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Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)

Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
Autoren: Rolf Dieckmann
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geholt und sie an den Baum gestellt. Er stieg die Sprossen hinauf, und als er an der vorletzten angekommen war, streckte er die Arme aus: »Komm, ich halte dich!«
    Signora Montovani saß auf dem Rücksitz des Rovers und hatte ihren Jungen fest in die Arme genommen. Der hatte entweder einen Schock, oder die ganze Sache war ihm furchtbar peinlich. Auf jeden Fall zog er erst einmal vor, nicht zu sprechen.
    »Ich begreife immer noch nicht, Signore Medici …«, stammelte die Signora, »… woher haben Sie gewusst, dass …?«
    Robert lächelte in den Rückspiegel. »Nachdem ich sein Zimmer gesehen hatte, war es eigentlich ganz einfach. Ich wusste, dass Roberto zur Hauptstraße zurückgelaufen sein musste. Da er ein offenbar sehr ordnungsliebender Junge ist, macht er keine leichtfertigen Sachen. Er muss sich also für etwas Besonderes interessieren. Und das sind riesige Lastwagen. Stimmt’s, Roberto?«
    Der Achtjährige nickte fast unmerklich.
    »Zufällig habe ich gestern in der Zeitung gelesen, dass die Hauptstraße ab zwölf Uhr gesperrt wird, weil ein Spezialtruck mit extremer Überbreite ein Ausflugsschiff in Richtung Livorno bringt. Und deshalb war mir schnell klar, wohin der Junge wollte. Und von wo aus kann ein Junge ein solches Monstrum gefahrlos betrachten? Von einem Baum aus, natürlich. Aber weil das Monstrum wirklich ein Monstrum war, hatte es von den meisten Bäumen die unteren Äste abgerissen. Jetzt konnte Roberto nicht wieder hinunter. Allerdings war es ihm auch zu peinlich, um Hilfe zu rufen.«
    Die Signora war sprachlos. Mit offenem Mund schaute sie mal zum kleinen, dann wieder zum großen Roberto, der jetzt den Wagen vor dem Haus der Montovanis parkte. Mutter und Sohn stiegen aus, blieben aber noch kurz bei Robert stehen.
    »Das nächste Mal sagst du mir Bescheid«, sagte Robert und tippte den Jungen lächelnd mit dem ausgestreckten Zeigefinger an. »Dann schauen wir uns das Ding zusammen an.«
    Der Junge grinste und lief ins Haus.
    »Mein Gott, wie kann ich das nur wieder gutmachen?« Sie griff nach Roberts Hand und drückte sie.
    Er lächelte. »Sie könnten mir einen Gefallen tun.«
    »Jeden!«
    »Schimpfen Sie nicht mit ihm, er ist ein guter Junge! Ciao, Signora.«
    Die Signora schaute Robert fassungslos an, und wenige Sekunden später war er mit seinem Rover hinter der Wegbiegung verschwunden.
*
    Rund eintausendzweihundert Kilometer nördlich von Mezzomonte veränderte sich die Gesichtsfarbe eines Mannes mit einer beträchtlichen Körpergröße von einem sanften Rosa in ein ungesundes Lila.
    »Aber das ist doch …!« Partikelchen von Speichel schossen auf seine Schreibunterlage.
    »Nun regen Sie sich nicht auf. Es ist ein Hirngespinst«, sagte der zweite Mann mit der randlosen Brille, der vor dem Schreibtisch stand.
    »Und eine völlig indiskutable Verzögerung unseres Zeitplans, denke ich«, keuchte der andere. Dabei fuhr er sich nervös mit der Hand über den Mund, atmete tief ein und betrachtete seine Fingernägel. »Aber wir müssen ihn lassen. Im Moment ist er in der stärkeren Position.«
    Er drehte sich schwungvoll in seinem Ledersessel, sodass er durch das Fenster im achten Stock das Konzerthaus am Gendarmenmarkt sehen konnte. Er räusperte sich und strich sich mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken. »Im Moment jedenfalls!«
*
    Roberto . Ein ganz normaler italienischer Name. Und doch stutzt du jedes Mal, wenn du ihn hörst. Den größten Teil deines Lebens hat man dich Robert, Bob oder Bobby genannt. Nun heißt du auf einmal wieder Roberto.
    Die Einzige, die immer darauf bestanden hatte, dass er Roberto hieß, war seine Mutter. Schließlich sei er so getauft worden, argumentierte sie. Allerdings ging es ihr im Grunde genommen eher um seine italienische Abstammung. Es war schon schlimm genug für sie, dass er in Lugano getauft worden war. »Es ist ja, Gott sei Dank, der italienische Teil der Schweiz!«, hatte sich seine Mutter immer wieder beruhigen müssen. Glücklicherweise war wenigstens das Taufwasser aus einem Becken geschöpft worden, das der Künstler Santino Solari entworfen hatte. Und der war unbestritten Italiener.
    Dem jungen Roberto war’s egal. In Lugano hatte er Kindheit und Jugend verbracht – allerdings vergeblich nach der berühmten italienischen Lebensart gefahndet, von der die Mutter nicht müde wurde zu erzählen. Wahrscheinlich war sie im Laufe der Jahrzehnte verloren gegangen, weil immer mehr Prominente, besonders aus dem deutschen Nachbarland, die Schönheit
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