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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1
Autoren: franklin
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ersetzt worden, in die sein Name gemeißelt war; darunter standen die Buchstaben für:
Möge seine Seele gebündelt sein im Bund des Lebens.
    Freundliche Barbaren, sagte Simon jetzt zu ihr. Die gegen ihre eigene Barbarei ankämpfen. Denk an Gyltha, Prior Geoffrey, Rowley, diesen seltsamen König …
    Dennoch, entgegnete Adelia, ich ertrage das nicht.
    Sie wandte sich um und ging, jetzt wieder ruhiger, über den Pfad zurück. Henry widmete sich wieder der Reparatur seines Handschuhs, und als Adelia ihn erreichte, blickte er auf. »Und?«
    Mit einer Verbeugung sagte sie: »Ich danke Euch für Eure Nachsicht, Mylord, aber ich kann nicht länger hierbleiben. Ich muss zurück nach Salerno.«
    Er biss den Faden mit seinen starken kleinen Zähnen ab.
    »Nein.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte nein.« Der Handschuh wurde übergestreift, und Henry wackelte mit den Fingern, bewunderte seine Nähkünste. »Donnerwetter, was bin ich geschickt. Hab ich wohl von der Gerberstochter geerbt. Wusstet Ihr, dass ich einen Gerber unter meinen Ahnen habe, Mistress?« Er lächelte zu ihr hoch. »Ich sagte nein, Ihr könnt nicht abreisen. Ich habe Bedarf für Euerbesonderes Talent. In meinem Königreich gibt es viele Tote, die sich wünschen, man würde ihnen zuhören, bei Gott, sehr viele, und ich will erfahren, was sie sagen.«
    Sie starrte ihn an. »Ihr könnt mich nicht hierbehalten.«
    »Hubert?«
    »Ich denke, Ihr werdet feststellen, dass er es kann, Mistress«, sagte Hubert Walter entschuldigend.
»Le Roy le veult.
Just in diesem Moment setze ich auf Mylords Anweisung hin ein Schreiben an den König von Sizilien auf, in dem wir darum bitten, Euch noch ein Weilchen länger ausborgen zu dürfen.« »Ich bin kein Gegenstand«, rief Adelia, »Ihr könnt mich nicht ausborgen, ich bin ein Mensch.«
    »Und ich bin ein König«, sagte der König. »Ich bin vielleicht nicht in der Lage, die Kirche zu kontrollieren, aber, bei meinem Seelenheil, ich kontrolliere jeden verdammten Hafen in diesem Land. Wenn ich sage, Ihr bleibt, dann bleibt Ihr.«
    Als er sie mit selbst in seinem gespielten Zorn freundlich gelangweilter Miene ansah, wurde ihr klar, dass seine Liebenswürdigkeit und charmante Offenheit lediglich Werkzeuge waren, die ihm halfen, ein Königreich zu regieren, und dass sie selbst für ihn nicht mehr bedeutete als ein Instrument, das ihm vielleicht irgendwann gute Dienste leisten würde.
    »Dann bin ich also auch eingemauert«, sagte sie.
    Er hob die Augenbrauen. »Könnte man so sagen, wenngleich ich hoffe, dass Ihr Euren Bewegungsraum um einiges größer und angenehmer finden werdet als … nun ja, reden wir nicht darüber.«
    Keiner will darüber reden, dachte sie. Das Insekt wird in seiner Flasche summen, bis es verstummt. Und ich werde mit diesem Geräusch bis ans Ende meiner Tage leben müssen.
    »Ich würde sie rauslassen, wenn ich könnte, das wisst Ihr«, sagte Henry.
    »Ja. Das weiß ich.«
    »Wie dem auch sei, Mistress, Ihr schuldet mir Eure Dienste.« Wie lange werde ich summen müssen, ehe du mich rauslässt?, fragte sie sich. Die Tatsache, dass diese besondere Flasche mir ans Herz gewachsen ist, tut dabei nichts zur Sache.
    Obwohl dem doch so war.
    Allmählich gewann sie die Fassung zurück und konnte wieder klar denken. Sie nahm sich Zeit dafür. Und der König ließ ihr Zeit – ein Zeichen, so dachte sie, wie hoch er ihren Wert einschätzte.
    Also gut, dann schlage Kapital daraus. Sie sagte: »Ich weigere mich, in einem derart rückständigen Land zu bleiben, das seinen Juden nur einen Friedhof in London bietet.«
    Er war verblüfft. »Große Güte, gibt es sonst keinen?«
    »Ihr müsstet wissen, dass es keinen anderen gibt.«
    »Das wusste ich wirklich nicht«, sagte er. »Wir Könige haben immer ziemlich viel um die Ohren.« Er schnippte mit den Fingern. »Schreibt auf, Hubert: Juden sollen Friedhöfe bekommen.« Und an Adelia gewandt: »Na bitte. Schon erledigt.
Le Roy le veult.«
    »Danke.« Sie kam wieder zur Sache. »Nur interessehalber, Mylord, wieso schulde ich Euch meine Dienste?«
    »Weil Ihr mir einen Bischof weggenommen habt, Mistress. Ich hatte gehofft, Sir Rowley würde sich in der Kirche für meine Sache stark machen, aber er hat abgelehnt, weil er heiraten möchte. Wie ich höre, seid Ihr Gegenstand seiner ehelichen Ambitionen.«
    »Wie ich schon sagte, ich bin kein Gegenstand«, sagte sie müde. »Und auch ich habe abgelehnt. Ich bin Ärztin, kein Eheweib.« »Tatsächlich?« Henrys Gesicht hellte sich
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