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Die Terranauten TB 11 - Spektrum-Jagd

Die Terranauten TB 11 - Spektrum-Jagd

Titel: Die Terranauten TB 11 - Spektrum-Jagd
Autoren: Andreas Weiler
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verwahrlosten Eindruck. Müll stapelte sich an den Wänden, und im heller werdenden Zwielicht des neuen Tages sah der Historiker hier und dort Muratten, die vor dem Summen der MHD-Generatoren die Flucht ergriffen. Der junge Mann bog von der asphaltierten Hauptstraße ab und lenkte das Fahrzeug in eine schmale Einfahrt. Auf dem Innenhof eines besonders schäbig wirkenden Hauses hielt er an, reichte seinem Fahrgast einen Aktivfilter und öffnete das Schott. »Wir sind am Ziel«, sagte er knapp und starrte unsicher durch die transparente Kanzel. Draußen war niemand zu sehen, aber offenbar verspürte der junge Mann den sehnlichen Wunsch, diesen Ort so rasch wie möglich wieder zu verlassen. Vielleicht hatte er Angst, daß man ihn für einen Bioagenten halten konnte, wenn er sich hier zu lange aufhielt. Vielleicht fürchtete er, seine Aufnahme ins NBK dadurch aufs Spiel zu setzen. Haddar Luwic bedankte sich und stieg aus. Hinter ihm schloß sich das Schott sofort wieder. Die MHD-Generatoren des Wagens summten lauter, als der junge Mann das Fahrzeug wieder auf die Straße lenkte und verschwand. Stille schloß sich an. Der alte Historiker achtete darauf, nur durch den Filter zu atmen, als er auf den dunklen Eingang zuschritt, aber trotzdem breitete sich in seinen Lungen jenes Stechen aus, das auf eine beginnende Emissionsvergiftung hinwies. Er hatte inzwischen den Großteil der Dekontaminierungspillen, mit denen er sich vor Beginn des Fluges nach Tschitschiri bevorratet hatte, verbraucht, und den Rest bewahrte er sich für einen wirklichen Notfall auf. Als er in die Tür trat, sah er unmittelbar vor sich den Schatten einer schmächtigen Gestalt. Die Frau begrüßte ihn mit einem sanften Lächeln.
    »Ich habe Sie schon erwartet«, sagte die Grüne Botschafterin. »Hatten Sie große Schwierigkeiten, hierherzugelangen?«
    Haddar Luwic schüttelte den Kopf. »Die Überbleibsel einer nächtlichen Straßenschlacht. Und eine Kontrolle.«
    »Ich verstehe.«
    Sie führte ihn eine schmale und steile Treppe hinauf, deren hölzerne Stufen unter ihren Schritten bedrohlich knarrten. An den Wänden mit dem in ganzen Fladen abbröckelnden Putz phosphoreszierten nur wenige elektrische Leuchtflecken. Ihr Licht fiel auf die winzigen grünen Blätter, die schuppenartig auf den nackten Schultern der Frau wuchsen und bei jeder Bewegung leise raschelten. Sie sangen eine eigene und ganz besondere Melodie.
    Das Büro der Botschafterin war spartanisch eingerichtet und bestand eigentlich nur aus einem kleinen und armseligen Schreibtisch und zwei wackeligen Stühlen. Der Teppichboden hätte schon vor Jahren ausgetauscht werden müssen, und an der Decke waren Stockflecken zu sehen. Lirha Ankrum hatte ihre deprimierende Arbeitsumgebung mit einigen Mitbringseln aufgewertet: drei holographische Bilder, die verschiedene Aspekte der Variökologie ihrer Heimat zeigten – und einen Pflanzenkeimling, der in einer tönernen Schale unmittelbar vor dem schmutzigen und zur Straße hin gelegenen Fenster wuchs. »Setzen Sie sich, Historiker«, sagte die Grüne Botschafterin. »Übermäßige Bequemlichkeit kann ich Ihnen nicht gerade bieten, wie Sie selbst sehen können.«
    Haddar Luwic lächelte. »Ich bin Entbehrungen gewöhnt.« Er nahm Platz und musterte die Frau hinter dem Schreibtisch. Ihr Haar war so schwarz wie die Nacht zwischen den Sternen, und ihre großen Augen glichen zwei glänzenden Opalen. Sie trug den Umhang, in dem er sie schon an Bord der Fähre gesehen hatte, mit der sie vor einigen Tagen auf Tschitschiri gelandet waren. Eine Weile schwiegen sie, und der alte Historiker nahm das Gefühl der Harmonie in sich auf, das von dieser Frau ausging. Sie paßte einfach nicht an einen Ort wie diesen, und das sagte er ihr auch. Ihr Lächeln wuchs in die Breite.
    »Hier leben Menschen«, sagte sie. »Und das allein rechtfertigt meine Anwesenheit.«
    »In Neucrupp werden Sie keinen Erfolg haben. Ich habe gerade einen jungen Mann kennengelernt. Und wenn seine geistige Haltung symptomatisch ist für die Kultur Tschitschiris …«
    »Einen Augenblick«, sagte Lirha Ankrum. Sie erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, trat an den tönernen Krug mit dem Pflanzenkeimling heran und strich mit den Fingerkuppen über die geschlossenen Blütenblätter. Die Kelche öffneten sich und verströmten ein sehr angenehmes Aroma. »Jetzt können wir sprechen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir werden hier natürlich überwacht. Oh, die staatlichen Lauscher des
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