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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus
Autoren: Sujata Massey
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Richard, du hörst doch sicher nicht sofort bei Nichiya auf?«
    »Nein. Wir müssen für Kaution und Provision sparen, außerdem möchte ich dem alten Katoh Zeit geben, einen Ersatz zu finden.«
    »Mariko, ich habe es dir schon gesagt, du kannst gerne in meinem Zimmer schlafen«, bot ich ihr an.
    »Aber Mariko und ich leben in völliger Harmonie zusammen.« Richard drückte ihre Hand. »Ich schlafe mit dem Kopf am Fußende, damit niemand in Versuchung geführt wird, und sie erzählt mir japanische Geistergeschichten!«
    Mariko zeigte ihre Grübchen, und ich hatte das vage Gefühl, ihre Glut sei noch nicht ganz erloschen.
    »Ich ziehe aus«, verkündete ich entschlossen. »Ich muß nach Shiroyama. Wenn ich zurückkomme, ist Hugh wahrscheinlich wieder zu Hause, und ich werde mich um ihn kümmern.«
    »Na ja, seine Wohnung hat Zentralheizung. Das kann ich dir nicht verdenken«, sagte Richard. »Lädst du uns mal zum Essen in die sagenhafte weiße Küche ein?«
    »Solange es euch nichts ausmacht, das die paparazzi vor dem Haus lauern.«
    »Nein! Wirklich?« Richard ließ sich nur zu gern von den Sensationsjournalisten interviewen, und er war beleidigt, als alle nur einen Schnappschuß von mir wollten.
    Das Telefon klingelte, als wir fast fertig gefrühstückt hatten.
    »Ich kann kaum verstehen, wie die Leute in Boston reden, aber ich glaube, ich habe einen der Männer, die du suchst, gefunden«, sagte mein Vater.
    »Welchen der beiden Söhne?«
    »Roderick Evans. Er war ziemlich aufgeregt, als er gehört hat, daß meine Tochter in Tokio ihn wegen einer Angelegenheit, die seinen Vater betrifft, sprechen muß.«
    »Er weiß nicht, was auf ihn zukommt«, sagte ich laut. »Zu erfahren, daß sein Vater eine zweite Familie in Japan hatte … wie soll ich ihm das beibringen?«
    »Das schaffst du schon, Rei«, meinte mein Vater. »Mehr Selbstvertrauen.«
    Mehr Selbstvertrauen. Ich putzte mir die Zähne, dann lief ich durch die Wohnung und räumte ein bißchen auf, während ich mich innerlich darauf vorbereitete, Roderick Evans anzurufen. Ich machte mir eine Liste mit Fragen. Bevor ich endlich in Boston anrief, machte ich fünfzig Sit-ups und trank drei Gläser Wasser.
    »Mr. Roderick Evans? Hier spricht Rei Shimura, ich rufe aus Japan an …«
    »Das Lieblingsland meines verstorbenen Vaters! Ich bedaure es sehr, daß er nicht hier ist und mit jemandem sprechen kann, der dort lebt. Sagen Sie Rod zu mir, ja?« Evans klang freundlich und arglos. Mein Vater hatte gute Vorarbeit geleistet.
    »Ich rufe Sie an, weil ich eine Kopie des Nachrufs gesehen habe. Irgendwie ist die Todesanzeige zur Navy gelangt, und ein paar ehemalige Bootsmänner haben sie gesehen …«
    »Der Veteranenverein, nicht wahr? Ich habe den Nachruf dorthin geschickt, weil mein Vater sich das so gewünscht hätte. Sind Sie von der Militärzeitschrift und möchten Informationen über seine Zeit im Ruhestand, oder weshalb rufen Sie an?«
    »Ich würde gerne hören, wie es mit ihm weitergegangen ist.« Ich wollte noch nicht mit der Sprache herausrücken.
    »Er ist nach Hause gekommen und hat meine Mom geheiratet – mit Mädchennamen hieß sie Peg Miller, das steht ja auch im Nachruf. Er hat sich eine Autowerkstatt gekauft, die recht gut lief.«
    Eine Autowerkstatt, das hört sich nicht nach sehr viel Geld an. »War er länger in Texas?«
    »Nein. Ein Freund von ihm ist dorthin gezogen. Ich glaube er hat ihn einmal besucht, vielleicht war das aber auch nur zur Versammlung der Automechaniker. Warum?«
    »Nun, es gibt hier einige Unterlagen … Ich arbeite im historischen Bereich und habe einige Briefe ohne richtige Unterschrift gefunden. Ich habe Grund zu der Annahme, daß sie von Ihrem Vater stammen könnten.«
    »Wir haben ein Fax in der Werkstatt. Faxen Sie mir einen Brief, dann gebe ich Ihnen Montag morgen Bescheid.«
    »Es ist eine etwas heikle Angelegenheit. Ich hatte eigentlich gehofft, Sie könnten mir vielleicht eine Handschriftenprobe schicken.«
    »Da kenne ich mich nicht aus.« Er wurde mißtrauisch. »Wonach suchen Sie eigentlich?«
    »Ich versuche herauszufinden, ob eine Verbindung zwischen Ihrem Vater und einer Japanerin besteht.« Ich hielt inne. »Eigentlich war sie Halbamerikanerin. Ihr Name war Setsuko Ozawa Nakamura.«
    »Und?«
    »Auf ihrer Geburtsurkunde ist kein Vater eingetragen.« Ich hielt den Atem an und hoffte, er würde das Gespräch nicht beenden.
    Eine kurze Stille folgte, dann räusperte sich Rod. »Wollen Sie damit sagen, mein Dad war
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