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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten
Autoren: Camilla Läckberg
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er, was nur mit der heutigen Jugend los war. Wie konnte diese Ansammlung von Rotzlöffeln und Versagern eine derartige Begeisterung auslösen? Nun, er brauchte es schließlich nicht zu verstehen – wichtig war, dass man die mediale Aufmerksamkeit optimal nutzte. Und sollte er am Ende, wenn die Sendung sich als voller Erfolg herausgestellt hatte, als großer Wohltäter dastehen, wäre das natürlich ein angenehmer Nebeneffekt.
    »So, wir machen jetzt Schluss. Ihr werdet noch genug Gelegenheit haben, die Teilnehmer zu sehen. Schließlich werden sie fünf Wochen hier wohnen.« Fredrik ver scheuchtedie Jugendlichen, die sich noch immer um den Bus drängten. »Die Teilnehmer müssen ihre Sachen auspacken und sich ein bisschen ausruhen. Ihr werdet doch hoffentlich nächste Woche den Fernseher einschalten? Ab Montagabend, neunzehn Uhr, lassen wir es krachen!« Er streckte beide Daumen in die Höhe und bleckte noch einmal seine unnatürlich weißen Zähne.
    Widerwillig zogen sich die jungen Leute zurück. Die meisten trotteten auf die Realschule zu, einige nutzten jedoch die günstige Gelegenheit, um den Unterricht für heute sausen zu lassen, und schlenderten stattdessen in Richtung Supermarkt.
    »Die Sache fängt gut an«, sagte Fredrik und legte Barbie und Jonna seine Arme um die Schultern. »Na, Mädels, seid ihr bereit?«
    »Absolut.« Barbies Augen leuchteten. Der ganze Wirbel hatte ihr wie immer einen Adrenalinstoß verschafft, und nun hüpfte sie aufgeregt auf und ab.
    »Und du, Jonna, wie fühlst du dich?«
    »Gut. Aber ich würde jetzt gern in Ruhe auspacken und so.«
    »Das kriegen wir hin, Mädchen.« Fredrik drückte sie noch fester. »Hauptsache, es geht euch gut.«
    Er wendete sich an Erling. »Ist die Unterkunft fertig?«
    »Selbstverständlich.« Erling zeigte auf ein älteres rotes Holzhaus ganz in der Nähe. »Die Teilnehmer sind in unserem Heimathof untergebracht. Wir haben Betten und alles Nötige hineingestellt, ihr werdet euch bestimmt wohl fühlen.«
    »Hauptsache, es gibt was zu saufen, dann kann ich überall pennen«, grinste Mehmet, der von Der Farm bekannt war. Die übrigen Teilnehmer kicherten und nickten zustimmend. Kostenloser Alkohol war eine Voraussetzung für ihre Teilnahme. Und die Gelegenheit, im Zuge ihrer wachsenden Bekanntheit jede Menge Sex zu haben.
    »Keine Sorge, Mehmet«, lachte Fredrik. »Eine gut sor tierteBar und einige Kästen Bier warten auf euch.« Er wollte auch Mehmet und Uffe die Arme um die Schultern legen, doch die beiden entschlüpften ihm. Sie hatten ihn frühzeitig als Schwulen eingestuft und wollten um keinen Preis mit ihm herumschwuchteln. Das musste ihm klar sein! Allerdings bewegten sie sich auf einem schmalen Grat, denn sie mussten sich Fredrik natürlich warmhalten. Das hatten ihnen die Teilnehmer früherer Staffeln geraten. Der Produzent entschied, wer wie viel Sendezeit bekam, und das allein zählte. Ob man sich dann vollkotzte, auf den Boden pinkelte oder sich auf andere Weise zum Affen machte, spielte keine Rolle mehr.
    Von all diesen Dingen hatte Erling keinen Schimmer. Er ahnte nichts von der Drecksarbeit, die ein Reality-Soap-Teilnehmer leisten musste, um im Rampenlicht zu bleiben. Ihn interessierte nur der Aufschwung in Tanum. Und die rühmliche Rolle, die er selbst dabei spielen würde.
    Als Anna endlich aufstand und herunterkam, hatte Erica bereits Mittag gegessen. Obwohl es schon nach eins war, sah Anna aus, als hätte sie kein Auge zugetan. Schlank war sie immer gewesen, aber nun war sie so mager, dass Erica manchmal entsetzt die Luft anhielt.
    »Wie spät ist es?«, fragte Anna mit brüchiger Stimme. Sie setzte sich an den Tisch und griff nach der Kaffeetasse, die Erica ihr reichte.
    »Viertel nach eins.«
    »Da da.« Maja ruderte mit den Armen, um Annas Aufmerksamkeit zu erregen, doch ihre Mutter bemerkte es gar nicht.
    »Mist, habe ich so lange geschlafen? Warum hast du mich nicht geweckt?« Anna nippte am heißen Kaffee.
    »Ich wusste nicht, ob dir das recht ist. Anscheinend brauchst du den Schlaf«, antwortete Erica vorsichtig und setzte sich neben ihre Schwester.
    Sie fasste Anna schon lange mit Samthandschuhen an, undseit der Sache mit Lucas war es nicht besser geworden. Seitdem sie wieder unter einem Dach wohnten, fielen sie prompt in die alten Muster zurück, von denen sie sich vorher mühsam befreit hatten. Erica schlüpfte automatisch in die Mutterrolle, und Anna war hin- und hergerissen zwischen der Sehnsucht, bemuttert zu werden, und
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