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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott
Autoren: John Dickson Carr
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haben gesagt, es würde niemals funktionieren, auch wenn Sie ein Gesicht dazu machten, als könnten Sie mich dafür umbringen, an Ihr Ziel zu kommen. Ich selber habe damals gewiß nicht vorgehabt, es wirklich zu versuchen; Sie schon, und das ist das Interessante daran. Ich habe Ihnen alles über mich erzählt. Alles, was Sie brauchten. ›Wenn du meine Tante So-und-so und meinen Vetter Dies-und-das triffst, das mußt du ihm dann erzählen‹, ich habe alles ausgeplaudert, denn ich konnte ja nicht ahnen, daß ich es einmal bereuen müßte. Damals habe ich Sie für einen Feigling gehalten, und das tue ich bis heute. Sogar mein Tagebuch habe ich Ihnen gezeigt. Ich habe immer ein Tagebuch geführt, aus dem einfachen Grunde, daß es keinen Menschen auf der Welt gab, mit dem ich reden konnte. Ich tue es bis heute.« Der Herausforderer blickte beinahe drollig auf. »Denkst du noch an mich, Patrick? Erinnerst du dich an die Nacht, als die  Titanic  unterging?«
    Eine Pause trat ein.
    Farnleighs Gesicht zeigte keinerlei Wut – nur schiere Verblüffung.
    »Ich kann es nur wiederholen«, sagte er. »Sie sind verrückt.«
    »Ich will«, fuhr der andere bedachtsam fort, »Ihnen genau berichten, was ich tat, als wir auf den Eisberg aufliefen. Ich saß in der Kabine, die ich mit dem alten Murray teilte; Murray war im Rauchsalon und spielte Bridge. In seiner Manteltasche hatte er ein Fläschchen Brandy, und ich hatte mir gerade einen Schluck genehmigt, weil mir an der Bar keiner ausgeschenkt wurde.
    Von dem Aufprall habe ich kaum etwas gespürt; ich würde vermuten, daß es den meisten so gegangen ist. Es gab einen leichten Ruck, kaum soviel, daß ein volles Cocktailglas übergeschwappt wäre, und dann stoppten die Maschinen. Ich bin überhaupt nur nach draußen gegangen, weil ich wissen wollte, warum die Maschinen gestoppt hatten. Meine erste Ahnung, was geschehen war, bekam ich, als Stimmen näher kamen und lauter wurden, und dann lief schreiend eine Frau vorbei, eine blaue Steppdecke um die Schultern gewickelt.«
    Zum erstenmal zögerte der Herausforderer.
    »Davon nichts weiter«, sagte er, breitete die Hände und faltete sie wieder. »Ich will keine alten Geschichten aufwärmen. Nur eines, und das möge Gott mir verzeihen, auch wenn ich damals noch ein Kind war: Ich habe es genossen. Ich fürchtete mich nicht im mindesten. Ich war begeistert. Es war etwas ganz Besonderes, etwas, was einem das tägliche Einerlei des Lebens vertrieb, und das waren ja die Dinge, nach denen ich stets auf der Suche war. Und meine Begeisterung war so groß, daß ich mich bereit erklärte, mit Patrick Gore die Identität zu tauschen. Der Entschluß schien plötzlich zu kommen, obwohl ich mir denken könnte, daß ich in meinem Innersten schon länger dazu bereit war.
    Ich ging zu Gore – zu Ihnen«, verbesserte sich der Sprecher und betrachtete seinen Gastgeber mit fester Miene, »auf das B-Deck. Sie hatten all Ihre Besitztümer in einem kleinen Weidenkoffer bei sich. Sie erklärten mir mit ruhigen Worten, daß das Schiff untergehe, und es werde rasend schnell gehen; wenn ich wirklich mit Ihnen tauschen wolle, könne es in dem Durcheinander geschehen, oder der Überlebende von uns beiden könne es auch allein tun. Was ist mit Murray? fragte ich. Sie haben gelogen; Sie sagten, Murray sei über Bord gegangen und nicht mehr am Leben. Ich träumte davon, ein großer Zirkusartist zu werden, und so vollzogen wir den Tausch. Kleider, Papiere, Ringe, alles. Ich habe Ihnen sogar mein Tagebuch gegeben.«
    Farnleigh blieb stumm.
    »Danach«, fügte der Herausforderer ohne jeden Wechsel im Tonfall hinzu, »haben Sie gute Arbeit geleistet. Wir waren beide soweit, daß wir zu den Rettungsbooten laufen konnten. Sie warteten, bis ich Ihnen den Rücken zudrehte, dann holten Sie den Holzhammer hervor, den Sie dem Steward gestohlen hatten, und versetzten mir einen Hieb auf den Hinterkopf, und mit drei Schlägen wollten Sie die Sache zu Ende bringen.«
    Noch immer blieb Farnleigh stumm. Molly war von ihrem Stuhl aufgesprungen, doch auf eine Handbewegung von ihm setzte sie sich wieder.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch«, fuhr der Herausforderer mit einer Geste fort, als wische er Staub vom Tisch, »ich will Ihnen das nicht vorhalten. Das ist fünfundzwanzig Jahre her, und Sie waren damals noch ein Junge – auch wenn ich mich frage, was für eine Art Mann aus dem Jungen wohl geworden ist. Ich galt ja selbst als übler Bursche. Durchaus denkbar, daß Sie mich
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