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Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Therapie: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Sebastian Fitzek
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erschrak ein letztes Mal vor seiner eigenen Stimme, so wie ein Tier, das sich in seinem Spiegelbild erkennt. Schließlich wiederholte er den Satz noch einmal, als ob er sichergehen wollte, dass er sich nicht irrte.
    »Vor mir stand …
    Vor mir stand … ich selbst!«
    Und dann war es still.

    Es war Montag, der 26. November, und die klare Wintersonne drang durch das vergitterte Fenster in das kleine Einzelzimmer der psychiatrischen Klinik in Berlin-Wedding. Dort, wo sich Dr. Viktor Larenz, ehemaliger Starpsychiater und renommierter Spezialist für schizophrene Erkrankungen, wegen multipler Wahnvorstellungen in Behandlung befand und wo er nach vier Jahren den ersten lichten Moment hatte, seitdem vor knapp zwei Wochen seine Medikamente abgesetzt worden waren.

    Es war ein schöner, sonniger Winternachmittag in Berlin. Der Wind hatte nachgelassen, die Wolken lockerten auf und das Unwetter der letzten Tage hatte sich endgültig verzogen.

57. Kapitel
    Neun Tage später. Heute.
    D er Hörsaal der psychiatrischen Klinik in Wedding war schlecht besucht. Bis auf die zwei Männer in der ersten Reihe und die kleine, grauhaarige Gestalt am Rednerpult war keine Menschenseele anwesend. Trotzdem war der Saal, der normalerweise über fünfhundert Stundenten fasste, abgedunkelt und von innen abgeschlossen.
    Die beiden einzigen Zuhörer zählten zu der juristischen Elite des Landes, und was der Klinikleiter, Professor Malzius, ihnen zu sagen hatte, war streng geheim.
    »Dr. Larenz leitete viele Jahre eine gut gehende Privatpraxis in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte. Zu seiner Person muss ich wohl in diesem Kreis keine größeren Ausführungen machen, er dürfte allen hinlänglich durch seine zahlreichen Veröffentlichungen und Auftritte in den Medien bekannt sein, auch wenn die jetzt einige Jahre zurückliegen.«
    Die beiden Juristen räusperten sich, und Professor Malzius wechselte von einem Dia, das Dr. Larenz als einen stattlichen jungen Mann vor dem Bücherregal in seiner Praxis zeigte, zu einem weniger angenehmen Anblick. Wieder war es Larenz, doch diesmal lag er nackt, in Fötus-Haltung auf einer schlichten Krankenhausliege.
    »Er wurde bei uns eingeliefert, als er unmittelbar nach dem Verschwinden seiner Tochter kollabierte. Ursprünglich sollte er nur vorübergehend aufgenommen werden. Aber sein Zustand wurde von Tag zu Tag schlimmer, so dass wir ihn schließlich bis heute weder entlassen noch verlegen konnten.«
    Ein neues Dia erschien und zeigte eine Zeitungsschlagzeile.
    Ein Land sucht Josy.
Tochter des Starpsychiaters seit Jahren vermisst.
    »Die zwölfjährige Tochter von Dr. Viktor Larenz verschwand im November vor vier Jahren. Ihrem Verschwinden war eine elfmonatige Krankheit vorangegangen, die man sich zunächst nicht erklären konnte. Die Ursache ihrer Krankheit, der Grund ihres Verschwindens, die Identität ihres Entführers – all das wurde nie herausgefunden.«
    Malzius machte eine Kunstpause, um seine nachfolgenden Worte besser zur Geltung zu bringen. »Bis heute.«
    »Entschuldigung.«
    Einer der beiden Juristen, ein kleiner Mann mit blondem, gelocktem Haar, war von seinem Platz in der ersten Reihe aufgestanden und hatte wie im Gerichtssaal das Wort ergriffen.
    »Könnten Sie sich mit Ihren Ausführungen vielleicht etwas beeilen? Wie Sie sich denken können, sind wir mit diesen Details bestens vertraut.«
    »Ich danke Ihnen für den Hinweis, Dr. Lahnen. Ich bin natürlich davon unterrichtet, dass Sie und Ihr Kollege Dr. Freymann heute wenig Zeit haben.«
    »Gut. Dann wissen Sie sicherlich auch, dass der Patient schon in einer halben Stunde in die psychiatrische Gefängnisklinik Moabit verlegt werden soll, wo morgen die erste richterliche Vernehmung stattfinden wird. Und wir würden gerne noch heute mit ihm reden. Jetzt, wo er wieder transportfähig ist, wird er sich bald wegen Totschlags, vielleicht sogar wegen Mordes zu verantworten haben.«
    »Ja. Umso wichtiger ist es, dass Sie mir gut zuhören, wenn Sie Dr. Larenz vernünftig verteidigen wollen«, ermahnte Professor Malzius, dem es gar nicht passte, in seinem eigenen Hörsaal von Nichtmedizinern gemaßregelt zu werden.
    Lahnen kniff die Lippen zusammen, setzte sich aber wieder, und Malzius fuhr mit seinen Ausführungen fort.
    »Über vier Jahre war der Patient nicht ansprechbar. Vier Jahre, die er in seiner eigenen Scheinwelt lebte, bis wir uns vor nunmehr drei Wochen zu einem mutigen, ungewöhnlichen, ja vielleicht sogar radikalen
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