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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman
Autoren: Sabine Thiesler
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kam.«
    Henriette schwieg.
    »Kann das nicht einfach ein Lieferfehler sein? Denn was soll Daniela mit einigen Ampullen Succinylcholin? Henriette, ich bitte dich! Damit kann doch kein Mensch etwas anfangen! Und Daniela schon gar nicht!«
    Henriette wusste, dass Magda einer Beate-Uhse-Puppe mehr Intelligenz zutraute als Daniela. Sie war immer gegen deren Einstellung gewesen.
    »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, auf alle Fälle fehlen die Ampullen. Und das ist eine Katastrophe, Magda.«
    »Ich weiß.«

    »Was soll ich machen? Daniela rausschmeißen? Ohne Beweise?«
    »Du hast keine andere Chance. Dann bist du die Sache los. Schließlich kannst du nicht ihre Wohnung durchsuchen lassen.«
    Henriette seufzte hörbar ins Telefon. »Ich war noch nie in einer so blöden Situation, Magda.«
    »Das kann ich mir denken.« Magda legte so viel Wärme in ihre Stimme, wie sie konnte.
    »Gut. Ich werde mit ihr reden.«
    Henriette entschuldigte sich für die Störung, verabschiedete sich und legte auf.
    Magda atmete tief durch und fühlte sich irgendwie erleichtert. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Henriette sie noch mal auf das fehlende Succinylcholin oder auch auf die Barbiturate ansprechen würde. Dies alles würde jetzt auf Danielas Konto gehen.
    Als Magda am Nachmittag wieder in die Apotheke kam, gab es bereits eine neue Apothekenhelferin: Ingrid.

7
    »Mein armer Hase«, flüsterte Magda, »jetzt hast du es bald geschafft. Das Schlimmste hast du hinter dir.«
    Sie zog seine Lider hoch. Er war nicht mehr bei Bewusstsein und würde nicht spüren, was sie auch noch mit ihm tun musste.
    Er lag jetzt im Koma. Im Urin wären diese Tropfen zwölf Stunden nachweisbar, im Blut lediglich sechs. Aber eigentlich war es egal. Sie würde dafür sorgen, dass niemand seine Leiche fand.
    Doch noch war er nicht tot. Die Mixtur aus Barbituraten, die sie selbst hergestellt hatte, würde ihn nicht umbringen, sondern lediglich dafür sorgen, dass er nicht mitbekam, wie sie ihn tötete.
    Sie wollte ihm nicht wehtun. Und sie wollte ihm keine Angst machen.
    Wenn einer den andern betrügt, ist das Leben zu Ende .
    Schatz, du hast es gewusst. Du kennst mich doch. Du hättest es nicht tun dürfen.
    Sie holte die Spritze aus der Küchenschublade, schob ihm die kurze Hose hoch und injizierte ihm das Succinylcholin in den Oberschenkel. Das Mittel wurde bei Operationen häufig als Anästhetikum benutzt und löste eine totale Muskellähmung im ganzen Körper aus. Also würde
auch die Atmung bald nicht mehr funktionieren, und das Herz würde aufhören zu schlagen.
    Intravenös gespritzt hätte das Mittel zwar bereits nach wenigen Sekunden gewirkt, aber das traute sie sich nicht zu. Sie hatte Angst, die Vene nicht zu finden. Intramuskulär war sie da auf der sicheren Seite, auch wenn das Sterben ein klein wenig länger dauerte. Wie auch immer. Es gab keinen Weg zurück.
    Magda nahm Johannes’ Hand und streichelte sie.
    »Mach’s gut«, flüsterte sie, »wo immer du jetzt auch hingehst. Wir hatten eine schöne Zeit, und ich werde dich nie vergessen. Schade um dich, schade um uns, Johannes. Schade, dass du Carolina kennengelernt hast, wir hätten sonst bestimmt noch viele gute Jahre gehabt. Mein Freund, mein Liebster, schlaf gut. Schlaf für immer.« Sie küsste ihn aufs Haar und fühlte seinen Puls. Noch schlug sein Herz.
    »Nur noch einen Moment, nicht mehr lange, dann fliegt deine Seele davon, Hannes. Nimm mir nicht übel, was ich getan habe, aber es ging nicht anders. Ich hätte dir nie wieder vertrauen können. Und ich wollte dich auch keiner anderen überlassen. Es gab nur diesen einen Weg. Verzeih mir.«
    Johannes’ Kopf kippte plötzlich zur Seite, sie sah, wie seine Halsschlagader noch einmal heftig pulsierte, und dann setzte sein Atem aus.
    Magda spürte keinen Puls mehr. Johannes war tot.

8
    Magda verriegelte die Terrassentür und zog die schwere Übergardine vor, die nicht nur vor neugierigen Blicken, sondern auch vor der Sonne schützte und die Küche im Sommer angenehm kühl hielt. Anschließend schloss sie am gesamten Haus die Fensterläden, aber nicht die Fenster.
    Dann ließ sie Johannes vorsichtig vom Stuhl rutschen und legte ihn auf die Erde.
    Sie hatte Zeit, denn nach der Gabe von Succinylcholin gab es keine Totenstarre. Aber sie hatte auch noch verdammt viel Arbeit vor sich.
    Ihr fiel ein, dass sie ihre Tabletten nicht genommen hatte. Daher setzte sie sich, öffnete eine Flasche Mineralwasser und durchsuchte eine alte
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