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Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Goga
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herausgefunden hatte, auch wenn er noch nicht mit der Sprache herauswollte. Sollten Adrian Lehnhardt und Behnke mit ihrer Vermutung recht behalten?
    Jakob Sonnenschein steckte den Kopf durch die Tür. »Herr Kommissar, wenn Sie bitte hereinkommen wollen?«
    Leo kehrte zurück in den Sektionssaal, wo Lehnbach gerade den aufgeschnittenen Magen der Toten betrachtete.»Die Magenschleimhaut ist angegriffen. Das sind keine alten Vernarbungen, sondern frische Läsionen.«
    »Der Arzt der Toten sagte, sie habe auch unter Übelkeit und Erbrechen gelitten«, erklärte Leo.
    »Hm.« Lehnbach wog den Magen und legte ihn in eine Schale. Dann wusch er sich die Hände, schob die Brille auf die Stirn und schaute die drei Kriminalbeamten ernst an. »Ich werde noch genauere Analysen durchführen, kann aber schon sagen, dass einige Punkte gegen eine gewöhnliche Lungenentzündung und damit gegen die gesicherte Annahme eines natürlichen Todes sprechen. Dazu gehören vor allem das Ödem und die Schädigung der Magenschleimhaut.«
    »Mit anderen Worten, wir sollten Ermittlungen einleiten«, sagte Leo.
    Lehnbach zögerte kurz. »Ich denke schon. Wir kennen das sogenannte toxische Lungenödem. Es wird durch das Einatmen giftiger Substanzen hervorgerufen. Das kann Rauchgas bei einem Brand sein, aber auch Chlor, Ammoniak oder Phosgen. Im letzten Krieg hat man bekanntermaßen Giftgas als Kampfstoff eingesetzt, was bei den Soldaten zu schweren bis tödlichen Schädigungen der Lunge führte. Verätzungen der Lunge konnte ich nicht feststellen, doch gibt es giftige Substanzen, die nicht in dieser Weise wirken. Jedenfalls kann ich nicht ausschließen, dass die Patientin an den Folgen einer Vergiftung durch Inhalation gestorben ist.«
     
    »Die Beweislage ist ziemlich dürftig, Wechsler«, sagte Ernst Gennat in brummigem Ton. »Ganz eindeutig sind die Befunde der Sektion nicht, so ungewöhnlich das Brodeln in der Lunge auch gewesen sein mag. Wenn es sich um eine Vergiftung handelt, muss sie von irgendeiner obskuren Substanz stammen, sonst hätte Lehnbach sie erkannt. Von der Aussage des jungen Herrn bezüglich der Worte einer Sterbenden, die sie womöglich im Delirium gesprochen hat, will ich garnicht reden.« Er sog an seiner Zigarre und schaute den Kollegen prüfend an. »Außerdem war die Frau in gewissen Kreisen wohl nicht ganz unbekannt. Wenn die Geschichte öffentlich wird, haben wir die Presse im Nacken.«
    »Ich weiß, Herr Gennat. Deshalb sitze ich ja hier.«
    »Sie wollen also, dass ich Ihre Ermittlungen absegne?«
    »Ich hätte ein besseres Gefühl dabei.«
    »Aber Sie würden es auch ohne meine Zustimmung machen?« Ein lauernder Blick.
    Leo nickte, worauf Gennats massige Gestalt vor Lachen erbebte. »Sie und Ihre Ehrlichkeit, die wird Ihnen noch mal den Hals brechen. Also schön. Sie haben als Ersatz für Stahnke einen neuen Kriminalassistenten bekommen, der Sie bei den Ermittlungen unterstützen wird.«
    »Sonnenschein.«
    Gennat nickte. »Wie macht er sich?«
    »Noch kann ich nicht viel sagen, aber er scheint sehr interessiert und lernwillig.«
    »In der Tat. Der junge Mann besitzt eine außergewöhnliche Entschlossenheit, etwas aus sich zu machen, und wird uns hervorragende Dienste leisten. Ich vertraue darauf, dass Sie die Hand über ihn halten, Wechsler.«
    Mit einem Augenzwinkern griff er zum nächsten Aktenordner. Leo war für heute entlassen.
     
    Der Sophie-Charlotte-Platz in Charlottenburg war eine gute Adresse. Ein lang gestrecktes grünes Rechteck mit einem Springbrunnen in der Mitte, eingerahmt von prächtigen Bauten aus der Zeit der Jahrhundertwende. Henriette Strauss hatte Geschmack besessen. Das zeigte sich auch, als Leo und seine Kollegen die Wohnung betraten. Die beleibte Portiersfrau namens Stranzke hatte ihnen die Tür aufgeschlossen, wobei sie die Beamten mit neugierigen Blicken bedachte.
    »Die arme Frau Doktor. So eine nette Dame, gar nicht vonoben herab. Ich habe auch für sie geputzt.« Sie blieb abwartend an der Wohnungstür stehen. Das ganze Treppenhaus roch nach Bohnerwachs, an den dunklen Holztüren waren hübsche Emailleschilder mit den Namen der Mieter angebracht.
    Leo sagte freundlich: »Mein Kollege kommt gleich zu Ihnen hinunter und wird Ihnen einige Fragen stellen.«
    Frau Stranzke stieg pikiert die Treppe hinab, und Leo wartete geduldig, bis ihre Schritte verklungen waren.
    Leo gab viel auf Gerüche, weil sie etwas über die Menschen verrieten, die in einer Wohnung lebten und gelebt hatten. Hier
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