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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin
Autoren: Brigitte Janson
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mit Butter, richtete die Steaks darauf an und garnierte sie mit geschmorten Zwiebeln und frischen Tomatenscheiben. Fritz Voss bestellte sich jedes Mal fünf Stück, und die kleine Greta kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, wenn sie zusah, wie er eines nach dem anderen gierig verschlang. Sie selbst schaffte nur mit Mühe eine einzige Portion. Nach dem Essen legte Fritz dann immer seinen Finger an den Mund. »Das bleibt unser Geheimnis,Lütte. Deiner Tante würde es das Herz brechen, wenn sie wüsste, dass ich mein erstes anständiges Essen lieber bei Fietje verdrücke.«
    Greta nickte und versprach hoch und heilig, nie ein Wort zu verraten.
    Damals war sie ihm so nah gewesen wie nie. Zu Hause war er immer von anderen Erwachsenen umgeben. Aber dieser Moment im Hafen, der gehörte Greta ganz allein. Und neben ihrem Vater war sie kein bisschen ängstlich. Er besaß genug Stärke für sie beide.
    Auch als sie größer wurde, behielt sie diese Angewohnheit bei. In der Hafenmeisterei erfuhr sie die ungefähre Ankunft seines Schiffes, dann hielt sie, manchmal einen ganzen Tag lang, manchmal bis in die Nacht, Ausschau nach ihm. Natürlich war sie längst zu groß und zu schwer, um noch auf seinen Schultern zu reiten, aber nun gingen Vater und Tochter eingehakt durch Altona, und sie lauschte gebannt seinen abenteuerlichen Geschichten aus der großen weiten Welt. Und nie vergaßen sie, bei Fietje einzukehren. Der Wirt war inzwischen alt und krumm, sein Holzbein war so abgenutzt, dass es ein ganzes Stück kürzer war als das gesunde. Aber Fietje wollte von einer neumodischen Prothese nichts wissen, und ebenso wenig dachte er an eine Änderung seines einseitigen Speisezettels. Inzwischen schaffte Greta schon zwei Hamburger Steaks, und sie bekam einen Schuss Bier in ihre Zitronenlimonade. Wenn sie allerdings dank der Nähe ihres Vaters ihre Schüchternheit überwand und Fietje vorschlug, er solle in das Rinderhack eine Prise Thymian mischen, weil es damit interessanter schmeckte und auch besser verdaulich wäre, erntete sie nur ein entsetztes Augenrollen. »Nienich!«, rief Fietje dann aus.
    Greta wollte ihrer Mutter nicht weh tun, auch nicht ihrer Tante. Aber diese seltenen Stunden mit ihrem Vater waren für sie die kostbarsten.
    Bis er nicht mehr zurückkam aus dieser Welt, bis der Ozean den geliebten Menschen verschluckte und nie wieder hergab. Damals war ein Teil von ihr mit ihm gestorben, sie verlor ihren Mut und ihre Kraft, sie vergaß, sich selbst zu schützen.
    Kein Tag verging, an dem Greta ihren Vater nicht vermisste, aber an einem Abend wie diesem jetzt wog die Sehnsucht noch schwerer als sonst.
    Â»Christoph und ich sind ja nur Freunde«, murmelte sie, aber sie spürte, ihre Tante ließ sich nicht täuschen.
    Mathilde Voss wusste um die Schwärmerei ihrer Nichte für den eleganten, hübschen Bankierssohn, und sie machte sich große Sorgen. Aber sie liebte dieses Mädchen wie die eigene Tochter, die sie nie gehabt hatte, und sie wusste, sie kam mit guten Argumenten nicht weiter, wenn Greta diesen trotzigen Ausdruck aufsetzte. Mit einem tiefen Seufzer wandte sie sich ab.
    Die kleine Glocke am Speiseaufzug bimmelte, und in der Küche herrschte wieder betriebsame Hektik. Mathilde stellte höchstpersönlich die große Terrine mit Rindsbouillon hinein. Daneben kam eine Platte mit kalter Lachsforelle. Dann wandte sie sich um und probierte von der Krabbensuppe.
    Â»Gib noch einen kleinen Schuss Weißwein hinzu«, wies sie ihre Nichte an. Greta nickte gehorsam und tat, als wäre ihr selbst dieser Gedanke noch nicht gekommen. Es war klüger, die Tante an diesem Abend nicht noch mehr zu reizen.
    Â»Und ihr zwei Deerns hört endlich auf, Maulaffenfeilzubieten, und kümmert euch schleunigst um das Geschirr. Marie, Töpfe auskratzen! Paula, Gläser polieren! Wird’s bald?«
    Die beiden Mädchen duckten sich unter der donnernden Stimme und eilten an ihre Arbeit. Nicht ohne Greta noch einige scheele Blicke zuzuwerfen.
    Mathilde sah nun auch nach dem Rehrücken und schimpfte dabei leise vor sich hin. »Ich verstehe gar nicht, warum die Herrschaft an einem ganz normalen Dienstag so eine Abendgesellschaft geben muss. Sonst heißt es doch immer: Mathilde, meine Gute, machen Sie heute nur etwas Einfaches. Ein bisschen Grütze, ein paar Pfannkuchen mit Kopfsalat, etwas Brot mit Aufschnitt. Wir wollen ja
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