgedichtet. Und das schafft ein neues Werk.

Maria Magdalena – der Mythos
    Hail Mary Magdalene, the Lord has wed thee. Blessed art thou among women, and blessed is the fruit of thy womb and Jesus. Holy Mary, mother of kings, give aid to us seekers now and in the hour of our need. (northernway.org/school/omm.shtml)
(Heil dir, Maria Magdalena, der Herr hat dich geheiratet. Du bist gesegnet unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes und Jesus. Heilige Maria, Mutter der Könige, steh uns Suchenden bei, jetzt und in der Stunde unserer Not.)
    Soweit das Gebet des Order of Mary the Magdalene , der sich selbst als esoterischer christlicher Orden bezeichnet.
Das MM-Bild – ein Spiegel des allgemeinen Frauenbilds
    Das Bild, das sich die christliche Glaubensgemeinschaft durch die Jahrhunderte von der wichtigsten Frauenfigur der Bibel machte bzw. machen sollte, war immer und vor allem ein Spiegelbild für die Situation der Frau in der Gesellschaft. Wäre es streng nach dem Buch der Bücher gegangen, hätte Maria Magdalena und mit ihr allen Frauen eine weitaus bedeutendere und machtvollere Rolle in der Christenheit
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