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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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war, wenn Gefahr drohte.
    Doch da spuckte Bul den Pferdemist aus. Er holte tief Luft und sah dem Kretter in die Augen.
    »Trollbrut!«, schrie er. »Warte nur, bis ich loskomme! Dann werde ich dich wie einen Troll von den Beinen holen und meinen Speer mit deinen Haaren schmücken!«
    Der Kretter riss die Augen auf. Seine Mundwinkel begannen zu zittern. Dann zog er den Säbel aus der Scheide, beugte sich hinunter und drückte die Klinge gegen Buls Hals. Bul trampelte in den Pferdemist und zuckte mit den Armen.
    Da begann der Kretter zu lachen. Er trat einen Schritt zurück und legte den Säbel auf seine Schulter.
    »Nein, ich lass euch lieber da auf der Scheiße sitzen. Ihr habt die Pferde ja so gerne und habt sicher nichts dagegen, auf ihrem Mist zu hocken! Wir werden euer Blut schon früh genug sehen, ihr Zwerge! Morgen wird Nasmar euch vor das Tor tragen und euch opfern, und dann stürmen wir die Burg. Die Vokker werden diesmal die Leitern festhalten, sodass die Felsenmenschen sie nicht wegschieben können.«
    Er steckte den Säbel unter seinen Gürtel und ging langsam zurück zum Feuer.
    »Nasmar?« Bul runzelte die Stirn. »Wer ist das? Ich versteh diese Hässlinge einfach nicht.«
    »Da hast du aber Glück gehabt«, sagte Loke. »Er hätte dir den Kopf abschneiden und dich an deinem Bart am Gürtel aufhängen können. Aber jetzt müssen wir zusehen, dass wir hier loskommen. Bile, hast du das Messer?«
    »Das haben sie mir abgenommen«, sagte Bile. Vile schluchzte an seiner Seite. »Und Vile hat wieder Angst.«
    »Aber du, Bul? Hast du etwas, womit wir uns losschneiden können?«
    Bul schüttelte den Kopf und blies den Rest des Pferdemists aus seinen Barthaaren.
    »Dann müssen wir hier sitzen bleiben.« Loke seufzte. »Und auf ein Wunder hoffen.«

Der Kampf auf der Felsenbrücke
     
    D ie Nachtschicht endete eine Stunde vor Sonnenaufgang. Kenner kam herein und schüttelte den Kretter am Kragen, und ich dachte, dass ich mich jetzt endlich wieder nach draußen schleichen konnte. Doch es dauerte lang, bis er sich endlich sein Kettenhemd und seinen Umhang angezogen hatte. Sie redeten über viele Sachen, die ich nicht verstand, doch dann sagte Kenner, dass die Anführer für heute einen Angriff geplant hätten, worauf der Kretter mit einem Grunzen antwortete. Ich glaube nicht, dass ihm die Neuigkeiten gefielen. Er packte Speer, Bogen und Köcher, die neben der Tür standen, und trat nach draußen. Ich musste warten, bis Kenner sich hingelegt hatte und schlief, denn ich wollte nicht riskieren, dass er mich entdeckte. Erst als er so laut schnarchte, dass sich die Balken bogen, schob ich mich unter der Bank hervor und schlich mich nach draußen. Ich watete durch den Schnee um das Zelt herum, schnallte die Skier an, warf meinen Rucksack über die Schulter und schob mich in meinen Spuren wieder zurück.
     
    Es war noch immer Nacht, wenngleich der Himmel nicht mehr ganz so dunkel war wie in dem Moment, als ich mich ins Zelt geschlichen hatte. Die Wolken hatten sich verzogen. Ich hockte mich gleich hinter der ersten Anhöhe in den Schnee und las die Zeichen in den Sternen, denn in Krugant befragten die weisen Frauen für die Seeleute die Sterne. Und dort, zwischen Schütze, Bär und Wagen, sah ich den Mond. Nur ein schmaler Schatten auf der rechten Seite fehlte.
    Ich hockte dort im Schnee, während der Tag über die Ebene huschte. Mein Vater hatte mir gezeigt, wie man die Tage anhand des Mondes zählen konnte, und jetzt erkannte ich, dass schon in zwei Tagen Vollmond sein würde. War der morgige Tag vergangen, wäre es zu spät. Dann wäre der vierte Wintervollmond verloschen.
    Ich hatte kaum Hoffnung, als ich mich aufrichtete und weiter in die Senke hinunterrutschte. Für mich war der ewige Winter bereits angebrochen. Doch wenn es mir gelang, die Waldgeister zu retten, konnten wir es vielleicht in die Felsenburg schaffen und dort noch eine Weile leben? Loke hatte nicht gesagt, wie lange es dauern würde, bis der Winter die Welt verschluckte.
    Von der Anhöhe aus spähte ich erneut ins Lager, doch ohne auch nur eine Spur von Loke und den Schülern zu erkennen. Bei helllichtem Tag konnte ich es kaum wagen, Löcher in die Zelte zu schneiden, und außerdem glaubte ich eher, dass die Kretter sie frieren ließen und irgendwo im Freien angebunden hatten.
    Ich schlich mich weiter und weiter zum Südende des Lagers vor. Dort fiel das Gelände zu den Klippen der Felsenburg hin ab. Von dort aus konnte ich die Umzäunung erkennen
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