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Die Tigerin

Die Tigerin

Titel: Die Tigerin
Autoren: Carter Brown
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wie Sie wissen, Lieutenant.
Ein reizendes Mädchen — eine überaus tüchtige Sekretärin. Was sie vor oder nach
ihren Dienststunden gemacht hat, davon habe ich keine Ahnung .«
    »Ihre Beziehungen zu Miss Kains waren ausschließlich beruflicher Natur? — In keiner
Weise persönlicher Art?«
    Er fuhr herum und sah mich an.
Um seinen Mund lag ein Zug strenger Mißbilligung .
»Ich lege auf Ihre Anspielungen nicht den geringsten Wert, Lieutenant«,
erwiderte er barsch. »Ich habe es Ihnen bereits gesagt — sie war lediglich
meine Sekretärin .«
    »Natürlich«, sagte ich milde.
»Wie lange ist sie bei Ihnen gewesen ?«
    »Ein Jahr — vielleicht ein
bißchen mehr. Ich kann in meinen Unterlagen nachsehen, wenn Sie wollen .«
    »Vielleicht später«, sagte ich.
»Wie kam es zu ihrer Anstellung ?«
    »Meine letzte Sekretärin
heiratete«, sagte er steif. »Eine der Arbeitsvermittlungen schickte mir fünf
oder sechs Bewerberinnen. Bernice machte den besten Eindruck, und so engagierte
ich sie .«
    »Sie war nicht verheiratet ?«
    »Meines
Wissens nicht.«
    »Hatte
sie einen festen Freund ?«
    »Wie
oft muß ich es noch wiederholen, Lieutenant ?« knurrte
er beinahe. »Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, ich weiß nichts über ihr
Privatleben .«
    »Wenn
ich Ihnen diese Fragen nicht stelle, Doktor«, sagte ich geduldig, »werden eine
Menge anderer Leute sie stellen — einschließlich der Zeitungen. Daß die Leiche
des Mädchens ins Grab Ihrer Frau gelegt wurde, kann kaum ein Zufall sein. Es
sieht also ganz so aus, als ob derjenige, der das getan hat, guten Grund hatte,
nicht nur das Mädchen, sondern auch Sie — oder vielleicht Ihre Frau zu hassen .«
    Sein
Gesicht wurde wieder bleich. »Ich brauche mir solche verleumderischen
Vermutungen nicht gefallen zu lassen, Lieutenant, und denke auch nicht daran,
das zu tun. Wenn Sie versuchen, diese Form des Ausfragens beizubehalten, werde
ich sofort mit meinen Rechtsanwälten sprechen .«
    »Das
ist Ihr gutes Recht, Doktor«, pflichtete ich bei. »Aber daß das Mädchen
absichtlich ins Grab Ihrer Frau gelegt worden ist, muß doch irgendeine
Bedeutung haben. Oder sind Sie da nicht meiner Ansicht ?«
    Er
setzte sich wieder, und seine Hände fuhren ruhelos über die Schreibtischplatte.
»Ich... ja, vermutlich«, sagte er mit beherrschter Stimme. »Entschuldigen Sie.
Es ist völlig normal, daß Sie diese Fragen stellen — ich kann sie nur im
Augenblick nicht ertragen .«
    »Das
kann ich gut verstehen«, sagte ich. »Aber ich muß sie stellen .«
    Thorro zündete sich eine Zigarette an, um seinen Händen
etwas zu tun zu geben, und zog nervös daran.
    »Meine
Ehe war nicht glücklich, Lieutenant«, sagte er hastig. »Sie war ein Irrtum. Das
war uns beiden nach dem ersten Jahr klar, aber irgendwie schafften wir es
nicht, daran etwas zu ändern .« Für einen Augenblick
verzogen sich seine Mundwinkel zu einem bitteren Lächeln. »Vermutlich hatte
meine berufliche und soziale Stellung eine Menge damit zu tun, und Martha genoß
natürlich den Luxus und das gesellschaftliche Prestige, das sie als meine Frau
hatte. In den letzten fünf Jahren kamen wir schlecht und recht miteinander aus —
wir brachten ein gewisses Maß an Toleranz auf; das war alles .«
    Er
zerdrückte mit einer heftigen Bewegung die Zigarette in dem gläsernen
Aschenbecher auf dem Schreibtisch und fuhr sich dann mit der Hand über die
Stirn.
    »Was nützt
das alles ?« sagte er verzweifelt, wie zu sich selber
gewandt. »Wollen Sie es genau wissen, Lieutenant? Bernice war meine Geliebte — seit
einem halben Jahr .«
    »Und
es fällt Ihnen trotzdem niemand ein, der einen Grund gehabt haben könnte, sie
umzubringen — aus Eifersucht vielleicht ?«
    »Nein«,
sagte er, entschieden den Kopf schüttelnd. »Niemand. Sie kam aus Denver und
hatte hier in Pine City keinerlei Freunde oder
Verwandte .«
    »Wie
steht es mit Ihrer Frau ?« sagte ich. »Vielleicht wußte
jemand über Sie und Bernice Kains Bescheid und fand,
Ihre Frau würde schlecht behandelt — dann könnte ihr Tod den Anreiz für einen
Mord aus Rachsucht gebildet haben ?«
    »Ich habe keine Ahnung, ob
Martha, über uns Bescheid wußte oder nicht«, sagte Thorro müde. »Selbst wenn sie es wußte, möchte ich bezweifeln, daß es sie beunruhigte,
solange ich für Diskretion sorgte. Martha war eine Frau mit einem sehr
ausgeprägten Sinn für die materiellen Werte des Daseins — und wenn da ein
anderer Mann in ihrem Leben war, so weiß ich bestimmt nichts
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