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Die Totenfalle

Die Totenfalle

Titel: Die Totenfalle
Autoren: Jason Dark
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rechteckige Grabfläche wandern. »Verdammt noch mal, da ist doch was…«
    »Interessant?«
    »Etwas Helles!«
    »Genauer!«
    Um das zu sehen, ging er in die Hocke. Dunstfahnen trieben zwischen uns dahin. Sie waren kühl wie Tücher und lautlos wie Geister. Überhaupt schien dieses Grab in einer fremden bedrückenden Welt zu liegen, fernab von allen Menschen.
    Der Inspektor streckte seine Hand aus. Die Fingerkuppen fuhren über die Graberde hinweg, als sollte diese von ihnen gestreichelt werden. Suko zog dabei die Stirn kraus, und plötzlich kam seine Hand unerwartet zur Ruhe.
    »Hier ist was, John!«
    »Und was?«
    »Das Weiße, Harte.« Er senkte seine Stimme. »Ich habe es zuerst nicht glauben wollen, aber jetzt fühle ich es. Das ist, verdammt noch mal, John, das sind Finger!«
    »Bist du sicher?« Auch ich hatte mich gebückt, bekam von Suko keine akustische Antwort mehr, denn er zeigte mir, was er gesehen hatte, und ich bekam große Augen.
    Suko zog tatsächlich eine Hand aus der weichen Erde!
    Es war eine starre Hand, eben eine tote Hand, die Hand einer Leiche. Er hielt sie fest, hatte den Kopf gedreht und schaute zu mir. Ich sah ihm in die Augen und entdeckte auch sein leichtes Kopfschütteln.
    »Das ist keine Frauenhand, John…«
    »Wem gehört sie dann?«
    »Jedenfalls ist der Mann tot.«
    »Wir buddeln ihn aus.«
    Das war uns auch noch nicht passiert, daß wir auf einem einsamen und nebelverhangenen Friedhof mit bloßen Händen eine Leiche aus der weichen Graberde buddelten.
    Suko hielt sich in der Nähe des Kopfes auf. Er hatte ihn auch bald freigeschaufelt, und ich hörte seine leise Stimme. »Da, schau ihn dir an.«
    Er strich noch einige Male über das Gesicht, um die Haut vom Lehm zu befreien.
    Ich sah hin, und ich schluckte.
    Nein, den Mann kannte ich nicht.
    Aber der Ausdruck in seinem Gesicht war trotz allem noch zu erkennen. Wir sahen beide, daß er vor seinem Tod schreckliche Angst gehabt haben mußte.
    »Mein Gott«, sagte Suko nur, »was muß dieser Mensch durchgemacht haben.«
    »Stimmt, aber durch wen?«
    »Tabitha?«
    »Kann sein. Dann ist sie ihm als Zombie erschienen und aus dem Grab gestiegen.«
    »Sie wird ihn getötet haben.«
    »Frage. Holen wir ihn heraus?«
    »Ja, das ist Menschenpflicht, und…«
    »Still!«
    Ich hielt den Mund, denn ich kannte Sukos Tonfall. Irgend etwas war da nicht geheuer. Er hatte seine Hände flach auf die Graberde gelegt, und er atmete nur mehr durch die Nase. »Hier stimmt etwas nicht, Alter.«
    »Was denn?«
    »Ich habe das Gefühl, als würde der Boden vibrieren!«
    »Was?«
    »Ja, da tut sich was, denke ich.«
    Ich schaute nach links, und meine Antwort lautete ähnlich. »Und da tut sich auch etwas.«
    Suko hatte das Rumoren aus dem Grabinnern vergessen, denn was wir beide sahen, war beeindruckend und erinnerte an eine Filmaufführung der geisterhaften Art.
    Die Besucher kamen. Sie hatten sich formiert. Einige bildeten eine breite Reihe, andere wiederum näherten sich der Grabstätte als Prozession. Ein jeder hielt eine Kerze in der Hand, deren Flammen dank der Windstille auch beim Gehen nicht verloschen.
    Wegen des Nebels waren die Beteiligten kaum zu sehen. Die Lichter schwebten ihnen voran. Es sah für uns so aus, als würden sie durch die Luft schaukeln, ohne irgendeinen Halt zu haben. Nur ab und zu wurden die Gestalten von einem weichen Lichtreflex getroffen. Ansonsten aber bewegten sich die Menschen schweigend durch den Dunst. Sie setzten ihre Schritte vorsichtig, und sie sprachen nicht. So kamen sie uns vor wie ein Heer von Toten, die ihren Gräbern entstiegen waren.
    »Es ist kaum zu fassen!« flüsterte Suko. »Ausgerechnet jetzt kommen sie hier an.«
    »Damit haben wir rechnen müssen.«
    »Klar. Was machen wir mit dem Toten?«
    »Wir sollten ihn trotzdem befreien.«
    »Denkst du, das schreckt die Jünger ab?«
    »Ich weiß nicht.«
    Suko hatte sich wieder zur Graboberfläche runtergebeugt, während ich die Masse der Lichter im Auge behielt. Ich sah keine Gesichter, nur eben die dünnen Schatten, und die wiederum wirkten, als wären sie in den Dunst hineingepinselt worden.
    Ich wunderte mich darüber, daß Suko mich nicht um Hilfe bat. Als ich zu ihm schaute, hatte sich seine Haltung noch immer nicht verändert. »Was hast du denn?«
    »Mir gefällt das Grab nicht.«
    Die lockere Antwort verschluckte ich und sagte statt dessen: »Das muß einen Grund haben.«
    »Sicher.«
    »Der wäre?«
    »Da unten tut sich etwas, John. Da kannst du sagen,
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