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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters
Autoren: Ann Rosman
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nötig. Sie blickte immer auf den Verklicker am Masttopp, um sich einen Eindruck von der Windstärke zu verschaffen und zu sehen, in welche Richtung das Wasser floss. Die laminierte Seekarte war aufgeschlagen und lag an ihrem Platz im Cockpit. Das GPS war eingeschaltet, und am UKW-Seefunkgerät war Kanal 16 eingestellt. Im Inneren des Bootes war alles aufgeräumt und verstaut. Nichts konnte auf den Boden fallen und kaputtgehen, falls es mal etwas schaukelte oder das Boot beim Segeln krängte. Vorne im Bug war die Koje gemacht, das Geschirr in der Pantry war abgewaschen und sicher in den Schapp aus Teak verstaut. Alles musste an seinem Platz sein, das war das ganze Geheimnis.
     
    … und kam nach Långevik, der Kapitän
    Herr Johansson, der die Schaumkronen leid ist
    und sich um seine Apfelbäume und den Flieder kümmert
    und den Kräutergarten rings um sein Tusculum.
     
    Bei den Strophen über den Kapitän, der an Land gegangen war, musste sie fast immer an Göran denken, ihren Exfreund. Er hatte als Kapitän gearbeitet und tat das, soweit sie informiert war, noch immer. Aber die Regel, dass man nach sechs Wochen Dienst sechs Wochen an Land verbrachte, hatte der Beziehung letztendlich den Garaus gemacht. Karin hatte getan, was sie konnte, um freie Tage zusammenzukratzen und ihn auf dem großen weißen Frachter zu begleiteten,sooft sich die Möglichkeit ergab. Immer wenn sie auf der Brücke stand, wurde ihr bewusst, wie gut der Beruf des Kapitäns zu Göran passte, und dann kam es ihr ungerecht vor, dass sie ihn dazu bringen wollte, einen Beruf aufzugeben, der ihm solchen Spaß machte. Aber die häufigen Trennungen hatten an ihren Kräften gezehrt, sie hatte gespürt, wie die am Anfang so heiße Liebe jedes Mal ein bisschen mehr verloschen war, so als lebte man zwei völlig verschiedene Leben.
    Da das Boot ihr gehörte, war Karin auf die
Andante
gezogen, und Göran hatte die Wohnung behalten, die passenderweise neben dem Schifffahrtsmuseum in Göteborg lag.
    Die Leidenschaft fürs Segeln hatten sie geteilt. Göran und sie hatten lange Törns nach Schottland, zu den Orkneys und den Shetlandinseln gemacht. Die langen Sommerferien hatten sie für diese weiten Fahrten genutzt, während sie im Frühling und im Herbst in Bohuslän geblieben waren. Diesen Sommer hatte Karin jedoch in Bohuslän verbracht. Mit Hilfe der abgegriffenen Seekarte ihres Vaters, auf der zahlreiche rote Markierungen und Notizen anzeigten, wo man einfahren konnte, obwohl die Karte etwas anderes behauptete, hatte sie viele Stellen mit wilden Erdbeeren entdeckt. Hier saß sie nun an ihrem letzten Urlaubstag und war tatsächlich zufrieden. Braungebrannt und voller neuer Eindrücke.
    Gute Freunde hatten angeheuert und waren ein Wochenende mitgesegelt. Karins abenteuerlustige Großmutter Anna-Lisa hatte trotz ihrer achtzig Jahre ihr Bündel gepackt und sie eine ganze Woche begleitet. Karins Mutter war dazu eine Menge eingefallen. Aber abgesehen von den Gastspielen der Freunde und der Großmutter war sie allein an Bord der
Andante
gewesen und hatte sich dabei wohl gefühlt. Sie hatte dadurch genug Zeit, über den Fall nachzudenken, mit dem sie im Frühjahr befasst gewesen war und der sie in gewisser Weise nach Marstrand geführt hatte. Sie hatte zufällig dort angelegt und sich in dem alten Badeort mit denKopfsteinpflastergässchen und den hübschen Holzhäusern schließlich zu Hause gefühlt. So sehr, dass sie nun hierher zurückgekehrt war, um das Boot im Herbst hier liegen zu lassen und von dieser Basis aus zur Polizeiwache nach Göteborg zu pendeln.
    Das vertraute Signal des Dampfers
Bohuslän
ließ sie eine Weile die Augen schließen und sich ihren Gedanken hingeben. Wie anders es hier vor hundert oder zweihundert Jahren ausgesehen haben musste. Die Landschaft Bohusläns hatte sich wirklich verändert. Mit Wehmut betrachtete sie die blank polierten Schiffe an den Kais. Postkartenschöne Häuser so weit das Auge reichte, Vorhänge von Tricia Guild und Laura Ashley, aber Netze, Reusen und Kescher hingen höchstens noch zur Dekoration an den Bootsschuppen.
    Das Klingeln ihres Mobiltelefons riss sie aus ihren Gedanken. Die Arbeit, stellte sie fest, als sie die Nummer auf dem Display sah, aber erstaunlicherweise war ihr das gar nicht mal unangenehm.
    »Ich weiß, du hast heute eigentlich noch Urlaub, aber … wo bist du?«, begann ihr Kollege Robban.
    »Ich sitze barfuß auf einer Klippe und schaue aufs Meer. Und ausgerechnet da musst du mich
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