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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit
Autoren: Jo Zybell
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dem Mädchen in die Glieder. »Nein, nein!«
    Tränen stiegen ihm in die Augen. »Tu ihm nichts!«
    »Gebratenes Lammfleisch .« Die seltsame Frau dehnte die Worte und machte eine gierige Miene. »... Ich liebe es!«
    Katanja blickte sich nach Polder um, doch der machte keine Anstalten, ihr beizustehen, lag nur winselnd im Farn. Irgendetwas schien ihm mächtig Angst einzujagen. Allmählich wurde auch dem Mädchen unheimlich zumute. »Du kannst es behalten ...« Es ließ das Kleid der Fremden los und faltete die kleinen Hände vor der Brust. »Du kannst es behalten, wenn du ihm nicht wehtust.«
    Die Frau nahm das Messer von der Kehle des Lamms. »Du gibst also zu, dass es mir gehört?« Sie legte die hohe Stirn in Falten. Das verlieh ihr einen Ausdruck des Erstaunens, ja des Unglaubens.
    »Ja, ja!« Wie flehend rang Katanja die Hände. »Ja, wenn du es am Leben lässt, gebe ich zu, dass es deines ist! Wenn du ihm nichts tust, soll es dir gehören!«
    Die Frau steckte das Messer weg. »Na gut.« Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ich könnte zwar mit ihm tun, was ich will, denn es gehört ja nun mir. Doch ich kann kleine Mädchen nicht weinen sehen .« Sie drückte das Lamm an ihre Brust und streichelte es. »Und jetzt verschwinde, bevor ich es mir anders überlege!« Mit einer strengen Geste deutete sie auf das Farnfeld.
    Schluchzend trottete Katanja dorthin zurück, wo sie hergekommen war. Als die Farnwedel sie wieder ganz umgaben, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Der Hütedogger schlich mit angelegten Ohren und eingezogenem Schwanz hinter ihr her.
    Als Farn und Gemäuer hinter ihnen lagen, ging sie mitten im Farnfeld neben dem Caniden in die Hocke. »Du hättest sie packen müssen!«, zischte sie. Ihre Trauer verwandelte sich in Wut auf Polder.
    »Seit wann fürchtest du dich vor fremden Frauen? Du hättest sie beißen müssen, bis sie das Lamm loslässt!« Mit beiden Fäusten stieß sie ihn in die Flanke und vor die Schnauze. Der große Canide kroch winselnd unter einen Busch.
    Katanja schluchzte, wischte sich die Tränen aus den Augen und stapfte ins Gestrüpp zwischen den Bäumen. Unter den Buchen sah sie sich um. Ein Astprügel, halb so groß wie sie selbst, lag dort. Sie packte ihn und schlich ins Unterholz. So lautlos sie konnte, pirschte sie um das halbrunde Ruinengemäuer herum und drang auf der dem Farnfeld gegenüberliegenden Seite ins Buschwerk ein. Irgendwo zwischen den Bäumen sprach die rothaarige Frau mit jemandem.
    Katanja verharrte und lauschte: Eine alte, krächzende Stimme antwortete der Frau. Katanja schlich bis zum Stamm der Eibe, der so stark war wie die Säulen in der Vorhalle von Altbergen. Wieder lauschte sie.
    Die singende Stimme der Frau klang enttäuscht, die krächzende Stimme schien sie zu verspotten. Den Knüppel hinter sich herziehend, kroch Katanja auf den Knien und Ellbogen vorbei am Eibenstamm und unter dem tiefhängenden, dicht verflochtenen Geäst des Nadelbaums hindurch und so weit in das Halbrund der Ruine hinein, bis sie die rothaarige Frau sehen konnte.
    Die hielt das Lamm auf dem Arm und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Der, mit dem sie sprach, musste irgendwo oben im alten Gemäuer oder in der dichten Krone der Eibe stecken. Die Frau nannte den Unsichtbaren Sakrydor.
    Katanja verstand den Namen genau; und sie sollte ihn nie wieder vergessen.
    Die Frau in Grün beklagte sich über irgendein Mädchen, von dem sie enttäuscht war, und die krächzende Stimme aus dem Baum behauptete, schon vorher gewusst zu haben, dass besagtes Mädchen nicht das sei, was sie suchten, und wieder spottete sie über die Frau. Katanja begriff nicht, worum es ging - offenbar hatte das Mädchen, von dem die Rede war, in irgendeiner Sache zu früh aufgegeben. Doch sie hörte nicht mehr richtig zu, und es war ihr auch gleichgültig, worüber die beiden rätselhaften Erwachsenen da stritten. Sie wollte ihr Lamm zurück und sonst gar nichts.
    Irgendwann bückte sich die Rothaarige und warf das Lamm achtlos ins Unterholz. Katanja sah es mit heißer Wut. Sie packte den Astprügel, sprang aus ihrem Versteck unter dem Eibengeäst und schleuderte ihn gegen die Frau. Sie achtete nicht weiter darauf, ob und wo sie die Fremde traf und wie diese reagierte, sondern warf sich auf das verstörte Lamm, ergriff es mit beiden Händen und rannte mit ihm zum Farnfeld.
    So ein Lamm war jedoch erheblich schwerer, als das Mädchen vermutet hatte, außerdem zappelte es und wollte sich aus seiner
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