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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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ihnen das Herz herausgerissen, als ihre Kinder verkauft und weggebracht wurden. Einmal habe ich gesehen, wie ein Arer mit seinen eisernen Fesseln einem Sklavenhändler bei einem letzten Versuch zu fliehen das Genick gebrochen hat. Es ist wahr, dass Sklavenhändler böse sind, aber ich habe nie daran gedacht, bis es mir selbst widerfuhr.
    Trotzdem müsst ihr mir glauben, wenn ich euch sage, dass auch den Menschenhändlern ein Platz auf dem Markt in Krugant zukam. Denn dort findet sich alles, was die bekannte Welt zu bieten hat. Wenn ihr dort an den Buden entlanglauft, riecht ihr den Duft ferner Länder und träumt euch auf die himmlischsten, sagenumwobensten Inseln. Noch heute habe ich den Geruch der Kräuterwürstchen aus den Sieben Reichen und den Duft frisch gefangenen Aals in Seegras in der Nase. Der bittere Gestank des geölten Steinholzes auf dem Tisch der Waffenschmiede sticht in meiner Nase, während mich der verführerische Duft parfümierter Menschen aus Ländern, von denen niemand je gehört hat, schwindlig werden lässt. Und über dem Ganzen schwirren die Worte in einer Unzahl fremder Sprachen wie Vögel von Bude zu Bude.
    Ja, welche Geschichten gibt es dort nicht zu hören? Wilde Gerüchte und Seeräubergarn gedeihen dort wie Disteln auf einer Pferdekoppel. Die Kruginer sind Menschen, die gerne alles Mögliche glauben, und wohl deshalb haben sich die Gerüchte so schnell verbreitet.
    Aber lasst mich euch jetzt in die Straßen und Gassen von Krugant entführen! Dort, zwischen den gelben Häusern, in deren Sandsteinwände der Regen tiefe Rinnen gegraben hat, reiten die Krieger der Ebene zu ihren zahllosen Gefechten. Dort könnt ihr Fonorer in ihren glitzernden Rüstungen auf bemalten Wildpferden sehen, die sie mit ihren Füßen leiten. Oder Leihschwerter aus dem Norden, mit breiten Schultern und dicken Bärten in ihren Bärenfellen, große Männer mit enormen Äxten. Einmal habe ich gesehen, wie einer von ihnen einen Kretter einfach entzweigehackt hat, vom Kopf bis zum Schritt, aber ihr braucht euch nicht zu fürchten, denn von allen Völkern, die nach Krugant kommen, sind die Bewohner des Nordens die verträglichsten.
    »Grum«, wird er in seinen Bart brummen und dich an sich drücken. Und dann bist du sein Freund in diesem und dem kommenden Leben, und auch wenn die nördlichen Völker in ihren groben Fellen oft merkwürdig riechen mögen, ist es gut, sie als Freunde zu haben, und ich sage euch: Niemand ist so edel zu Frauen und Kindern wie der Nordmensch. Ich erinnere mich daran, dass einmal eine Landstreicherin gehängt werden sollte. Das macht man so in Krugant, sie töten Menschen, die stehlen. Und diese Frau hatte Edelsteine von einem Goldschmied gestohlen, und sie wollte nicht verraten, wo sie die versteckt hatte. Die meisten glaubten, sie hätte sie verloren oder dass wieder andere sie ihr gestohlen hätten. Aber wie dem auch sei, sie sollte gehängt werden. An diesem Tag standen drei Nordmenschen auf dem Richtplatz, und als die Frau zum Galgen hochgeführt wurde, hörte ich sie in der Menge brüllen. Die Menschen traten zur Seite, und drei Wilde mit Äxten in den Händen stürmten nach vorn zum Galgen, schubsten die Wachen zur Seite und lösten die Fesseln der Frau. Als die städtischen Soldaten kamen, hatten sie den Richtplatz bereits zu Kleinholz gehackt, den Galgen heruntergerissen und mit ihr das Weite gesucht. Niemand hat sie seitdem gesehen, aber an diesem Abend feierten die Kruginer. Eigentlich mochte es niemand, wenn Menschen gehängt wurden, sodass die Befreiung wirklich ein Grund zum Feiern war. Ihr müsst wissen, dass Krugant nicht wie die Felsenburg ist, denn in Krugant gab es Menschen, die mehr zu sagen hatten als andere. Das waren die Reichen, die die Vermögen hatten und Sklaven, die sie umsorgten. Diese Menschen hatten sich zu etwas, das sie Laag nannten, verbunden. Das Laag bezahlte die Soldaten, und die Soldaten sorgten für Ruhe und Ordnung; es waren also die Reichen, Menschen wie der Goldschmied, die in Krugant regierten. Trotzdem – es war ein spannender Ort. Ich könnte lange über Krugant berichten, doch ich muss sehen, dass ich mit meiner Geschichte weiterkomme. Denn Krugants Gassen hatten auch ihre Schatten. Und auch in den Gemütern der Kruginer waren dunkle Winkel verborgen.
     
    Am Rande der Ebene, wo die wenigen Kruginerbauern ihre Felder hatten, wohnte eine Böttcherfamilie. Sie waren nicht reich, verdienten aber genug, um jeden Abend gut zu essen, und wenn sich die
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