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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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darüber.“
    „Wirst du in Sicherheit sein?“
    Er lächelte. „Ist irgendeiner von uns in Sicherheit?“
    „Was wirst du tun?“
    „Das, wofür ich ausgebildet wurde. Mich mit dem Gesetz beschäftigen.“
    Sie kehrten zurück in den kleinen Raum, wo das Feuer heruntergebrannt war, und sie war froh über ihren Umhang in der frühen Dunkelheit des Winters.
    Er hatte sie als tapfer bezeichnet, aber mit ihrer Tapferkeit vor dem König hatte sie nur ihr Leben riskiert. Wenn sie jetzt, bei ihm, tapfer war, würde sie ihr Herz riskieren.
    Aber sie würde es trotzdem tun.
    Sie griff nach seiner Hand, wollte ihn einmal noch spüren. Doch sie konnte ihm nicht in die Augen sehen und spielte mit seinen Fingern, betrachtete sie, als wären sie ein Wunder, und konnte ihm nicht Auf Wiedersehen sagen.
    Stattdessen ergriff er das Wort.
    „Bleib bei mir, Solay“, sagte er und strich über ihre Finger, über jeden einzelnen von ihnen. „Vielleicht kann nur der Himmel Gerechtigkeit schenken, aber ich glaube, Liebe können wir auf Erden finden.“
    Sie hielt den Atem an. Wenn er seine Worte zurücknahm, würde ihr diese Erinnerung bleiben: das Knistern des Feuers, der Geschmack des Weines, der Duft nach Zedern und Tinte, seine zusammengepressten Lippen und die Spur von Hoffnung in seinen dunklen Augen.
    „Habe ich dich davon überzeugt, dass ich dich liebe?“, fragte sie.
    „Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich dich liebe.“
    „Wenn ich dir sage, dass ich dich liebe, wirst du mir glauben?“ Sie wollte, dass er Ja sagte. Mehr als sie jemals irgendetwas in ihrem Leben gewollt hatte.
    „Sollte ich das?“
    Sie hob den Kopf und sah, wie es um seine Mundwinkel zuckte. „Ja, das solltest du. Und du solltest dich geehrt fühlen, die Liebe der Tochter von Lord William Weston und Lady Alys Piers errungen zu haben.“
    Er zog sie in seine Arme. „Nach den Gesetzen des Himmels und der Erde sind wir bereits aneinander gebunden.“
    „Und mehr als das“, sagte sie, und Tränen traten ihr in die Augen, als sie zu ihm aufsah. „Wir sind durch unsere Herzen aneinander gebunden.“
    Da küsste er sie, zärtlich und doch voller Leidenschaft, und sie wusste, dass sie nie wieder getrennt sein würden.

EPILOG
    Sobald an Mittsommer die Sonne aufging, öffnete Solay die Augen und empfing einen Kuss ihres Gemahls. Sie lachte, noch an seinen Lippen, denn das Kind in ihrem Leib strampelte zufrieden.
    „Guten Morgen, Geliebte“, sagte er. „Dein Tag ist wieder angebrochen.“
    Entgegen aller Tradition bestand Justin darauf, den Sankt-Johannis-Tag so zu feiern, als gehörte er zu ihr und nicht zu dem Heiligen, und er hatte vor, auch den Geburtstag ihres Kindes stets feierlich zu begehen.
    „Ist es nicht schön, dass mein Tag ausgerechnet der längste des ganzen Jahres ist?“ Später würden sie alle Justins Bruder und seine Familie besuchen, um mit ihnen erstmals ein gemeinsames Mittsommerfest zu feiern. „Ein Grund mehr für mich zur Freude.“
    Er sprang aus dem Bett. „Warte. Genau hier. Ich bin gleich zurück.“
    Zufrieden drehte sie sich zur Seite, als er leise das Zimmer verließ.
    Für das Mittsommerfest waren sie aus London zurück aufs Land gekommen und hattendas geschäftige Treiben in der Stadt und Justins Anwaltspraxis eingetauscht gegen den Witwensitz auf dem Anwesen seines Bruders. Er war klein, nicht größer als ihr Haus in Upminster, aber ihre Mutter war hier glücklich.
    Und Jane? Sie wünschte, sie wüsste, wie sie ihre Schwester glücklich machen könnte. Justin hatte für sie einen Heiratsantrag von einem reichen Londoner Kaufmann erhalten, aber als sie diese Neuigkeit verkündet hatten, war Jane weinend hinausgelaufen und hatte seither kaum ein Wort gesprochen.
    Solay legte einen Arm um ihren sich immer mehr wölbenden Leib, umarmte ihr Kind, das bald geboren werden sollte, und fragte sich, was die Sterne im Zeichen der Jungfrau für diesen Menschen vorhersahen. Was den Königbetraf, so hatten sierecht gehabt. Die nächste Sitzung des Parlaments war stürmisch verlaufen. In sicherer Entfernung vom Hofe hatten sie und Justin entsetzt zugesehen, wie Richards oberste Ratgeber angeklagt, verurteilt und hingerichtet worden waren.
    Aber der König hatte sein Leben behalten, und den Thron.
    Hibernia und Agnes waren über den Kanal in die Niederlande entkommen. Solay vermisste ihre Freundin, aber sie war froh, dass die beiden endlich einen Platz gefunden hatten, wo sie einander in Frieden lieben konnten.
    Justin
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