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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers
Autoren: Nora Roberts
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einen Garten, den
er unterwegs gesehen hatte, und in dem Blumen und Unkräuter in
kunterbuntem Durcheinander gewachsen waren.
    Trotz der Enge war der kleine Raum makellos sauber, ganz
anders als das dreckige Bad in der schäbigen Wohnung, aus der er
geflüchtet war.
    Nachdem er sich das Gesicht mit heißem Wasser gewaschen hatte,
konnte er nicht widerstehen, in das Medizinschränkchen zu spähen. Er
fand einen Rasierer, Rasiercreme, Aftershave und eine neue, noch in
Zellophan verpackte Zahnbürste, die er kurzerhand benutzte.
    Gerade als er sich im Flur überlegte, ob er sich noch ein
bißchen weiter umschauen sollte, fielen ihm seine Schuhe ein.
    Hals über Kopf rannte er zurück in den Wohnbereich, riß sie
unter dem Tisch hervor und untersuchte sie hastig.
    Roxanne thronte wie eine Königin auf einem Satinkissen und
trank ihren Saft. »Wieso hebst du dein Geld in deinen Schuhen auf, wo
du doch Taschen hast?«
    »Weil es da sicherer ist.« Zu seiner Erleichterung war
wirklich alles noch da, bis auf den letzten Dollar. Er setzte sich auf
und betrachtete seinen Teller. In der Mitte lag eine ordentlich in zwei
Dreiecke geschnittene Scheibe Toast, großzügig mit Erdnußbutter und
Honig bestrichen. Darüber war Zimt und Zucker gestreut.
    »Es ist sehr gut«, versicherte Roxanne, die bereits an ihrem
Toast knabberte.
    Luke machte sich über seinen her und mußte ihr recht geben.
Sie lächelte, als er alles bis auf den letzten Krümel verspeiste.
    »Ich mache noch mehr.«
    Als Max eine Stunde später den Vorhang zur Seite schob, sah er
die Kinder einträchtig nebeneinander auf dem Sofa sitzen. Seine Tochter
hatte einen kleinen Stapel Geldscheine neben sich liegen und schob
gekonnt drei Karten auf dem Tisch hin und her.
    »Okay, wo ist die Königin?«
    Luke blies sich eine Haarsträhne aus den Augen und tippte nach
kurzem Zögern auf die mittlere Karte. »Diesmal weiß ich genau, daß sie
hier ist.«
    Selbstgefällig drehte Roxanne die Karten um und kicherte, als
er fluchte.
    »Roxy«, sagte Max, »es ist ziemlich ungehörig, einen Gast
auszuplündern.«
    »Ich habe ihm gesagt, daß es ein Spiel für Idioten ist,
Daddy.« Mit unschuldiger Miene strahlte sie ihren Vater an. »Er wollte
ja nicht hören.«
    Max lachte kopfschüttelnd. »Meine kleine Schwindlerin. Wie
hast du geschlafen, Luke?«
    »Ganz gut.« Fünf Dollar hatte er an die kleine Betrügerin
verloren. Es war beschämend.
    »Ich sehe, du hast bereits gefrühstückt. Falls du dich
entschieden hast, bei uns zu bleiben, zeigt dir Mouse nachher deine
Arbeit.«
    »Ist gut.« Er hütete sich davor, allzu begeistert zu klingen.
»Für ein paar Tage jedenfalls.«
    »Großartig. Zuvor noch eine kleine Gratislektion.« Max goß
sich Kaffee ein und schnupperte genießerisch, ehe er einen Schluck
trank. »Laß dich nie auf ein Spiel ein, das der andere besser
beherrscht als du. Es sei denn, du hättest einen Vorteil davon, zu
verlieren. Brauchst du Kleider?«
    Luke, der nicht begriffen hatte, welchen Vorteil Max meinte,
erwiderte nur: »Ich habe ein paar Sachen dabei.«
    »Gut, dann gehst du sie am besten holen. Danach fangen wir an.«
    Daß er keinerlei Erwartungen hegte, war in
dieser Situation für Luke nur von Vorteil. Ein anderer hätte sich
vielleicht ein aufregendes, abenteuerliches Leben auf dem Rummel
ausgemalt, aber Lukes Erfahrung nach bekam man gewöhnlich immer weniger
als man erhoffte und immer mehr als man befürchtete.
    Als Mouse ihm sagte, was er zu tun hatte, befolgte er daher
klaglos und ohne Fragen zu stellen die Anweisungen. Er packte mit an,
putzte, malte und merkte bald, daß das Leben auf dem Rummelplatz ganz
und gar nicht bunt und ungezwungen war, sondern aus anstrengender,
schmutziger Arbeit bestand.
    Überall roch es nach Essen, billigem Parfüm und verschwitzten
Körpern. Die Farben, die bei Nacht so hell erstrahlten, verblaßten im
Licht des Tages. Und die Karussells und Achterbahnen, die unter einem
sternenbesäten Himmel so prachtvoll und rasant wirkten, sahen unter dem
grellen Sommerhimmel eher lahm und ziemlich klapprig aus.
    Es war weder besonders aufregend noch abenteuerlich, den
langen schwarzen Wohnwagen abzuschrubben oder Mouse dabei zu helfen,
die Zündkerzen des Lastwagens zu wechseln.
    Mouse hatte den Kopf unter die Motorhaube gesteckt und die
Augen geschlossen, während er auf das Geräusch des laufenden Motors
lauschte. Gelegentlich summte er eine kleine Melodie vor sich hin,
grunzte zufrieden und stellte etwas neu ein.
    Luke trat
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