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Die Tuer zur Zeit

Die Tuer zur Zeit

Titel: Die Tuer zur Zeit
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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hätte. Zum allerersten Mal in ihrem Leben verspürte
Mrs Covenant beim Betreten eines Hauses nicht das
Bedürfnis, die Möbel umzustellen.
    »Sag mir, dass das kein Traum ist«, raunte sie ihrem
Mann zu.

    Er antwortete nicht, sondern drückte stattdessen ihre
Hand.
    Es war also wahr: Sie hatten dieses Haus tatsächlich
gekauft.
    Sie gingen durch einen Säulengang in einen kleinen
Salon mit einem Gewölbe. Dieser war aus unverputztem
Stein und wirkte sehr elegant und sehr, sehr alt. In die östliche Wand war eine Tür aus dunklem Holz eingelassen.
    »Dies ist eines der ältesten Zimmer«, erklärte der
Gärtner stolz. »Über tausend Jahre alt. Es stammt aus der
Zeit, als hier noch eine Burg stand. Seither wurde in dem
Raum kaum etwas verändert. Mister Moore, der ehemalige Besitzer, ließ lediglich die Fenster abdichten und
Stromleitungen legen.« Mit einer Handbewegung wies
er zu dem Kronleuchter, der tief von der Gewölbemitte
herunterhing.
    »Jason wird begeistert sein«, sagte Mr Covenant.
    »Sie haben zwei Kinder, nicht wahr?«, fragte der Gärtner an Mrs Covenant gewandt.
    »Ja, einen Jungen und ein Mädchen, beide elf Jahre
alt«, antwortete diese. »Es sind Zwillinge.«
    »Und ich nehme an, dass sie intelligent sind, fröhlich
und quicklebendig. Und dass sie sich darauf freuen, an
einem Ort zu leben, der vom Rest der Welt völlig abgeschnitten ist und an dem es keinen Internetanschluss
gibt.«
    Mrs Covenant starrte ihn verwundert an. »Na ja, ich
denke schon«, erwiderte sie zögernd. »Ich, als Mutter,
sollte das vielleicht nicht sagen, aber ... ja, sie sind sehr
selbstständig ...« Sie stellte sich einen Augenblick lang
Jason vor, wie er fasziniert auf einen Computermonitor
starrte, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube, dass
sie auch ohne Internet gerne in einem Haus wie diesem
leben werden.«
    »Hervorragend, wirklich ausgezeichnet!« Der Gärtner
nickte. »Wenn der Dame das Haus gefällt, können wir
unser Geschäft also als abgeschlossen betrachten.«
    Mr Covenant erklärte seiner Frau, Ulysses Moore habe
sich gewünscht, dass sein Haus an eine junge Familie mit
mindestens zwei Kindern gehe.
    »Er wollte, dass das Haus stets von Leben erfüllt ist«,
fügte der Gärtner hinzu, der sich anschickte, sie wieder
aus dem steinernen Zimmer hinauszuführen. »Er sagte,
ein Haus ohne Kinder sei ein totes Haus.«
    »Damit hatte er wohl recht«, pflichtete Mrs Covenant
ihm bei. Bevor sie den Raum verließ, drehte sie sich noch
einmal um und betrachtete die dunkle Holztür, die ihr
schon beim Betreten des Raums aufgefallen war. Das Holz
war an einigen Stellen versengt und hatte tiefe Kratzer
und Kerben. »Was ist mit dieser Tür passiert?«, fragte sie.
    Nestor blieb stehen und schüttelte den Kopf. »Ach,
wissen Sie«, murmelte er, »tun Sie lieber so, als hätten Sie
sie nie gesehen. Ihr ist schon alles Mögliche zugestoßen,
seit die Schlüssel verloren gegangen sind. Mister Moore
hat auf die unterschiedlichsten Arten versucht sie aufzubekommen, aber vergeblich.«

    »Und wo führt sie hin?«
    Der Gärtner zuckte mit den Schultern. »Wer weiß?
Vielleicht kam man durch sie früher zur alten Wasserzisterne, die es heute, glaube ich, gar nicht mehr gibt.«
    Mrs Covenant strich mit der Hand über das narbige
Holz. Plötzlich fand sie die Tür beunruhigend. »Es wäre
vielleicht besser, etwas davorzustellen, damit die Kinder
nicht auf die Idee kommen, sie öffnen zu wollen.«
    »Sehr richtig«, murmelte der Gärtner, während er
vor ihr aus dem Zimmer hinaushinkte. »Wer weiß, was
sonst alles passieren könnte!« Das Lächeln, das über sein
Gesicht huschte, konnte Mrs Covenant nicht sehen.



Jason blieb bewegungslos am Fuß der Treppe stehen
und lauschte. Er spürte einen leichten Luftzug und
bekam eine Gänsehaut. Ein Geräusch drang zu ihm herunter. Es klang so, als würde jemand im Zimmer über ihm auf und ab gehen. Doch dort konnte niemand sein,
da war er sich sicher. Und das Poltern kam ganz bestimmt
nicht von den Möwen auf dem Dach, den Smaragdeidechsen, die an den efeubewachsenen Mauern lebten oder den
Mäusen auf dem Speicher.
    Jason biss auf seine Unterlippe und überlegte. »Du bist
also oben«, murmelte er, als sei dort jemand, der ihn zum
Kampf herausgefordert hatte.
    War den anderen wirklich nichts aufgefallen? Konnte
es sein, dass weder sein Vater noch seine Mutter oder
seine Schwester ahnten, dass in dem riesigen Haus außer
ihnen
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