Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts
Autoren: Roger Zelazny
Vom Netzwerk:
Straße, spät in der Nacht. Daran erinnerte er sich.
    Er warf den Sand dem Wesen ins Gesicht.
    Es schwankte einen Augenblick, hob die Hände zu dem, was sein Gesicht sein mochte.
    Er biß die Zähne zusammen, riß den Aluminiumbolzen aus der Schulter und trieb ihn dem Wesen in den Leib.
    Etwas berührte ihn hinten am Hals, dann war Dunkelheit um ihn herum, und er blieb lange reglos liegen.
    Als er sich wieder bewegen konnte, griff er erneut die dunkle Gestalt an, die immer noch vor ihm stand.
    Er verfehlte sie, spürte einen entsetzlichen Schmerz im Rücken, fühlte etwas Feuchtes.
    Als er wieder stand, brüllte er: „Das könnt ihr mit mir nicht machen! Ich bin ein Mensch! Kein Stier!“
    Applaus.
    Sechsmal rannte er auf das dunkle Ding los, versuchte es zu fassen, es zu halten, ihm weh zu tun. Und jedesmal tat er sich selbst weh.
    Dann stand er da, stöhnte und keuchte. Seine Schultern schmerzten, sein Rücken schmerzte, aber sein Geist war einen Augenblick klar, und er sagte: „Du bist Gott, nicht wahr? Und du willst das Spiel so haben …“
    Das Wesen gab keine Antwort, und er griff erneut an.
    Kurz vor ihm hielt er inne, kniete nieder und warf sich gegen seine Beine.
    Er spürte einen schrecklichen Schmerz in seiner Seite, als er den Dunklen zu Boden riß. Zweimal schlug er mit seinen Fäusten nach ihm, dann schoß der Schmerz auch durch seine Brust, und er spürte, wie Benommenheit ihn umfing.
    „Bist du es wirklich?“ fragte er mit dicken Lippen. „Nein, du bist es nicht … wo bin ich?“
    Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war, wie etwas ihm die Ohren abschnitt.

 
    Liebe ist eine imaginäre Zahl
    (Love Is an Imaginary Number)
     
    Sie hätten wissen müssen, daß sie mich nicht auf immer in Fesseln würden halten können. Wahrscheinlich wußten sie das auch, und deshalb war Stella immer da.
    Ich lag da und starrte zu ihr hinüber, den Arm über ihrem Kopf ausgestreckt, das schlafende Gesicht von blondem Haar gerahmt. Sie war mir mehr als meine Frau: Sie war meine Bewacherin. Wie blind von mir, dies nicht früher erkannt zu haben!
    Aber was hatten sie mir sonst noch angetan? Sie hatten mich vergessen gemacht, was ich war.
    Weil ich wie sie war, aber keiner von ihnen, hatten sie mich an diese Zeit und diesen Ort gekettet.
    Sie hatten mich vergessen gemacht. Mit Liebe hatten sie mich festgenagelt.
    Ich stand auf, und die letzten Ketten fielen von mir ab.
    Ein vereinsamter Mondstrahl fiel auf den Boden der Schlafkammer. Ich trat durch ihn hindurch, an die Stelle, wo meine Kleider hingen.
    In der Ferne erklang schwache Musik. Das war es, was dazu geführt hatte. Es lag so endlos lang zurück, daß ich jene Musik gehört hatte …
    Wie hatten sie mich in die Falle gelockt?
    Jenes kleine Königreich, vor endlosen Zeiten, wo ich das Schießpulver eingeführt hatte – ja! Das war der Ort! Dort hatten sie mich festgehalten, mit meiner Mönchskapuze, von anderen gemacht, und meinem klassischen Latein.
    Und dann die Gehirnwäsche und die Fesseln, an dieses Anders-Wann.
    Ich lachte leise glucksend, während ich mich ankleidete. Wie lange hatte ich an diesem Ort gelebt? Fünfundvierzig Jahre, sagte mir meine Erinnerung – aber wieviel davon war gefälscht?
    Der Spiegel im Flur zeigte mir einen Mann in mittleren Jahren, etwas korpulent, mit dünner werdendem Haar, bekleidet mit einem roten Sporthemd und schwarzen Hosen.
    Die Musik wurde lauter, die Musik, die nur ich hören konnte: Gitarren, und das gleichmäßige Dröhnen einer ledernen Trommel.
    Mein anderer Trommler, fürwahr! Paart mich mit einem Engel, und doch macht ihr keinen Heiligen aus mir, meine Genossen!
    Ich machte mich wieder jung und stark.
    Dann stieg ich die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, trat an die Bar, schenkte ein Glas Wein ein und trank davon, bis die Musik ihre volle Intensität erreichte, und goß dann den Rest hinunter und zerschmetterte das Glas auf dem Boden. Ich war frei!
    Ich wandte mich zum Gehen, und dann war oben ein Geräusch zu hören.
    Stella war erwacht.
    Das Telefon klingelte. Es hing an der Wand und klingelte und klingelte, bis ich es nicht länger ertragen konnte.
    Ich nahm den Hörer ab.
    „Du hast es wieder getan“, sagte jene alte, vertraute Stimme.
    „Gib nicht der Frau die Schuld“, sagte ich. „Sie konnte mich nicht die ganze Zeit bewachen.“
    „Es ist besser, wenn du gleich bleibst, wo du bist“, sagte die Stimme. „Das erspart uns beiden viel Mühe und Ärger.“
    „Gute Nacht“, sagte ich und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher