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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters
Autoren: Ann Rosman
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war
ihre
Insel,
ihr
Zuhause. Karin verstand sie. Es war, als wäre sie durch ein unsichtbares Band mit Elin verbunden.
    Lyktan
, das graue Haus an der nördlichen Einfahrt, in dem ganz früher einmal ein Leuchtturmmeister gelebt hatte –wurde zur selben Zeit für eine erhebliche Summe verkauft. Der Preis wuchs obendrein immer mehr an, je länger die Einheimischen über die Angelegenheit redeten. Die Namen der neuen Besitzer blieben bis auf weiteres für alle ein Geheimnis, außer für Karin. Die Marstrander klagten und sagten, bestimmt wären es, wie üblich, irgendwelche betuchten Sommergäste, bis Brigitte auf der Fähre mitbekam, dass Elin Stiernkvist ein Boot gekauft und darum gebeten hatte, ihr selbiges an den Anleger von
Lyktan
zu liefern.

21.
    Die Kirchenglocken von Marstrand läuteten um halb sechs den Abendgottesdienst ein, doch war das draußen auf der kleinen Insel nicht zu hören, wo am Tag zuvor der restaurierte Leuchtturm Pater Noster an Ort und Stelle gesetzt worden war. Das Einfügen in die sechzehn Fundamentteile hatte seine Zeit erfordert, jetzt aber stand das Bauwerk wieder fest verankert auf Hamneskär. Das rote Eisengerüst leuchtete mit seiner frischen Farbe.
    Die Tochter des Leuchtturmmeisters Elin Stiernkvist, geborene Strömmer, hatte das blaugelbe Einweihungsband zerschnitten, und sie war die erste, die zur Laterne hinaufgestiegen war. Dort oben hatte sie geraume Zeit verweilt und aufs Meer hinausgeblickt.
     
    Am Abend dann stand eine gespannt wartende Menschenmenge auf den Klippen vor dem Leuchtturmmeisterhaus der Insel.
    Neben dem Marstrander Kirchenchor sah man den Vorstand des Vereins der Freunde Pater Nosters, prominente Einwohner von Marstrand und Vertreter der Firma, die alle Restaurierungsarbeiten ausgeführt hatte. Diejenigen aber, an die sich Karin in erster Linie erinnern würde, waren Elin, Marta, Erling, Per mit Anita, Rob und Frau, Jerker und Folke sowie Folkes Frau Vivi. Auch Sara und Tomas, Lycke und Martin und sein Bruder Johan waren gekommen. Alle waren da. Insgesamt mehr als achtzig Personen. So viele Menschen hatte die Insel wohl seit der Einweihung des Leuchtturms im Jahre 1868 nicht mehr gesehen.
    Der Wind hatte sich gelegt. Die letzten Sonnenstrahlen hatten eine goldene Straße gebildet, und Karin war von demGlücksrausch erfüllt, den sie stets empfand, wenn das Meer still dalag und aus flüssigem Gold bestand. Sie sah zu Elin hinüber, auch ihr Blick hing an der Sonnenstraße. Offen und unverstellt. Ihr helles Haar war hochgesteckt. Perlen schmückten ihre Ohren. Ihr Sohn Axel stand an ihrer rechten Seite, Marta und Erling zu ihrer Linken.
    Aller Augen waren auf den Scheinwerferraum gerichtet und warteten darauf, dass das Leuchtfeuer entzündet würde. Der gewohnte, ein wenig verwundert klingende Ruf der Eiderente ertönte, und die Möwen mäßigten für einen Augenblick ihr Kreischen. Dann strich ein erster weißer Blitz über den Horizont, und ein vierfaches Hoch wurde auf den Pater-Noster-Leuchtturm ausgebracht, bevor der eigens zu diesem Tag eingeladene Sven-Bertil Taube das Lied seines Vaters mit dem Titel »Einladung nach Bohuslän« sang.
    …
    Kommt raus zu den Stränden, den einsamen schönen,
    mit Schlehe und Weißdorn, gebeugt vom Sturm,
    mit alten Schiffswracks, grün vermodert, noch
    sichtbar im geborstenen Rumpf der Welle Form.
    Dort zwischen Meer und Land, auf gleitendem Sand,
    auf schaukelndem Tang, kannst du einsam wandern,
    in Zeiten leben, die längst vergangen,
    in der Nachkommen künftigen ebenso.
    Es duftete nach Salz und Tang.
    Die Urlaubszeit war nicht mehr weit, und Karin würde bald zum Segeln aufs Meer hinausfahren. Sie wusste nicht genau wohin und wie lange. Nur, dass sie am zehnten September in Marstrand zurück sein wollte, denn dann war sie an der Reihe, das Weiberessen auszurichten. An Bord der
Andante
.
    Sie ließ ihren Blick durch die Runde gehen, sah all die Gesichter, die ihr in kurzer Zeit so erstaunlich vertraut gewordenwaren. Sah Sara mit Tomas’ Arm um den Schultern, ihre ein wenig abwesende Miene.
    Lycke stieß Karin in die Seite.
    »Fühlst du dich wohl?«, flüsterte sie.
    Und Karin nickte.

Quellen
    Die Textauszüge aus Evert Taubes Liedern »Pierina«, »Maj på Malö«, »Nocturne« und »Himlajord« sind dem Band
Hjärtats nyckel heter sång
entnommen, erschienen im Albert Bonniers förlag, Stockholm 1960.
    Evert Taube, aus »Inbjudan till Bohuslän«,
Ballader i Bohuslän
, Albert Bonniers förlag, Stockholm
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