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Die Tuer zur Zeit

Die Tuer zur Zeit

Titel: Die Tuer zur Zeit
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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entschuldigen solltest?«
    Die Tür auf der Fahrerseite ging auf. Ein Mann in
einem eleganten grauen Nadelstreifenanzug stieg aus. Er
hatte ein vernarbtes Gesicht und sah alles andere als sympathisch aus. Steif verbeugte er sich und murmelte dabei
ein paar unverständliche Sätze, die sich für Rick nicht
wirklich wie eine Entschuldigung anhörten, sondern eher
wie: »Wenn ich dich irgendwo alleine antreffe, bist du ein
toter Mann!«
    »Brav, Manfred«, lobte ihn die Frau mit dem betörenden Parfüm vom Rücksitz aus. »Jetzt kannst du dich
wieder ans Lenkrad setzen. Also, Liebling, nochmals, es
tut uns wirklich ganz furchtbar leid ...«

    Der orangefarbene Handschuh fuhr zum Abschied
durch die Luft. Dann schloss sich das Fenster. Manfred
legte den Gang ein und fuhr mit quietschenden Reifen an.
    Ich fass es nicht, dachte Rick, bevor er wieder aufs Rad
stieg, sie hat mich Liebling genannt.

    Sobald die Straße flach wurde, legte Rick einen Sprint
ein und flog förmlich durch das Parktor der Villa. Hier
und da lagen zwischen den alten, majestätischen Bäumen,
den Blumenbeeten und Wegen Nestors Gartengeräte verstreut, als wäre er bei der Arbeit unterbrochen worden.
Quer vor dem Haus stand die schwarze Limousine, die
ihn beinahe überfahren hätte.

    Plötzlich fühlten sich Ricks Mund und seine Kehle wie
Sandpapier an: Die Frau mit den orangefarbenen Handschuhen stand neben dem Gärtner von Villa Argo und
fuchtelte wild mit den Händen herum, wie bei einem heftigen Streit.
    Nestor dagegen war die Ruhe selbst und beschränkte
sich darauf, ab und zu den Kopf zu schütteln wie jemand,
der sich für etwas entschuldigte, für das er nicht verantwortlich war.
    Rick hielt an. Als die Diskussion beendet war, richtete
die Frau ihren rechten Zeigefinger auf Nestor und stieß
ein drohendes »Wir werden uns wiedersehen!« aus.
    Dann sprang sie ins Auto und schlug die Tür zu. Manfred ließ den Motor aufheulen und wendete so schnell,
dass die Kieselsteine in alle Richtungen flogen.
    »Sie hören demnächst von mir!«, rief die Rothaarige,
als das Auto zum zweiten Mal gefährlich nahe an Rick
und seinem Fahrrad vorbeiraste.
    Der Junge sah dem Wagen hinterher. Dann radelte er
gemächlich die Auffahrt hinauf. Nestor kehrte wütend
den Kies vom Gehweg.
    »Eine Frau, die weiß, was sie will, was?«, sagte Rick, als
er auf Höhe des Gärtners war.
    Nestor blickte erschrocken auf und warf ihm einen
wütenden Blick zu. Als er sah, wer vor ihm stand, fing
er jedoch an zu lächeln. »Oblivia Newton? Junge, vergiss
sie gleich wieder. Das ist am besten.« Dann atmete er einmal tief durch. »Du musst Rick Banner sein«, sagte er.

    »Ich weiß, dass Jason und Julia auf dich warten. Sie sind
irgendwo im Haus ...«
    Rick wagte einen schüchternen Blick Richtung Eingangstür.
    »Steigst du gelegentlich auch mal von dem Fahrrad
ab?«, fragte Nestor schmunzelnd, als er merkte, dass Rick
zögerte. »Die Zwillinge sind drinnen, geh einfach rein.«
Dann hinkte er davon, um sich die Furchen genauer anzusehen, die die Autoreifen im Kies hinterlassen hatten.
    »Okay, danke!«, rief Rick ihm zu. Er stieg ab, klappte
den Fahrradständer aus und betrat die Treppe. Er hatte
die Haustür noch nicht erreicht, als sein Rad scheppernd
zu Boden fiel. Rick zuckte zusammen und drehte sich
um. Erst jetzt merkte er, dass sich der Fahrradständer
beim Sturz in den Straßengraben verbogen hatte. Leise
fluchend machte er auf dem Absatz kehrt und lehnte
das Rad an eine niedrige Mauer. Nestor war nirgends zu
sehen. »Er hinkt ganz schön schnell«, murmelte Rick leise
vor sich hin.
    Dann ging er ins Haus.



Das erste Zimmer, das Rick durch einen Säulengang betrat, war eine Mischung aus Bibliothek
und Wohnzimmer. Drei große Fenster auf der
Meerseite ließen viel Licht herein. Auf Regalbrettern entlang der Wände stapelten sich Bücher und Zeitschriften.
Auf einem Tisch mit einer dicken Glasplatte lagen Zeitungen. Die lebensgroße Statue einer Frau, die ein Fischernetz flickte, nahm die Raummitte ein. Mit träumerischem
Blick schien die Fischerin aufs Meer hinauszuschauen.
    »Schön, nicht wahr?«, vernahm er auf einmal Jasons
Stimme hinter sich.
    »Hi!«
    »Hi!« Jason knuffte Rick gegen die Schulter und zeigte
auf die Statue. »Mam hat mir erzählt, dass man sie hier
nicht raustragen kann.«
    »Warum denn nicht?«
    »Der alte Besitzer wollte das nicht.« Jason strich über
das Bronzenetz, das um die Knie der
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