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Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur
Autoren: Robert Quint
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Treiber. Sie können nicht in die Köpfe Ihrer Mitmenschen sehen und dort Kälte und Tod statt Wärme und Leben finden. Sie ahnen nichts von dem insektenhaften Wispern, in das sich die lebendigen Gedanken Ihrer Opfer verwandelt haben, von diesem spinnenhaften Lauern, das die Anteilnahme an der Welt ersetzt hat, diese steinerne Härte gegen sich selbst und gegen alles andere.
    Ich habe diese Dinge gesehen«, sagte Farrell, »und ich weiß, daß Sie diese Dinge vollbracht haben.«
    Große Worte, dachte ich finster, selbstgerechte Worte, oh ja. Ins Schwarze Loch mit dir, verdammter Treiber!
    Farrell betrachtete mich nachdenklich.
    »Sie haben noch etwas Zeit«, sagte er. »Sie können noch zur Besinnung kommen. Am Ende dieses Fluges erwartet Sie ein Angebot. Ein großzügiges Angebot, Zatyr.«
    »Was verlangen Sie von mir?« fragte ich scharf. »Wozu ein Angebot? Und was bekomme ich als Gegenleistung?«
    Aber schon schloß sich hinter ihm die Öffnung in der fleischigen Wand, und ich war wieder allein, allein mit mir und der Liste, den Namen. Ich holte die Folie aus meiner Tasche, faltete sie auseinander, starrte sie an. Und beim Überfliegen der Namen verschwammen die Buchstaben vor meinen Augen und verwandelten sich in die Sonden und Mikrolaser des Computerchirurgen und in die Leichenblässe der fremden Gesichter, in das Glas, zu dem das Licht ihrer Augen gefroren war.
     
    Bei Farrells nächstem Besuch erfuhr ich zum erstenmal von dem grauen Mann und seinem Tiefkühlgrab auf Coldgrave, vom Patrouillenflug der MARTIN LUTHER KING und von dem Computer in Ultima Thule, der elektrische Worte mit dem lameliierten Gehirn des toten Graugardisten wechselte.
    »Das Gehirn war noch gut erhalten«, erklärte Farrell. »Der Großteil der fünfzehn Milliarden Nervenzellen ist in der Kälte Coldgraves konserviert worden. Der Graue ist tot, aber seine Gedächtnismoleküle sind noch nicht zerfallen.«
    »Peptide«, nickte ich. Fast zwanghaft sprach ich weiter. »Über die Sinnesorgane gelangen Informationen in Form von kodierten elektrischen Schwingungen ins Gehirn. Angeregt durch die Wahrnehmungsimpulse falten sich im Kern der Nervenzellen DNS-Doppelspiralen auseinander. Sie entwickeln sich zu Matrizen, an denen sich spiegelbildliche Abdrücke der DNS aus Ribonukleinsäure bilden. Vom Zellkern wandern die RNS-Abdrücke zu einem der vielen hunderttausend Ribosomen, winzigen Knüpfmaschinen im Zellplasma. Transportstoffe schaffen Aminosäuremoleküle heran und ordnen sie auf den RNS-Streifen in kodierter Form. Beim Durchgang durch die Ribosomen werden die aufgereihten Aminosäuremoleküle zu langen Proteinmolekülen verknüpft. Die RNS-Matrizen zerfallen, und die informationstragenden Proteinketten – die Peptide – lagern sich in den Zellen ab. Durch Aktivierung der entsprechenden Zellen sind die jeweiligen Informationen – die Erinnerungen – jederzeit wieder abrufbar.«
    »Und genau das«, sagte Farrell, »hat der Computer von Ultima Thule getan. Er hat die zahllosen Schichten des lamellierten Gehirngewebes nacheinander aufgetaut und jeder einzelnen Zelle einen elektrischen Abtastimpuls übermittelt. Und er hat die proteinkodierten Informationen – die Erinnerungen – dechiffriert und in seinen Datenbänken gespeichert.«
    Ich runzelte die Stirn. »Die Informationen aller Peptide?«
    »Nein«, erwiderte Farrell. Er lehnte an der fleischigen Wand, griff in die Brusttasche seines Overalls und brachte einen Zigarillo zum Vorschein.
    Unwillkürlich fragte ich mich, welche Lebensumstände ihn zum Laster der Tabaksucht verführt hatten. Vielleicht ein Hang zur Exzentrik. Vielleicht die Last, die es bedeutete, Zugang zum Weltraum II zu haben und Lebensenergie gegen PSI-Kraft einzutauschen und so die Gedanken anderer Menschen zu lesen, Objekte allein mit dem gedanklichen Willen zu bewegen und die großen Raumschiffe durch den Weltraum II zu treiben. Ich wußte es nicht. Ich war weder Psychologe, noch PSI-Experte. Ich war Konditionierungsfachmann – Gehirnmechaniker. Ein Handwerker, nichts weiter.
    »Nein«, wiederholte der Treiber, nachdem er seinen Zigarillo angezündet hatte. Aus der Decke schob sich ein fingerdicker Schlauch und pendelte einen halben Meter über seinem Kopf hin und her. Der Zigarillorauch verschwand in der trichterförmigen Öffnung wie Küchendunst in einer Abzugshaube. »Nicht aller Peptide. Teilweise wurden die Neuronen beim Auftauprozeß beschädigt; die Proteinketten blieben nur bruchstückhaft erhalten oder
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