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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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es keinen neuen geben können. „Was hat das mit mir zu tun?“
    „Sie glauben, die Sterne würden ihnen sagen, dass Richards Regierungszeit vorüber ist.“
    Sie schluckte die Angst hinunter, die ihr die Kehle zuzuschnüren drohte. Sie war zu lange vom Hof weg gewesen. Während sie sich auf den Himmel konzentrierte, hatte sie es versäumt, an irdische Fallstricke zu denken. „Wen wollen sie auf dem Thron sehen?“
    Gloucester war der Sohn des alten Königs, aber er war nicht der Einzige, der Anspruch erheben konnte. Und die anderen würden den Titel des Königsmachers haben wollen.
    „Richard ist nur am Leben, weil Gloucester sie nicht dazu bringen kann, ihn zum König zu machen. Wähle deine Worte mit Bedacht.“ Er drückte ihre Hände. „Gloucester wird da sein. Er will, dass du Richards Tod voraussagst.“
    „Und wenn ich das nicht tue?“
    „Dann wird er dich beschuldigen, schwarze Magie zu betreiben.“
    Sie musste nicht fragen, welche Strafe darauf stand. „Also hat er dich geschickt, um mich zu warnen, dass nicht nur Richards Leben auf dem Spiel steht.“
    Mit einem Finger berührte er ihre Wange und brachte sie so dazu, ihn anzusehen. Sein drängender Blick hatte nichts mit Lust zu tun. „Ich werde dich beschützen. Ich schwöre es.“
    Sie stand auf, und er ließ die Hand sinken. „Ich weiß, du wirst es versuchen.“ Aber sie wussten beide, es war ein leeres Versprechen.
    Als sie sich umwandte, legte er ihr den Umhang über die Schultern und flüsterte ihr ins Ohr: „Was wirst du ihm sagen?“
    Sie hatte keinen Gemahl, kein Heim, keine Sicherheit mehr in ihrem Leben, abgesehen von dem, was sie gelernt hatte, um einen Blick in den Himmel zu erhaschen. Seltsam, was blieb und was nicht. „Die Wahrheit.“
    Sonst zählte nichts mehr.
    Verblüfft sah Justin ihr nach, während sie durch die Tür schritt, ohne auf ihn zu warten. Zu spät fiel ihm ein, dass sie sich im Tower ebenso gut auskannte wie er, und auf halbem Wege im Gang erst holte er sie ein und hielt sie am Arm fest, damit sie stehen blieb.
    „Das wird dich nur retten, wenn sie die Wahrheit hören wollen“, flüsterte er und war nicht sicher, wer mithören könnte.
    „Du wirst es erfahren, wenn der König es erfährt.“
    Ihre Zunge war im Laufe des letzten Jahres schärfer geworden. „Du bist gut im Spiel. Denk dir irgendeinen Unsinn aus, den sie so deuten können, wie sie wollen. Sie werden den Unterschied nicht merken.“
    Sie verlangsamte ihren Schritt nicht einmal. „Ich werde nicht versuchen, Gloucester zu gefallen, nur weil er jetzt die Macht in Händen hält.“
    „Seit wann bist du eine Streiterin für die Wahrheit? Du hast sie schon aus unwichtigeren Gründen weit mehr gedehnt.“
    „Dich kümmert nicht einmal, wie die Wahrheit lautet.“
    „Sag es mir später. Nachdem es vorbei ist.“
    „Also will der große Verteidiger der Wahrheit, dass ich lüge?“
    „Wenn du damit dein Leben rettest, ja.“ Er würde jeden Eid brechen, jede Regel verleugnen, die ihr Leben gefährden könnte.
    „Wie kannst du dann zornig sein über das, was ich tat, um deines zu retten?“
    Der Boden unter seinen Füßen schien zu schwanken. „Du hast nie nach der Macht des Königs gestrebt, oder?“
    „Nur nach der Macht, mit der er mir geben konnte, was meine Mutter und meine Schwester brauchten.“
    Absolut treu gegenüber Verwandten und Freunden, hatte sie alles für jene geopfert, die sie liebte. Für ihn.
    Er umfasste ihr Gesicht. „Du bist eigensinnig, dumm und unglaublich tapfer“, sagte er.
    Sie errötete leicht, doch sie wandte sich ab, ohne zu lächeln oder auch nur zu nicken.
    Und als die Wache ihr die Tür öffnete, hatte Justin nicht die geringste Ahnung, was sie sagen würde.
    Zitternd betrat Solay den Raum. Endlich, zu spät, hatte Justin verstanden. Aber sie würde nicht gegen ihren Eid verstoßen. Nicht ihm zu Gefallen, nicht für Gloucester, nicht einmal für den König. Sie hatte zu hart gearbeitet, um die Wahrheit herauszufinden.
    Als sie stehen blieb, direkt vor Richards Angesicht, sank sie in einen tiefen Knicks. Aber sie hörte keinen Befehl zum Aufstehen. Durch ihre Wimpern spähte sie nach oben, ohne den Kopf zu heben.
    Den stolzen König, den sie gekannt hatte, gab es nicht mehr.
    Richard saß zusammengesunken in einem groben Stuhl, seine Gemahlin in Reichweite neben ihm. Der treue Hibernia war nicht mehr an seiner Seite. Stattdessen standen Gloucester und die anderen vier Ratsmitglieder im Raum, bereit, seine
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