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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers
Autoren: Wilken Constanze
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Wangen ausdrückte, war Monna Rimortelli eine beeindruckende Erscheinung. Sie war größer als die durchschnittliche Italienerin, von kräftiger Statur und bewegte sich mit überraschender Geschmeidigkeit. Am auffälligsten jedoch waren ihre klaren blauen Augen, die sich nun auf ihre Tochter hefteten. »Liebes Kind, wo steckst du nur? Rasch jetzt. Zieh dein Hochzeitskleid an. Dann müssen wir deine Haare richten, das Gesicht und...« Sie drückte Beatrice das Kleid in die Arme und schob sie vor sich her in ein Ankleidezimmer.
    Unglücklich stand Beatrice vor dem Spiegel und warf das kostbare Kleid achtlos auf einen Stuhl. Ihre Mutter stellte sich hinter sie, nahm eine Bürste von einem Toilettentisch und begann, ihrer Tochter die Haare zu bürsten. »Ich weiß, wie du dich fühlst, mein Kind.« Wenn sie allein waren, sprachen sie Deutsch miteinander.
    Â»Bitte nicht, Ines hat schon versucht, mich von den Vorzügen der Ehe zu überzeugen.« Sie zog eine Grimasse und wollte ihrer Mutter die Bürste aus der Hand nehmen, doch diese ließ sich nicht abhalten. Ihre Augen trafen sich im Spiegel.
    Â»Ines hat nicht so unrecht, aber darum ging es mir nicht. Du bist mir so ähnlich! Genauso habe ich ausgesehen, als ich neunzehn Jahre alt war.« Liebevoll fuhr Monna Margareta mit den Händen durch die blonden Locken ihrer Tochter.
    Â»Zumindest äußerlich sind wir uns ähnlich. Du bist viel klüger als ich. Das hast du von deinem Vater. Ich möchte, dass du nie vergisst, wer du bist, Beatrice. Du kannst stolz auf deine Wurzeln sein, was auch immer man über uns sagen mag. Wir sind ehrbare Kaufleute und haben es zu verdientem Wohlstand gebracht. Seit vierzehn Jahren leben wir schon hier. Wir sprechen ihre Sprache. Ich nicht so perfekt, doch was macht das? Sie behandeln mich noch immer wie eine Fremde. Aber du hast keinen Grund, dich deiner Herkunft zu schämen. Du bist jung, schön und klug, und jetzt heiratest du in eine der angesehensten Luccheser Familien. Du solltest dir keine Sorgen machen, mein Liebling.«
    Beatrice drehte sich um und küsste ihre Mutter auf beide Wangen. »Ich habe mich meiner Herkunft nie geschämt. Außerdem stehen die Truppen des Kaisers im Norden. Sie werden Franz und sein Heer aus Mailand vertreiben, und bald wird Italien ein Teil des Reiches sein, genau wie Spanien, die deutschen Lande und Habsburg.«
    Dieser unselige Streit zwischen Karl und Franz! Und das alles nur, weil die Kurfürsten Karl zum Kaiser gewählt hatten und nicht Franz. Dadurch hatte sich das instabile europäische Kräfteverhältnis zugunsten Spaniens und der Habsburger verschoben. Frankreich, bislang militärisch stärkste Macht auf dem europäischen Festland, kämpfte nun noch erbitterter um seine Vormachtstellung. Margareta schüttelte den Kopf. »Der französische König wird diese Schmach nie verwinden, und dazu kommt seine Besessenheit mit Italien. Seine Agenten sind überall im Land und kaufen die besten Werke italienischer Künstler. Freiwillig gibt dieser Franz Mailand nicht auf, und das bedeutet weitere Kriege.«
    Margaretas Familie stammte aus altem deutschem Adel und stand den Habsburgern seit Generationen nahe, genau wie die Rimortellis, die wie die meisten Luccheser zu den Ghibellinen, der Partei des Kaisers, zählten.
    Â»Mailand scheint auf ewig ein Zankapfel zwischen Frankreich und den Habsburgern zu sein. Selbst wenn es Karl gelingt, die Franzosen zu vertreiben, wird es nicht lange dauern, bis sie die Stadt zurückerobern werden«, fuhr Margareta nachdenklich fort. »Im Osten besetzen die Türken Ungarn und Rhodos. Wie soll unser Kaiser alle Grenzen gleichzeitig verteidigen?«
    Â»Diese ewigen Kriege …«, seufzte Beatrice. »Ich bedaure vor allem, dass die Familie aus Nürnberg deswegen nicht kommen kann.«
    Ihr Onkel, Hartmann von Altkirch, war einer von Frundsbergs Heerführern. Georg von Frundsberg hatte als Feldherr schon unter Maximilian I. gedient und später seinem Enkel Karl V. bei der Eroberung der Picardie und jetzt der Lombardei geholfen.
    Â»Hartmanns Frau hat es schwer genug. Ihre ältesten Söhne sind mit dem Vater im Feld. Nur Michael ist noch im Geschäft in Nürnberg und hält dort alles zusammen.«
    Beatrice hatte ihren Cousin als schmächtigen Knaben in Erinnerung. »Er ist so alt wie ich. Wie er wohl aussehen mag?«
    Â»Susanna
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