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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele
Autoren: Kate Dakota
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vorstellen können, aber Erin hatte es ihm dann zumindest im Ansatz verständlich gemacht.
    »Die Therapie basiert auf einer simplen Erkenntnis«, so hatte sie ausgeführt. »Höhen- und gezieltes Akklimatisationstraining gehören schon seit Ewigkeiten zum Aufbauprogramm von Spitzensportlern und Alpinisten. Der gewonnene physische und mentale Leistungszuwachs hilft dabei, Leistungsreserven voll auszuschöpfen und die psychische Sicherheit zu erhöhen. Der Umwandlungsprozess funktioniert folgendermaßen: In der sauerstoffärmeren Umgebung des Höhenklimas beginnt der Körper, vermehrt rote Blutkörperchen zu bilden. Dadurch wird das Mikrokapillarsystem reguliert. Es kommt zu einer allgemeinen Verbesserung der Sauerstoffaufnahme, des Sauerstofftransports und der Sauerstoffverwertung in den Zellen. Im Laufe der Zeit hat man aus dieser Trainingsmethode für Hochleistungssportler Erkenntnisse gewonnen, die letztendlich dazu geführt haben, dass sie auch für die Medizin interessant wurden. Denn neben der Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit wurden noch einige andere positive Aspekte beobachtet. Darunter die Stärkung des Immunsystems, die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit, eine bessere Stressbewältigung, eine Verkürzung von Regenerationszeiten sowohl im physischen als auch im psychischen Bereich und eine Harmonisierung der Hormonproduktion. Daraus entwickelten sich dann alternative Therapien zur Behandlung von psychischen Erkrankungen, insbesondere Depressionen. Unter ihnen ist die Erfolgversprechendste die IHHT. Bei der IHHT wechseln sich Höhentraining und Sauerstofftherapie in Intervallen ab. Begleitend dazu gibt es eine herkömmliche Gesprächstherapie.«
    »Und wo genau findet das Ganze statt?«, hatte James seine Schwester gefragt.
    »Es existiert ein speziell für die IHHT gebautes Zentrum in den Rocky Mountains. Von dort aus werden für das Höhentraining ausgiebige Wanderungen in die Berge unternommen. Die anschließende Sauerstoffflutung der Zellen wird natürlich im Zentrum selbst durchgeführt. Die Gesprächstherapie erfolgt ausschließlich bei den Bergtouren, weil sich gezeigt hat, dass die Patienten unter freiem Himmel eher gewillt sind, sich auf diese einzulassen.«
    »Ich weiß nicht«, hatte James geknurrt. »Das hört sich für mich wie Scharlatanerie oder wie ein Erlebnisurlaub für Versuchskaninchen an. Und das soll Amy wirklich helfen?«
    Erin hatte genickt, und Amelie hatte freudig in die Hände geklatscht. »O ja, da will ich hin. Ein Psycho-Camp! Das ist genial. Wie gemacht für mich!« Die strafenden Blicke der Prescott-Geschwister für ihre doch mal wieder sehr eigensinnige Wortwahl hatte sie in ihrer Euphorie nicht bremsen können. Und so war das Unvermeidliche dann beschlossen worden.
    James blickte ein weiteres Mal auf seine Uhr und schielte sehnsüchtig zum Telefon, das jeden Moment klingeln musste, denn es war jetzt genau 21 Uhr. Aber noch blieb es stumm. Was James dazu bewog, in der Zwischenzeit seine Mails zu checken. Die dienstlichen ließ er außen vor, die hatten Zeit bis zum nächsten Tag. Eine der privaten kam von Anabel. Sie fragte an, ob sie am Todestag von Liam gemeinsam sein Grab besuchen würden. James raufte sich die Haare. Oh, nein, nicht sie auch noch. Er würde ihr das nicht so ohne weiteres zusagen können. Hatte er es doch bis jetzt nicht mal geschafft, alleine dorthin zu gehen. Obwohl er es Amelie versprochen hatte, nachdem sie ihn nochmals stundenlang deswegen bearbeitet hatte, bevor sie abgereist war. Vielleicht, wenn sie wieder da war…. Er tippte eine kurze Antwort an Anabel, in der er sie bat, ihm noch ein wenig Zeit zu geben. Eigentlich war es immer noch unglaublich, dass sie überhaupt wieder miteinander kommunizierten.
    Ein paar Tage nach dem Geburtstag seines Vaters hatten sich die Familien Prescott und Fletcher zusammengesetzt und die Ereignisse von vor sieben Jahren noch einmal gründlich aufgearbeitet. Gründlich hieß, dass geschrien, geschimpft, beschuldigt und verdammt wurde, was das Zeug hielt. Aber am Ende hatte man sich darauf geeinigt, dass man, dem Andenken des kleinen Liams zuliebe und aufgrund der Beziehung von Ruben und Anabel, das Kriegsbeil zwar noch nicht tief begraben, doch zumindest verscharren wollte. Das hatte bislang ganz gut geklappt. Selbst Erin, die eigentlich so nachtragend war wie ein alter Elefant, hatte sich letztendlich eingekriegt, und James wurde das Gefühl nicht los, dass ein gewisses, derzeit abwesendes
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