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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Autoren: Sarah Lark
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den Speichen.
    Peppers fuhr langsam, um keinen Unfall zu riskieren und die Laufburschen und Passanten zu schonen, die trotz des Wetters zu Fuß unterwegs waren. Sie ergriffen vor dem aufspritzenden Wasser die Flucht, wenn eine Kutsche vorbeikam, schafften es aber nicht immer, dem stinkenden unfreiwilligen Duschbad zu entkommen. Nun musste Peppers seine Pferde auch nicht zurückhalten. Die Tiere gingen nur unwillig vorwärts, sie schienen sich unter dem Regen ducken zu wollen – ebenso wie der schmale junge Mann, offensichtlich ein Botenjunge, der aus dem Kontor des Thomas Reed heraustrat, als Peppers seine Kutsche vorbeilenkte. Peppers empfand Mitgefühl für den Armen, aber er wurde nun von Nora abgelenkt, die heftig gegen das Fenster zwischen Kutsche und Bock klopfte.
    »Peppers! So halten Sie doch an, Peppers! Das ist …«
    Simon Greenborough hatte gehofft, dass sich das Wetter bessern würde. Aber als er aus dem Halbdunkel des Kontors auf die Straße trat, belehrte ihn der Anblick der triefenden Pferde vor den geschlossenen Droschken eines Besseren. Simon versuchte, den Kragen seines fadenscheinigen Mantels hochzuziehen, um den Spitzenbesatz seines letzten brauchbaren Hemdes zu schützen. Er pflegte ihn an jedem Abend selbst zu plätten, um ihn halbwegs in Form zu halten. Jetzt war er aber in kürzester Zeit durchnässt, ebenso wie Simons spärlich gepuderte Frisur. Das Wasser lief an dem kurzen Zopf herab, zu dem er sein dichtes dunkles Haar zusammengefasst hatte. Simon sehnte sich nach einer Kopfbedeckung, aber darauf pflegte er schon deshalb zu verzichten, weil er nicht genau wusste, was für seinen neuen Stand als Schreiber schicklich war. Ganz sicher nicht der Dreispitz des jungen Adligen, selbst wenn sein einziger Hut noch vorzeigbar gewesen wäre. Und auch nicht die aufwändige Perücke, die sein Vater getragen hatte und der Gerichtsvollzieher …
    Simon versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken. Er hustete, als ihm das Wasser den Rücken herunterrann. Wenn er nicht bald aus dem Platzregen herauskam, würden auch sein Mantel und seine Kniehosen völlig durchnässt sein. Seine alten Schnallenschuhe hielten der Nässe schon jetzt nicht stand, das Leder quietschte bei jedem Schritt. Simon versuchte, schneller zu gehen. Letztlich waren es ja nur ein paar Blocks bis in die Thames Street, und vielleicht konnte er gleich auf die Antwort auf den Brief warten, den er sich erboten hatte zu befördern. Bis dahin würde der Regen hoffentlich nachlassen …
    Simon bemerkte die von hinten herannahende Kutsche erst, als er Noras helle Stimme hörte.
    »Simon! Was um Himmels willen machst du hier? Du holst dir noch den Tod bei dem Wetter! Was fällt meinem Vater ein, dich den Laufburschen spielen zu lassen?«
    Der Kutscher hatte sein nobles Gefährt neben Simon zum Stehen gebracht, zweifellos auf Noras Anweisung. Die junge Frau wartete allerdings nicht, bis er vom Bock gestiegen war, um ihr den Schlag aufzuhalten. Stattdessen stieß sie die Tür schwungvoll von innen auf und klopfte auffordernd auf den Sitz neben sich.
    »Komm rein, Simon, rasch! Der Wind weht ja den ganzen Regen auf die Polster.«
    Simon blickte unschlüssig ins Innere der Kutsche, und auch der Kutscher schaute etwas betreten auf den jungen Mann, der nass wie eine Katze am Bordstein stand. Schließlich ergriff er das Wort.
    »Es wäre deinem Vater sicher nicht recht …«
    »Es wäre Ihrem Vater sicher nicht recht, Miss Reed …«
    Simon und der Kutscher sprachen die Worte fast zur gleichen Zeit aus und blickten auch gleichermaßen indigniert, als Nora sie mit einem hellen Lachen quittierte.
    »Nun sei mal vernünftig, Simon! Egal, wo du hinwillst, es kann meinem Vater auch nicht recht sein, wenn sein Bote da ankommt, als habe er eben die Themse durchschwommen. Und Peppers wird nichts verraten, nicht, Peppers?«
    Nora lächelte ihrem Kutscher verständnisheischend zu. Peppers seufzte und öffnete den Kutschenschlag weit für ihren Gast.
    »Bitte, Mister … äh … Mylord …« Alles in Peppers sträubte sich, diese unglückliche Gestalt mit einem Adelstitel anzureden.
    Simon of Greenborough zuckte denn auch die Schultern. »›Mister‹ ist in Ordnung. Der Sitz im House of Lords ist ohnehin verkauft, ob ich mich nun Lord oder Viscount nenne oder wie auch immer.«
    Es klang bitter, und Simon schalt sich dafür, dem Diener Einblick in seine Familienverhältnisse gewährt zu haben. Aber womöglich wusste der ohnehin schon zu viel über ihn.
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