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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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kennen würdest, verstündest du meine Abneigung. Es ist verzogen und heimtückisch.« Sophie blieb schwer atmend stehen, schaute sich erneut suchend um.
    »Und der Liebling deiner besten Freundin.«
    »Bedauerlicherweise«, stimmte sie zu. »Papillon ist ein Geschenk von Friedrich. Ich glaube, er bereut es inzwischen.«
    »Dann weiß ich zumindest, was man dir auf gar keinen Fall schenken darf«, schmunzelte Wilhelm. Für einen Moment fand sein Blick ihren. Verschämt schlug sie die Augen nieder.
    »Nein, ich … Papillon!« Sophie beschleunigte ihre Schritte, als sie etwas im Ufergras rascheln hörte. Im nächsten Moment sprang das Hündchen hervor und tollte freudig hechelnd auf sie zu. »Papillon, da bist du ja!« Sophie seufzte erleichtert und ging in die Knie, um nach dem Tierchen zu haschen. »Komm her! Du hast schon genug Aufregung verursacht!«
    Doch der Hund entzog sich ihren Händen, sprang ein paar Sätze zurück in Richtung Ufer, wo er stehen blieb und sich mit der Zunge über die Lefzen fuhr.
    »Was ist denn mit seinem Maul?«, fragte Wilhelm, der ihr gefolgt war. »Das sieht aus wie Blut.«
    Verdutzt wollte Sophie widersprechen, doch dann sah sie es selbst. Das helle Fell war dunkel verfärbt, rötlich, bis hinab zu den seidigen Brusthaaren.
    »Papillon!« Sophie sprang auf und versuchte, den Hund zu packen, aber das Tier war schneller. Schrill kläffend verschwand es im Uferdickicht.
    »Hinterher!« Wilhelm stürzte an ihr vorbei. Den Stock hatte er beiseite geworfen und schlug mit seinem Leib eine Schneise in den Uferbewuchs. Sophie rappelte sich auf und eilte ihm nach. Das Kläffen hatte sich zwischenzeitlich entfernt, doch jetzt war es auf einmal ganz nah, und Sophie wäre beinahe mit Wilhelm zusammengestoßen, als der junge Student unvermittelt stehen blieb. Sie wollte ihn schon empört zurechtweisen, doch dann fiel ihr Blick auf den Grund für Wilhelms Erstarren. Sie machte unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Mein Gott«, war alles, was sie hervorbrachte.
    *
    Julius’ Blick glitt durch das muffige Behandlungszimmer, über die mit allerlei Büchern und Präparaten vollgestopften Regale, den wurmstichigen Schreibtisch, auf dem Wasserränder ein wirres Muster ergaben. Staubmäuse tummelten sich um die wuchtigen Füße, die wohl einst Löwenpranken nachempfunden waren, ehe sie ein nervös scharrender Schuh im Laufe der Jahre rundgeschliffen hatte. Daneben stand ein zerzauster Weidenkorb, der von besudelten Binden und Tüchern überquoll. Julius’ Nasenflügel hoben sich angewidert. Der Gestank nach geronnenem Blut, Eiter, Urin und Branntwein waberte durch den Raum und setzte sich wie klebriger Nebel an Kleidung und Haut fest, sodass Julius sich dabei ertappte, wie er unwillkürlich die Hände am Hosenbein abwischte.
    »Der Doktor hat’s gern warm. Er mag’s nicht, wenn ich das Fenster öffne«, bemerkte die dicke Magd, die ihn hereingeführt hatte.
    Nicht dick, fett, korrigierte sich Julius in Gedanken, während er ihr mit einem flüchtigen Nicken zu verstehen gab, dass er sie gehört hatte. Während seines Studiums in Köln und den Monaten in Paris hatte er eine Menge beleibter Menschen gesehen, aber noch nie eine Frau mit Ausmaßen wie diese Berte, die nun schnaufend in der Tür stand und sich am Rahmen festhielt. Er fragte sich, wie sie dem alten Doktor den Haushalt führen wollte, wenn sie sich kaum noch bewegen konnte. Ein Blick auf den Boden und auf die eingestaubten Möbel erübrigte die Frage. Er seufzte lautlos.
    »Arbeiten Doktor Hirschner und ich vorerst gemeinsam in diesem Raum?«, erkundigte er sich beiläufig und trat an das Fenster, um einen Blick hinaus zu werfen. Ein trister Hanggarten, kaum drei Schritte bis zur Begrenzungsmauer. Pflöcke und ein Rankgitter verrieten, dass es hier einmal Blumen gegeben hatte, doch die waren längst von Unkraut überwuchert. Es würde viel Mühe kosten, ihn wieder herzurichten.
    »Ich denk schon«, hörte er die Magd kurzatmig schnappen. »Aber fragen Sie ihn doch selbst. Er ist oben.«
    Julius nickte leicht. »Danke, Berte«, sagte er. »Mach in der Zwischenzeit hier sauber. Das ist ein Schweinestall, den die Medicinal-Deputation längst geschlossen haben sollte, wenn sie davon wüsste.«
    Der Blick der Magd geriet eingeschnappt, aber er hatte wenig Mitgefühl mit dem schwerfälligen Geschöpf. Wahrscheinlich hatte sie in den letzten Jahren ihren Lohn eingestrichen und sich ansonsten auf die faule Haut gelegt. Julius fragte sich, warum der
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