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Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch

Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch

Titel: Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch
Autoren: Erno Fischer
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nicht Herr seiner Sinne. Jemand oder etwas zwang ihn, Helena Koraitschowa alias Chan de Nouille auf die Arme zu nehmen und aus dem Raum zu tragen. Überall öffneten sich bereitwillig die Türen. Keine Menschenseele war zu sehen.
     
    *
     
    Hauptmann Gerna erreichte mit seiner ungewöhnlichen Last das Dach des Gebäudes. Es war seltsam still, als hätte eine überirdische Macht den Winden Einhalt geboten und die gesamte Umgebung mit einem undurchdringlichen Schutzmantel versehen.
    Hauptmann Gerna wußte von alledem nichts. Er stellte sich mitten auf das Dach und hob seine »Göttin« empor.
    Er wußte nicht, daß Helena Koraitschowa die Große Graue war, ja, er ahnte es nicht einmal. Er war nur froh, daß seine überraschende Versetzung auf die Erde ihn der geliebten Frau nähergebracht hatte.
    Gedanken, die jetzt tief in seinem Unterbewußtsein schlummerten – verdrängt von etwas, was wesentlich stärker war, was jedes Gefühl überwand.
    Von etwas, das keine menschliche Herkunft hatte!
    Gerna war stark genug, um den schlaffen Körper von Chan de Nouille über den Kopf stemmen zu können. Die langen, brandroten Haare der schönen Frau wehten auseinander, als würde ihr Körper unter Wasser schweben.
    Gerna ließ seine Arme sinken.
    Chan de Nouille schwebte tatsächlich! Erst hatte es den Anschein, als würde eine unsichtbare Kraft sie abtreiben, über die Kante des Daches hinaus. Doch dann begann sie zu steigen. Höher und höher flog der Körper von Chan de Nouille, ständig beschleunigend, um dann von einem Augenblick zum anderen zu verschwinden, als habe sie sich in Luft aufgelöst.
    Gleichzeitig wurde die Umgebung wieder normal. Auch Gerna erwachte aus seinem Trancezustand.
    Verständnislos blickte er sich um. Was suchte er hier oben auf dem Dachlandeplatz für Gleiter?
    Er schüttelte den Kopf. Der sanfte Wind umschmeichelte seine hohe, kräftige Gestalt und spielte mit den knapp schulterlangen Haaren.
    Er hob die Hände und kämmte die Haare mit den Fingern. Dabei bemerkte er die Restspannung in seinen Muskeln, als hätte er sich noch vor Sekunden angestrengt.
    Er kannte seinen Körper – dank seines Trainings. Die empfindlichen Nervenspindeln, eingebettet zwischen den Muskelfibrillen, meldeten ihm den Kontraktionszustand eines jeden Muskels. Aber sie meldeten auch jede Art von Erschöpfung – zuverlässig und kaum bestechlich.
    Er mußte etwas über eine relativ weite Strecke geschleppt haben. Dieses Etwas mußte schwer gewesen sein – so schwer wie ein Mensch!
    Erschrocken zuckte der Hauptmann der Grauen Garden zusammen.
    Man hatte die Grauen Treiber, die dank ihrer PSI-Begabung innerhalb der Garden einen Sonderstatus einnahmen, meist ohne Operation integriert – ganz nach ihren körperlichen und intellektuellen Fähigkeiten. Sie wurden sorgsam beobachtet, um ihre Loyalität zu sichern. Daß man auf die berüchtigte Gehirnoperation bei ihnen verzichtete, war keineswegs als gutes Zeichen zu werten. Sehr genau erinnerten die Grauen Treiber sich noch der Todeskommandos damals während der Oxyd-Katastrophe. Keiner der Gardentreiber war damals zurückgekehrt.
    »Herrgott, ich kann mich an nichts erinnern!« murmelte Gerna vor sich hin. Er suchte auf dem Dach herum, als müßte er dort Spuren finden.
    Es gab natürlich keine.
    Helena! durchzuckte es ihn. Ich muß zu ihr und ihr alles berichten!
    Hauptmann Gerna rannte zum Lift und ließ sich von der Kabine hinuntertragen. Sein ID-Muster war dem Hauscomputer bekannt. Er bekam keine Schwierigkeiten.
    Nur als er in den Raum mit dem runden Bett und dem Krokodiltümpel stürzen wollte, kam er nicht weiter.
    »Die Herrin ist nicht da!« schnarrte der Computer abweisend.
    »Nicht da? Aber ich habe doch vorhin noch …«
    »Sie dürfen nicht eintreten. Die Herrin hat es verfügt. Es ist zu gefährlich.«
    »Wegen dem Krokodil?« Er knirschte mit den Zähnen. Helena hatte einen alten Film gesehen, irgendeinen trivialen Kitsch von einer mondänen Frau, die sich mit Vorliebe Krokodile hielt, die ihr aufs Wort gehorchten – wie dressierte Hunde. Und nun wollte sie diesen Film nachspielen. Ihr ganzes Leben schien aus Schauspielerei zu bestehen, dachte Gerna.
    »Sie sagen es!« antwortete der Hauscomputer lapidar.
    »Ich habe die Nase voll von diesem exzentrischen Weibsbild!« fluchte der Treiber zornbebend. Ich bin Hauptmann der Grauen Garden oder etwa nicht? Soll ich mir denn von so einer hergelaufenen …? Er unterbrach seine Gedanken und lauschte in sich
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