Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
drei Jahren als Tier verbracht und sich dennoch an sein menschliches Bewusstsein klammern können? Besaß er nicht bereits beträchtliche Fähigkeiten als Manipulator der Elemente, der dichten Nebel und heftigen Wind hervorrufen konnte? Es war vielleicht spät, aber nicht zu spät, um mit seinen Studien ernsthaft zu beginnen. Er würde stark werden; einer der Stärksten seiner Art. Ich achtete ihn dafür, aber das machte den Schmerz, ihn zu verlieren, nicht geringer.
    Er verabschiedete sich in der Halle, umarmte zunächst Vater, dann Liam, schlug Donal auf die Schulter, zauste Padraics Haar. Dem Roten legte er die Hand auf die Schulter.
    »Wache über meine Schwester«, sagte er. »Pass auf sie auf.«
    Aber Finbar und ich gingen mit ihm bis zum Waldrand und standen dort und schauten ihm nach. Die beiden alten Männer warteten schweigend. Conor berührte Finbar nicht, aber er sprach zu ihm, und ich hörte seine Worte.
    Sei stark, Bruder. Du hast deine Reise noch kaum begonnen.
    Finbar sah ihm direkt in die Augen. Manchmal ist der Weg, der vor einem liegt, dunkel.
    Es ist auch ein Licht dort. Conor streckte die Hand aus, berührte seinen Bruder leicht an der Stirn. Dann drehte er sich um, nahm mich in die Arme und zog mich so fest an sich, dass ich fast keine Luft mehr bekam. Leb wohl, kleine Eule.
    Ich kämpfte gegen die Tränen an, denn ich wusste, dies war der Weg, dem er folgen musste. Er zog die Kapuze über, griff nach seinem Stock aus Birkenholz, und die drei gingen in den Wald hinein, und in der Zeit, die es dauerte, dass eine kleine Wolke über die Sonne geweht wurde, waren sie verschwunden.
    ***
    Eines Abends waren die Männer nach dem Abendessen in eine intensive Diskussion verstrickt. Liam war gerade von einem Besuch bei Seamus Rotbart zurückgekehrt. Er hatte zwei Wolfshundwelpen und Neuigkeiten mitgebracht. Nun planten sie etwas, was sie mir nicht erklärten. Selbst den Roten hatte man mit hineingezogen, und ich hörte ihre Worte halb, als ich am Feuer saß.
    »Seamus ist nicht mehr jung«, sagte Donal. »Will er das wirklich, und kann er lange genug durchhalten?«
    »Er wird Hilfe haben.« Liam war sehr ernst. »Dafür werden wir sorgen. Ich lasse nicht zu, dass Eilis' Sohn in einem Haushalt aufgezogen wird, der dem meinen feindselig gegenübersteht.«
    »Dieses Land ist sehr weitläufig«, meinte der Rote und betrachtete die Landkarte, die auf dem Tisch vor ihnen lag. »Fürchtest du nicht, dass sich Seamus, wenn er erst einmal diese Ländereien zusätzlich zu seinen eigenen beherrscht, gegen dich wenden könnte?«
    »Seamus war immer loyal, und er kennt unsere Kraft«, erwiderte Liam. »Es ist in seinem eigenen Interesse, Eamonns Ländereien zu verwalten, bis der Junge erwachsen ist, und Sevenwaters als Verbündeten zu halten. Er ist der Großvater des Kindes; andere werden seinem Anspruch wenig entgegenhalten können.«
    Ich war nicht sicher, ob ich mehr hören wollte. Besonders nicht, was sie für Eamonn selbst geplant hatten, denn in dem Bild, das sie da zeichneten, schien kein Platz für ihn zu sein. Also stand ich auf, entzündete eine Kerze und dachte daran, mich ins Bett zurückzuziehen, als ich zur Tür schaute und Finbars Blick bemerkte, bevor er nach draußen schlüpfte. Es war spät, und er hatte keinen Umhang dabei. Und er hatte diesen seltsamen, wilden Blick. Aber vielleicht wollte er nur allein sein, wie es uns allen von Zeit zu Zeit geht. Vielleicht würde er bald zurückkommen. Ich wartete und behielt die Tür im Auge. Die Zeit verging, die Männer sprachen weiter, und Finbar kam nicht wieder. Endlich konnte ich nicht mehr warten. Ich sprach leise mit dem Roten, weil ich meinen Vater nicht umsonst beunruhigen wollte. Wir griffen nach unseren Mänteln und Stiefeln und einer Laterne und machten uns auf, um Finbar zu folgen.
    Es hatte geregnet, aber nun war die Luft klar und feucht. Seine Spuren waren auf dem weichen Boden leicht zu verfolgen, den ganzen Weg bis zu der Bucht, an deren Ufer die kleine Birke wuchs. Aber mein Bruder war nicht zu finden. Wir gingen eine Weile am Ufer auf und ab und suchten im Laternenlicht, bis der Mond hinter seinem Wolkenschleier erschien und einen kalten Schein auf den Wald warf. Direkt am Seeufer, wo der letzte Fußabdruck am Übergang von weißem Sand und klarem Wasser zurückgeblieben war, fiel mir etwas auf. Der Rote hielt die Laterne und wir beugten uns vor, um genauer hinzusehen. Dort lag das Amulett meiner Mutter, die Schnur immer noch ganz, ein paar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher